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Jüngste deutsche Geschichte

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DAS DRITTE REICH. Grundlagen und politische Entwicklung. Von Hans Buchheim. Kösel-Ver- lag, München. 94 Seiten.

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DAS DRITTE REICH. Grundlagen und politische Entwicklung. Von Hans Buchheim. Kösel-Ver- lag, München. 94 Seiten.

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Der Münchner Historiker Hans Buchheim ist bereits bei dem vorletzten deutschen Historikertag durch eine profunde Untersuchung über die Rolle der SS im Dritten Reich hervorgetreten. Die vorliegende kurzgefaßte Geschichte der Jahre 1933 bis 1945 erschien übrigens bezeichnenderweise zuerst in einem vom westdeutschen Bundesministerium für Verteidigung herausgegebenen Handbuch, welches als Grundlage für den staatsbürgerlichen Unterricht der Truppe diente und vorbildlich auch durch die freimütige, streng wissenschaftliche Erörterung der Probleme für Oesterreich gelten könnte.

Buchheims auf der Beherrschung des Stoffes beruhende Darstellung, die objektiv auch den neuesten Stand der Forschung berücksichtigt, umfaßt sowohl die außen- als auch die innenpolitische Entwicklung. Dabei werden alle Komponenten beachtet, wie etwa die eigentümliche Situation vor 193 3, welche durch eine besondere Republikmüdigkeit infolge wirtschaftlicher Krisen und innerer Auflösung der demokratischen Einrichtungen gekennzeichnet war. Sehr deutlich tritt das schrittweise Aushöhlen der staatlichen Einrichtungen, wie Justiz, Auswärtiges Amt u. a„ vor und nach dem Kriegsausbruch in Erscheinung, und hier hat Buchheim aus seiner ursprünglichen Untersuchung über die Stellung der Partei und der SS sowie über deren eigenrechtliche Wirkungssphäre der zeitgeschichtlichen Forschung neue und sehr interessante Aufschlüsse gegeben, die den Wert des vorliegenden Buches nur vermehren.

SPIONAGEGRUPPE „ROTE KAPELLE". Von W.

F. Flicke. (In freier Bearbeitung den Tatsachen nacherzählt.) Verlag Weisermühl, Wels-München. 418 Seiten. Preis 94 S.

Das vorliegende Werk ist eine romanhafte Nacherzählung der historischen Geschehnisse um die Aufdeckung der unter dem Arbeitsnamen „Rote Kapelle“ in den Jahren 1941 bis 1942 von der deutschen Funküberwachung gesuchten und auch gefundenen sowjetischen Spionagegruppe. Ihre Wirksamkeit zog sich über ganz Deutschland, Ho'land, Dänemark, Belgien und Frankreich und umfaßte 350 Funkstationen. Interessant ist an dem Werk vor allem die technische Seite der Aufspürung dieser Organisation,

wobei der Verfasser sehr viel Sachkundiges beisteuern kann, denn er selbst gehört zu den ältesten Fachleuten des deutschen Abwehrdienstes. Die militärische und politische Bedeutung der Gruppe lag vor allem darin, daß ferngesteuert eine Reihe von hohen Offizieren und Beamten des Reichsluftfahrtministeriums mitarbeitete, deren Aufdeckung naturgemäß für Göring eine besondere Peinlichkeit bedeutete. Für die Geschichte der bahnbrechenden österreichischen Funkabwehr im ersten Weltkrieg wäre ein ähnlich interessantes Buch längst fällig.

GUTACHTEN DES INSTITUTS FÜR ZEITGESCHICHTE. Im Selbstverlag des Instituts für Zeitgeschichte, München. 439 Seiten.

Das Institut für Zeitgeschichte in München hat in seiner Tätigkeit eine Reihe von Publikationen über Einzelthemen zur jüngsten deutschen Geschichte veröffentlicht und gibt vor allem durch die „Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte" immer wieder einen Einblick /in seine erfolgreiche Arbeit. Neben der historischen Forschung des Instituts wurden aber, bedingt durch die Besonderheit (ler Materie, auch historische Gutachten von den verschiedenen staatlichen Stellen verlangt, die zur Klärung des geschichtlichen Sachverhaltes bei Entscheidungen im Bereiche der Behörden und Gerichte notwendig waren. Aus den fast 150 Gutachten und Auskünften legt nun das Institut eine Auswahl vor, weil jede einzelne dieser Arbeiten nicht nur Materialsammlungen, sondern auch erstmalige Forschungsarbeiten darstellt. So bieten diese dem Juristen und dem Historiker eine wertvolle Bereicherung für die jüngste deutsche Geschichte. Aus der Fülle der einzelnen Arbeiten seien die Gutachten über die Verfolgung der katholischen Kirche in Deutschland, über das rumänisch-deutsche und ungarisch-deutsche Verhältnis, unter besonderer Berücksichtigung der Judenpolitik, ebenso hervorgehoben wie die Ausführungen über die Dienststellen und Organisationen des Dritten Reiches, wobei hier für die Oesterreich so berührende Frage Südtirol auf die Tätigkeit der Organisation des „Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums“ besonders zu verweisen ist. Das Kapitel „Die organisatorische Entwicklung der Ludendorff-Bewegung und ihr Verhältnis zum Nationalsozialismus“ ist mehr als ein Gutachten, es ist ein hochinteressanter Beitrag zur Zeitgeschichte, ebenso wie die Ausführungen über „Deutsche Grenzgebiete und Volksdeutsche Organisationen" zum größten Teil unbekanntes Material zutage fördern. Zur Klärung oft dem Fachhistoriker der Zeitgeschichte schwer zugänglicher Materien, wie der Stellung der Polizei, der paramilitärischen Organisationen und der Partei und ihrer Gliederungen im Dritten Reich, tragen drei Abschnitte dieses Werkes bei.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die im Sommer 1957 abgeschlossene Arbeit einen guten Einblick in die wissenschaftliche Arbeitsmethode der deutschen Zeitgeschichte durch das Institut in München darstellt und besondere Beachtung verdient.

HEINRICH HELD. Ein Leben für Bayern. Von Dr. Josef Held. Verlag „Zeit und Welt“, Regensburg. 99 Seiten.

Als Brüning, der letzte deutsche Reichskanzler, der die nationalsozialistische Flut einzudämmen suchte, knapp vor Erreichung seines Zieles durch die Intrigen Papens gestürzt worden war, hielten nur drei der führenden deutschen Politiker noch an der Hoffnung fest, in der föderativen Konstruktion der Weimarer Republik und gestützt auf die vermeint liche Verfassungstreue des Reichspräsidenten Hinden- burg einen Weg zu finden, um die braune Gefahr in letzter Stunde abzuwehren. Diese Männer waren der württembergische Staatspräsident Dr. Bolz, sein badensischer Amtskollege Schmitt und der bayrische Ministerpräsident Heinrich Held, wobei letzterem, als dem Regierungschef des größten süddeutschen Staates, die aktivste Rolle zufiel.' Es mag dahingestellt bleiben, ob sich die nationalsozialistische Machtergreifung in Bayern auch nur um wenige Tage hätte hinauszögern lassen, selbst wenn der greise Hindenburg noch imstande gewesen wäre, die Lage zu überblicken oder wenigstens guten Willens, seinem Versprechen gemäß eine Vergewaltigung der bayrischen Landesrechte nicht zuzulassen; er war ja praktisch bereits ein Gefangener der zivilen und militärischen Steigbügelhalter Hitlers. Das vermindert1 aber in keiner Weise das historische Verdienst, welches sich der damalige Ministerpräsident Bayerns mit seinem unentwegten Abwehrkampf gegen die Herrschaft des Hakenkreuzes erworben hat. Er sollte eine eingehendere Würdigung finden, als dies in der vorliegenden Lebensskizze möglich war.

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