6780827-1969_43_04.jpg
Digital In Arbeit

Jetzt mit geschärften Objektiven

19451960198020002020

Auf mehr als 300 Seiten Großformat, mit rund 200 Tabellen und vielen eindrucksvollen Graphiken, wiederholt der erste Hochschulbericht, den Unterrichtsminister Mock am Freitag der Öffentlichkeit übergab, vieles, was schon bekannt war, bestätigt manche Beobachtung, der noch die zahlenmäßige Untermauerung gefehlt hat und erklärt manche Erscheinung. Manches läßt er unausgesprochen zwischen den Zeilen durchschimmern. Anderes fehlt.

19451960198020002020

Auf mehr als 300 Seiten Großformat, mit rund 200 Tabellen und vielen eindrucksvollen Graphiken, wiederholt der erste Hochschulbericht, den Unterrichtsminister Mock am Freitag der Öffentlichkeit übergab, vieles, was schon bekannt war, bestätigt manche Beobachtung, der noch die zahlenmäßige Untermauerung gefehlt hat und erklärt manche Erscheinung. Manches läßt er unausgesprochen zwischen den Zeilen durchschimmern. Anderes fehlt.

Werbung
Werbung
Werbung

Daß die Studentenzahlen an Österreichs wissenschaftlichen Hochschulen nach dem Krieg hoch waren, dann in den frühen fünfziger Jahren auf einen Tiefpunkt sanken und seit einigen Jahren einen Stand um 50.000 herum halten, konnte jeder Interessent seit Jahren in den Hochschulstatistiken des Statistischen Zentralamtes lesen. Daß 1973 eine neue Welle zu erwarten ist und bis 1980 mit 80.000 Hörern gerechnet werden muß, stellte schon der OECD-Bericht vor drei Jahren fest. Auf die Diskrepanz zwischen dem steilen Anstieg der Hörerzahlen und dem langsameren Wachstum der Ansätze für die Lehrkörper hinzuweisen, gehörte jahrelang zum politischen Stehsatz. Aber auch auf die beeindruckenden Bemühungen, diese Diskrepanz auszugleichen, auf die Vermehrung der Lehrkanzeln von knapp 500 auf fast 900 in den letzten Jahren, ist oft genug verwiesen worden.

Für den Kenner der Materie ist jedoch die „Mikroaufnahme“ interessanter. Wenn etwa aus der Tabelle über die tatsächliche Studiendauer einzelner Studienrichtungen hervorgeht, daß nur 12 Prozent der Juristen, etwa ein Drittel der Staatswissenschaftler und 7 Prozent der „Welthändler“, aber praktisch kein Mediziner und kein Techniker in den beobachteten Zeiträumen in der Lage waren, in der vorgesehenen Mindestzeit abzuschließen, dann müssen bestimmte Fragen offen bleiben. Es waren eben zehn Semester für die Medizin, sechs für die Pharmazie, sieben bis neun Semester für die Techniker von Anfang an — oder seit längerem — zu knapp angesetzt, um realistisch sein zu können. Dem wurde in den neuen oder vorgesehenen Studienordnungen entsprochen. Eine Graphik, die die Sachaufwendungen pro Lehrkanzel auf zeigt, gibt den Kritikern gewisser Hochschulgründungen recht. Zwar stiegen von 1966 bis 1969 die Ansätze für Unterrichts- und Forschungserfordernisse, Maschinen und Einrichtungen von 123,4 auf 144,8 Millionen Schilling — aber gleichzeitig wurde auch die Zahl der Lehrkanzeln, die sich diese Summe zu teilen hatten, stark vergrößert. ' 1966 hatte der Sachaufwand pro Lehrkanzel gegenüber 1953 (= 100) einen Index von 1073 erreicht, fiel dann aber bis 1969 auf 939 und blieb damit unter jenem Stand, der bereits 1965 erreicht worden war. Seit 1967 waren die starken Vermehrungen der Professorenposten zur Auswirkung gekommen, woran die neuen Hochschulen wesentlich stärker beteiligt sein müßten als die alten. Der Sachaufwand konnte damit nicht Schritt halten. Die Schlußfolgerung muß daher sein, nun energisch nachzuziehen, wie es — wie man hört — im kommenden Budget bereits der Fall sein soll.

Graphiken mit eindrucksvollen Zickzacklinien sind übersichtlich, bedürfen aber des Kommentars. Durchschnittszahlen über 24 Jahre geben ein falsches Bild — etwa wenn festgestellt wird, daß 20 Prozent der seit Kriegsende berufenen Professoren aus dem Ausland kamen.

1962 überschritt die Zahl der aus dem Ausland berufenen Professoren erstmals die Zehnermarke, 1968 waren es 30, mehr als ein Drittel aller Berufenen. Viele davon junge oder schon arrivierte Österreicher, die sich „draußen“ die ersten wissenschaftlichen Lorbeeren erworben hatten und nun gern dem Ruf in die Heimat folgten. Unter ganz anderen Aspekten als die Vorgänger meist Rückkehrer von 1946. Auch das gehört festgestellt, um die Optik scharf genug einzustellen.

Eine Lehrkanzel blieb 14 Jahre lang unbesetzt, heißt es. „Im Durchschnitt“ dauerte es 572 Tage, mehr als eineinhalb Jahre, bis der Nachfolger antreten konnte. Aber Durchschnittswerte sind gefährlich, wenn sie zwischen null Tagen und 14 Jahren gezogen werden sollen. Vorhersehbare Fälle — bevorstehende Emeritierungen — und unvorsehbare Vakanzen durch den Tod des Inhabers lassen sich nicht auf einen Nenner bringen. Daß in zwei Dritteln aller voraussehbaren Fälle der erste Besetzungsvorschlag erst nach Freiwerden der Lehrkanzel eingebracht wurde, ist zweifellos ein Mißstand — aber bei einem Drittel lag er rechtzeitig vor, meist wenigstens ein halbes Jahr vorher.

Die Kommentare, die den Hochschulbericht als eine mutige, gründliche Arbeit anerkennen, haben recht. Das Vorliegen dieses Werks muß bewußt werden lassen, wie sehr es bisher gefehlt hat, wenn auch viele der Einzeldaten schon da oder dort niedergelegt waren. Wie der Minister klarstellte, muß der Bericht die Grundlagen für die weitere Planung geben, für Schwerpunktbildungen, für kurz- und langfristig notwendige Maßnahmen. Er ist ein Fundament, auf dem man weiterbauen kann.

Schnelle Hilfe für Tunis!

Nach dem Tod von 550 Menschen und der Vernichtung von Wohnstätten und ungeheurem Viehbestand brechen als Folge der Überschwemmung in Tunis gefährliche Seuchen aus. Im Zuge der internationalen Caritas-Hilfsaktdon hat die österreichische Caritas auf dem Luftwege eine Medikamentensendung im Werte von 100.000 Schilling der tunesischen Caritas zur Verfügung gestellt. Die österreichische Bevölkerung, die von solchen Katastrophen verschont bleibt, wird gebeten, Hilfe zu leisten und Spenden für Tunis bei den Caritasorga- nisationen zur Einzahlung zu bringen, in Wien (Erlagscheine in den SOS-Taschen aller Postämter vorhanden) auf das Postscheckkonto 70.000.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung