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Kandidaten, Kandidaten...

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Es ist kein Geheimnis, daß der Favorit Tar-dirrtenrfer<^erzeitrge “Prtffltmttus 'fri; 'Paris, der eSÄFtardinalVaölS %firti IstTDal“ sich Marella am selben Tage in Rom befunden hat und vom Papst empfangen wurde, an dem Tardini an die Presse appellierte, ist allerdings nur ein zufälliges Zusammentreffen: Marella war Chruschtschow aus dem Wege gefahren. Während des Besuches des sowjetischen Ministerpräsidenten in Paris sollte kein Vertreter des Heiligen Stuhls und Doyen des diplomatischen Korps dort anwesend sein; zugleich war Johannes XXIII. an einer sofortigen Berichterstattung seines Nuntius interessiert. Paolo Marella ist ein außerordentlich erfahrener Berufsdiplomat, der fast niemals an der Kurie, dafür aber an verschiedenen Auslandsposten erfolgreich gewirkt hat, etwa in Japan während der Periode der schlimmsten Xenophobie, der er in selbstverantwortlicher Weise durch die Ernennung japanischer Bischöfe begegnete. Marella gehört mit Ottaviani und Tardini zum eigentlich „römischen“ Kreis unter den Kardinälen, und es heißt, daß ihre Ansichten nur so weit auseinandergingen als die der Bewohner der Stadtteile Trastevere, Borghi und Trati. Neben dem Trasteveriner Ottaviani, dem Kardinal des Heiligen Offiziums, und dem aus dem Borgo, also unmittelbar im Schatten der Kuppel von St. Peter geborenen Staatssekretär Tardini, spielt Marella freilich noch die Rolle des Benjamin. Tardini kennt ihn seit der Zeit, da er Präfekt im Seminario Romano und Marella sein Schüler war; seither hat er seine Laufbahn verfolgt und gefördert. Papst Roncalli kennt ihn hingegen nur ganz oberflächlich. Tardini sähe es auch gern, wenn der Chef der Verwaltungsabteilung des Staatssekretariats, der Erzbischof Dell'Acqua, als Nachfolger Marellas nach Paris ginge oder in eine der größten und bestorganisierten Diözesen Italiens, nach Turin. Der Vergleich mit der Versetzung des einstigen ProSekretärs im Staatssekretariat, Giovanni Battista Montini, als Erzbischof nach Mailand bietet sich an. Zwar ist Turin ohnehin besetzt durch den 84jährigen Kardinal F o s s a t i, doch dieser hochbetagte und ehrwürdige Kirchenfürst würde an die römische Kurie berufen werden.

Angelo Dell'Acqua war der engste und nächste Mitarbeiter Pius' XII. in dessen letzten Lebensjahren, und es ist natürlich, wenn sich die Blicke vieler jetzt auf ihn richten, besitzt er doch eine vollkommene Kenntnis vom Mechanismus der römischen Kurie. Seine Weltoffenheit, die Wärme seiner Persönlichkeit, das aufrichtig-einnehmende Wesen bewirken, daß niemand von ihm geht, ohne das Gefühl, zu haben% beschenkt worden zu'Veinv Ejne .Merkwürdigkeit:' Wenn' ihn die Journalisten um eine Auskunft bitten, antwortet er sogar selbst am Telephon. Daß manche in ihm den kommenden Staatssekretär erblicken wollen, hat aber noch einen anderen Grund; Johannes XXIII. hat nämlich oft gezeigt, daß er bei seinen Ernennungen möglichst wenig Veränderungen und Erschütterungen hervorzurufen wünscht und daher einem hierarchisch-bürokratischen Prinzip zuneigt, das heißt, den in der Laufbahn Nächsten bevorzugt. Neben Dell'Acqua werden noch die Brüder Gaetano und Amleto C i c o g n a n i genannt, vielleicht, weil sie keiner der „Parteien“ an der Kurie angehören und wegen ihres Abseitsstehens den Nimbus von etwas geheimnisvollen Persönlichkeiten erhalten haben. Der Chef der Politischen Sektion des Staatssekretariats, der Erzbischof S a m o r e, ist ein zuverlässiger, äußerst gewissenhafter und auf Gerechtigkeit bedachter Politiker und Diplomat; der gegenwärtige Sekretär der Kongregation der Propaganda Fide, Erzbischof Sigismondi, kommt wie Tardini aus dem Seminario Romano, er ist

Bergamasker wie der Papst und besitzt eine stark profilierte, zündende Persönlichkeit; der derzeitige Nuntius in Brasilien, Lombard i, wird als einer der intelligentesten und gebildetsten Vertreter des Heiligen Stuhls betrachtet, als ein Mann von Takt und ruhiger Festigkeit; er stammt aus Süditalien, aus Campobasso.

Unter diesen Namen, glaubt man in Rom, werde Johannes XXIII. seinen künftigen nächsten Mitarbeiter wählen. Es fehlt der Name Montinis. Die abbröckelnde Gefolgschaft des einstigen Prosekretärs hat ihn nicht zu lancieren verstanden; die anderen meinen, der Papst werde sich nach dem Rücktritt Tardinis nicht mit der Ernennung Montinis „so fest erklären“ wollen. Die Bestellung bloß eines Prosekretärs wird ebenfalls für wenig wahrscheinlich erachtet, weil der Papst bisher wenig Sympathien für ,.Pro“lösungen bekundet hat und klare Verhältnisse vorzieht.

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