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Katholische Aktion im Wandel der Zeit

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Im Jahre 1950 wurde der Verfasser dieser Zeilen zum hauptamtlichen Sekretär der Katholischen Aktion der Diözese Gurk berufen und ernannt. Als Strandgut einer zerschlagenen Armee hatte er fünf Jahre in Kärnten als Landarbeiter gelebt, die Verhältnisse des Landes in den ersten Nachkriagsjahren aufmerksam beobachtet, auch die große Sehnsucht nach einer besseren Welt miterlebt, wobei der Blick sehr stark auf die Mutter Kirche gerichtet war. Von ihr erwartete man neue Wege. Immer wieder waren .es heimkehrende Soldaten, die zum Pfarrer oder Bischof gingen, ihm Pläne von Erneuerungen, vom Neubau der Gesellschaft unterbreiteten. Es Sei hier nur an die „Neue Gesellschaft“ in Klagenfurt und ihre Vorträge zur Erneuerung der Gesellschaft, an P. Heinzel SJ und seine Mitarbeiter, an das große Heimkehrertreffen in Maria-Saal erinnert. Es war sehr viel Bereitschaft in Laienkreisen da. Dennoch konnte es geschehen, daß von guten Kennern der Lage innerhalb der Kirche gesagt wurde: „Aus der Katholischen Aktion wird nie etwas werden, weil sie seit den dreißiger Jahren politisch vorbelastet ist.“ Persönlichkeiten, welche die katholische Erneue-rungsbewegung in der Katholischen Aktion durchaus ernst nahmen, aber gaben den Rat: „Stellen Sie sich so ein, daß Sie die Früchte ihrer Arbeit vielleicht selbst nicht erleben werden.“

Der Begriff „actio c a t h o 1 i c a“ wurde von Papst Pius XL in dem Rundschreiben „U b i arcano“ vom 22. Dezember 1922 geprägt. Hiernach ist Katholische Aktion die Mitarbeit der Laien am hierarchischen Apostolat der Kirche. In der Diözese Gurk wurde 1923 der Name „actio c a t h o 1 i c a“ gleichgesetzt mit der Arbeit und Hauptaufgabe der Standesbünde. Dennoch war auch ein weiterer Schritt zur Verwirklichung der Katholischen Aktion im Sinne der Päpste getan worden. 1929 wurde ein bischöfliches Dekret erlassen, das der Errichtung von Pfarrausschüssen dienen sollte. Tatsächlich stellte man in der Synode 1933 fest, daß bis zum Jähre 1933 in 293 Pfarren Pfarrausschüsse nominell gebildet waren. Aber zugleich wird in der Synode vom Jahre 1933 als „Hauptmangel und -Schwierigkeit für die gedeihliche Arbeit in den Pfarrausschüssen festgestellt, daß den berufenen Organisatoren der Katholischen Aktion der Glaube an das göttliche Wesenselement im Leben und Wachstum des gottmenschlichen Organismus der Pfarre und des Pfarrausschusses fehlt... Darum finden sie auch nicht die starken, überwältigenden Motive, die sie unter allen Umständen zum Handeln nach der im Glauben gewonnenen Wesenser-kenntnis drängen.“ Auch wird die inhaltliche Beginiffsabstimmung der Katholischen Aktion in der Synode vom Jahre 1933, wie folgt, geboten: „Katholische Aktion ist Mitarbeiten, Mitschaffen mit der Schöpferkraft und Schöpferarbeit des allmächtigen Vaters auf dem soliden Fundament des Opferbringens in der Opfer- und Leidens-kraft des Sohnes. Beides aber muß aus dem einen Quellgrund kommen, aus der Liebe. Diese Drei-heit von Arbeit, Opfer und Liebe, von Aktion, Passion und Caritas, macht den vollen Sinn dessen aus, was wir im Begriff der .actio catholica' zusammenfassen wollen. Erst in dieser gläubigen Frfaesuno des katholischen Aktionseredanken von Seiten der berufenen Träger liegt das Geheimnis des Erfolges.“

Im Organisatorischen wird nun der Pfarrausschuß als erster Träger der „actio c a t h o-lica parochalis“ bezeichnet. Der Leiter eines solchen Pfarrausschusses blieb der Geistliche (Pfarrer). Neben dem Standesbundvertreter gehörten auch Vertreter der katholischen Arbeitervereine, der Vinzenzkonferenz, der Marianischen Kongregationen, des Ortsschulrates, des Katholischen Bildungsvereines und so weiter an.

Nach dem Jahre 193 8 wurden diese Vereine von Staats wegen aufgelöst. Die Zeit der nationalsozialistischen Machtausübung trieb den aktiven Teil des Katholizismus in die Sakristei, ins Pfarrhaus, ins Getto. Er wurde auch da noch verfolgt, und mancher besiegelte sein Bekenntnis zur Kirche mit dem Tode im Konzentrationslager.

Nach 1945 hatte die Kirche vor allem für die Linderung der krassen leiblichen Nöte zu sorgen gehabt. Dennoch regten sich die Kräfte bereits im Jahre 1947 für eine Neubildung der Katholischen Aktion, und zwar nach neuen Gesichtspunkten. Diese lagen vor allem in der Richtung einer echten geistigen, religiösen Erneuerungsbewegung, wobei das Schwergewicht auf Bewegung lag. So entstanden die Katholische Männerbewegung und die Katholische Jugend. Letztere schuf ihr ,,Aufbau-und Wollen“, und die Katholische Männerbewegung ihr Aktionsprogramm. Auch die Katholische. Frauenbewegung entstand bald. Das grundsätzlich Neue dabei war, daß der Laie als mündiger Christ in der Kirche ernst genommen sein wollte. Er beanspruchte die Führung in der Bewegung. Der Geistliche wurde zum Assistenten, wenn auch kein Beschluß wirksam werden konnte, falls der Geistliche Assistent dagegen sein Veto erhob oder ihn nicht billigte.

Das Ergebnis dieser Entwicklung seit 1945 wird in der Diözesansynode des Jahres 195 8 — Synoden sind immer eine' Art Gewissenserforschung und Rechenschaft und geben ein untrügliches Quellenmaterial — festgehalten.

Im Jahre 1951 erlangte das Diözesanstatut der Katholischen Aktion der Diözese Gurk Rechtswirksamkeit. In dem Vorwort zum Statut schreibt

Bischof Dr. Josef Köstner : „Das Laienapostolat ist eine so dringende Forderung, besonders unserer Zeit, und der Auftrag des Heiligen Vaters ist so beistimmt, daß wir alles versuchen müssen, um Laienapostel heranzuziehen und heranzubilden.“

In dem Rerikrat über „Laienapostolat und Katholische Aktion“ wurde zur Frage der Katholischen Aktion folgendes gesagt: „Nicht mehr Organisation als für die Bewältigung der Aufgaben des Apostolates notwendig erscheint, aber auch nicht weniger. Nicht mehr, weil gerade in diesem Bereich ein Zuviel nur Verwirrung stiften würde und damit die Arbeit erschwert wäre, aber auch nicht zuwenig, weil ein ein-, heitliches Vorgehen und ein klares Ziel in der Arbeit nicht 7 umgehen sind und diese Einheit! nur in einer Organisation gegeben erscheint.“

Zur Katholischen Aktion im engeren Sinne gehören: Die Katholische Männerbewegung (KMB), die Katholische Arbeiterbewegung (KAB), die Katholische Frauenbewegung (KFB), die Katholische Jugend (KJ) mit ihren Ausglie-derungen Katholische Arbeiterjugend Burschen, Kanholische Arbeiterjugend Mädchen, Katholische Landjugend Burschen, Katholische Landjugend Mädchen, Katholische Mittelschuljugend Burschen, Katholische Mittelschuljugend Mädchen, Katholische Jungschar Buben, Katholische Jungschar Mädel, Diözesane Sportgemeinschaft, das Katholische Bildungswerk, das Katholische Filmreferat, das Katholische Pressereferat, das Katholische Familienwerk. Auf slowenischer Seite sind diese Organisationsformen nach den gegebenen Möglichkeiten auch vorhanden. Die autonome Arbeitsweise läßt ihnen die besten Entfaltungsmöglichkeiten. Die kulturelle Autonomie für die slowenische Volksgruppe ist hier verwirklicht. Die Zusammenarbeit und Koordination mit der Katholischen Aktion ist durch die diözesanen Gremien gesichert, in denen die slowenischen Vertreter gleichberechtigt sind.

Die Frage der organisierten und erfaßten Mitgliedschaft in der Katholischen Aktion war lange Zeit eine heiß umstrittene. Selbst im diözesanen Bereich spiegelt die Diözesansynode vom Jahr 1958 in den vorzitierten Stellen die noch immer schwankende Haltung in der Frage der Organisation wider. Liegt doch jeder noch so gut gemeinten und straffen Organisation das Gesetz der Erstarrung zugrunde. Erst vor wenigen Jahren haben die Verfechter einer straffen Organisation in der Katholischen Aktion durch Mitgliedschaft und damit verbundene Aktionsopfer (in Geld) das entscheidende Übergewicht gewonnen.

i Neue Arbeitsweisen lassen die Katholische Aktion zum Motor einer christlichen Lebensgestaltung und -formung werden. Die Katholische Aktion arbeitet über die Aktivistenkreise, Helferkreise, Männerrunden, Frauenrunden in Werken, Referaten und schließlich über angeschlossene Verbände in diözesanen Arbeitsgemeinschaften und Einsatzstäben der KMB, KFB und KWB. Sehr gut ausgebildet wurde der Behelfs- und Pressesektor. An Zeitungen und Zeitschriften werden für die Information, Schulung und Bildung verwendet: „Der Junge Arbeiter“ (KAJ), „Die Wende“ (KLJ), „Die Begegnung“ (KMB), „Der neue Arbeiter“ (KAB), „Ehe und Familie“ (KFW), „Vorwärts“ (KAJ), „Ste-phamis“ (KJ), „Blinkfeuer“ (KMJ), „Unser Leben“ (KAJ/'M), „Schöne Welt“ (KLJ/M), „Pfeil“ (KJS), „Der nächste Schritt“, „Licht des Lebens“ (KFB), „Führungsblatt“ (KFB), „Familie heute und morgen“ (KFW) usw.

*Im Rückblick auf die Stellung der Kirche in Kärnten vor 50 Jahren darf man sagen, daß sich insbesondere nach 1945 die Einstellung der breiten Öffentlichkeit zur Kirche wesentlich gewandelt hat. Dem offenen Bekenntnis zur Kirche haftet nicht der Spott oder eine gewisse Diskreditierung der Wertigkeit einer Person an. Der gläubige Katholik wird auch im öffentlichen Leben als gleicher Partner gewertet. Sicher ist diese Einstellung der öffentlichen Meinung nicht nur der Katholischen Aktion zu verdanken. Dennoch haben die großen Bekenntnistage der Katholischen Jugend, der Marianische Kongreß vom Jahre 1954, die Diözesantage der KA und ihrer Gliederungen und Werke, wesentlich mitgeholfen, öffentliche Meinung zu bilden. Mehr als um die öffentliche Meinung geht es der Katholischen Aktion um die Verinnerlichung und Verchristlichunig der einzelnen, wie ganzer Milieus und Gruppen. Pfarr- und Dekanatstage der Männerbewegung, der Frauenbewegung, der Jugend mit klarer Thematik und Zielrichtung haben dazu ebenso beigetragen wie die Exerzitien. Einkehrtage, Besinnungstage und -wochen, Werkwochen und Erholungswochen.

Großen Beitrag in der Vorfeldarbeit leistete das Katholische Bildungswerk, das allein im Monat März dieses Jahres mehr als 110 Vorträge im Lande veranstaltete. Die Arbeit, die durch das Katholische Bildunigswerk geleistet wird, wäre wert, in einem besonderen Artikel behandelt zu werden, weil Erwachsenenbildung heute zum wesentlichen Bestandteil der Volksbildung gehört. Heute ist die Katholische Bil-dungswerktarbeit einer der stärksten Faktoren der Gesamterwachsenenbildung des Landes. Das Katholische Familienwerk hat in Zusammenarbeit mit dem Katholischen Bildungswerk sich der Eheschulen und Elternschulen besonders abgenommen. Durch die Grüllitag.ejner Vorschule für hauswirtschaftliche Berufe'hat sich die Katholische Frauenbewegung in den Bildungsprozeß miteingeschaltet. Familienhilfe wird durch Familienhelferinnen und in nächster Zeit auch durch Dorfhelferinnen geleistet werden.

Wie groß der Gesinnungswandel ist, lassen die in den vergangenen Jahren durchgeführten Missionssammlungen und Sammlungen für die Entwicklungsländer erkennen. Die ständig steigenden Ergebnisse sind nicht nur Zeichen steigenden Wohlstandes., sondern auch größerer Opfergesinnung. Die Zahlen hierfür können aus Zeitungsberichten entnommen werden. Sie überstiegen im vergangenen Jahr für Kärnten eine Million Schilling. Das Filmreferat hat im ganzen Lande Kärnten zur Beachtung der Filmlcriti'ken der Katholischen Filmkommission beigetragen. In fast allen Orten mit einem Standortkino gibt es Pfarrfilmreferenten.

So bleibt die Katholische Aktion der Diözese Gurk ständig auf den Spuren der Zeit und ist bemüht, die ihr gestellte Aufgabe zur Durchdringung des Lebensbereiches mit christlichem Geist zu erfüllen.

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