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Kirchenpolitische Frühjahrsoffensive in der CSR

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„Der tschechische Klerus hat schon ein positives Verhältnis zum Staat gefunden, der slowakische Klerus, einst die Stütze des Separatismus, nimmt aber bisher einen negativen Standpunkt zur neuen Tschechoslowakei ein. Die Hauptschuld fällt auf die slowakischen Bischöfe.“ Diese Worte Klement Gottwalds, der damals Ministerpräsident der Tschechoslowakei war, wurden noch vor dem Ausbruch der offenen Feindseligkeiten des Staates gegen die Kirche gesprochen und treffen heute in vieler Hinsicht nicht mehr zu. Aktuell geblieben ist das Streben des Staates, einen Keil zwischen den niederen Klerus und die Bischöfe zu treiben und die slowakischen Katholiken besonders stark anzufassen. Der Ausspruch Gottwalds bestätigt aber auch deutlich, daß die slowakischen Katholiken bereits vor den Ereignissen des Februar 1948 mit aller Klarheit die kommende Entwicklung vorausgesehen haben und von vornherein einen kompromißlosen Kampf aufgenommen haben.

Auch in Rom sah man selbstverständlich die besonders gefährdete Lage der Kirche in der Slowakei, die durch die Vernichtung der griechisch-katholischen Kirche in Galizien, der Karpaten-Ukraine und Rumänien nunmehr auf vorgeschobenem Posten steht. Vor allem wurde die Hierarchie gestärkt, um Schwierigkeiten zu begegnen, die durch die Nichtanerkennung des Modus vivendi von Seiten der Prager Regierung und durch das neue Kirchengesetz zu erwarten waren. Am 14. August des Vorjahres wurden der Kapitelvikär von Rosenau, Msgr. Robert Pobozny, und der Apostolische Administrator von Tyrnau, Doktor Ambros Lazik, zu Bischöfen geweiht, und etwa zu gleicher Zeit, da die Prager Erzdiözese zwei neue Weihbischöfe, Tomasek und Matousek, erhielt und der Apostolische Administrator des tschechoslowakischen Anteils an der Breslauer Erzdiözese in Teschen, Frantisek Onderek, zum Bischof geweiht wurde, erhielt der greise Bischof der Zips, Jan Vojtassak, in der Person von Msgr. Stefan Barnas einen Koadjutor.

Als im Dezember 1948 Erzbischof Kmefko von Neutra, der erste und bisher einzige Erzbischof der Slowakei, gestorben war, konnte durch die Bestellung des Weihbischofs Eduard Necsey die Kontinuität in der Regierung des Bistums gewahrt werden.

Am 8. Jänner 1950 verwaiste die Diözese Neusohl durch den Tod des Bischofs Andrej Skrabik, dessen Abberufung die Prager Regierung ebenso wie die der slowakischen Bischöfe Vojtassak, Buzalka und Necsey schon 1945 gewünscht hatte. Das Domkapitel wählte am 13. Jänner Dr. Bridon zum Kapitelvikar, das Amt für kirchliche Angelegenheiten in Preßbura erklärte jedoch diese Art der Stellenbesetzung als mit dem neuen tschechoslowakischen Kirchengesetz im Widerspruch stehend und ernannte Pfarrer Jan Dechet zum Verwalter der Diözese, den es auch in seine Funktion einführte. Die erste Tat des neuen „Administrators“ war der Empfang einer Delegation von Arbeitern der Jan-Sverma-Eisenwerke sowie der Kirchenreferenten der Bezirksnationalausschüsse. Der Heilige Stuhl hat unmittelbar nach der Bekanntwerdung der Ernennung die Exkommunikation Pfarrer Dechets ausgesprochen.

Es ist für die Taktik der Prager Regierung bezeichnend, daß sie den Kampf gegen die Kirche immer an . mehreren Fronten gleichzeitig und mit verschiedenen Mitteln führt: Zur gleichen Zeit, da in Neusohl versucht wird, Verwirrung in die kirchliche Administration des verwaisten katholischen Bistums zu bringen, inszeniert man die 30-Jahr-Feier der „Tschechoslowakischen Kirche“, an der neben Kirchenminister Cepicka als weiteres Regierungsmitglied Minister Slechta und zahlreiche andere hohe staatliche Funktionäre teilnehmen und bei der sich der Patriarch, Bischof Dr. Kovif, in überschwenglichen Worten für die Kirchengesetze bedankt, die „Religionsfreiheit und Gleichstellung der Kirchen garantieren“. Gleichzeitig hält die tschechische evahgelische Brüderkirche ihren X. Kongreß ab, wobei der neugewählte Synodial-senior Dr. Hijek die Glückwünsche des Kirchenministers entgegennehmen konnte und seine eifrige Mitarbeit „an der schöpferischen Leistung des tschechoslowakischen Volkes zum Aufbau einer neuen sozialistischen Gesellschaft“ gelobte.

Mit größtem Gepränge aber erfolgte der Empfang einer vierköpfigen Delegation der russischen orthodoxen Kirche, die unter Führung des Metropoliten Nikolaj während der ersten Februarhälfte im Gebiet der Tschechoslowakei weilte. Anlaß ihres Besuches war die Errichtung zweier orthodoxer Eparchien in Olmütz und Presov und die Weihe zweier orthodoxer Bischöfe.

Die Frühjahrsoffensive gegen die katholische Kirche der Tschechoslowakei hat begonnen. Klerus und Gläubige werden im Heiligen Jahr noch manchen Sturm über sich ergehen lassen müssen.

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