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Kontaktsucher unterwegs

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Bonns eifrigster Fahnenträger der Annäherung an Polen und an die Sowjetunion ist Außenminister Walter Scheel, wie dies während seiner Düsseldorfer Pressekonferenz in der ersten Novemberwoche klar zum Ausdrude kam. Der Bonner Verantwortliche für Außenpolitik will „sehr bald“ die Initiative ergreifen und nicht auf ein Tauwetter aus Sowjeteuropa geduldig warten.

Für die erste kalte Dusche sorgte RySzard Wojna in der „Zycie Wars- zawy“, von 13. November, als er schrieb, daß westdeutsche Quellen Jedrychowskis Interview für. die Erste Television ln Westdeutschland entweder „mißverstanden“ oder „bewußt verdreht“ haben. Und noch mehr, er sprach von „Irreführung der Öffentlichkeit" in Westdeutschland. Als ob Bonns Politiker nicht wüßten, daß der Ausgangspunkt jeglicher polnischen Initiative von Gomulka am 17. Mai 1969 klar ausgedrückt wurde: „Anerkennung der Oder-Neisse-Grenze seitens der Bundesrepublik!“

Obwohl Wojna kein Ahlers der polnischen Regierung ist, ist er dennoch ein Sprachrohr der Warschauer Regierung. Er weiß genau, was, wann und wo er reden darf.

Bensberger Kreis und KNA

In den vergangenen Wochen waren zahlreiche Kontaktsucher unterwegs. Auf Einladung des Bensberger Kreises kam Anfang Oktober 1969 Stanislaw Stomma, der als Führer der katholischen Znak-Parlamentarier- gruppe bekannt ist, nach Bonn und hielt einen Vortrag in der deutschen Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit, unter dem Titel: „Deutschland, von Polen gesehen." Stomma hatte Gelegenheit, mit Helmut Schmidt, Hans Katzer und Ernst Majonica zu konferieren. Er besuchte Münster und Hamburg. Die Visite wurde prolongiert, damit Stomma einem Treffen der 130 Mitglieder des Bensberger Kreises teilnehmen könne.

Drei namhafte polnische Pax-Jour- nalisten trafen am 1. November in Berlin ein, um in der Bundesrepublik rwei Wochen zu verbringen. Sie verbrachten zwei volle Tage in West-

berlin. Die Einladung wurde von der katholischen Nachrichtenagentur KNA ausgesandt, um sich für die polnische Einladung an den Chef des KNA-Büros in Westberlin, Dr. Ernst- Alfred Jauch, zi revanchieren. Die polnischen Gäste waren: Jan Wagner, Stellvertretender Chefredakteur der Pax-Tageszeitung „Slowo Pows- zechne“; Zbigniew Lesiewski, Außenpolitischer Redakteur der Pax- Wochenrevue „Kierunki“, und Wi- told Jankowski, Chefredakteur der „Slowo Powszechne“.

Polnische ZBoWiD-Veteranen verbrachten fünf Tage in der ersten Woche von November in der Bundesrepublik. Die Delegation bestand aus folgenden prominenten alten Kämpfern: Henryk Matysiak, Assistent- Generalsekretär der ZBoWiD-Orga- nisation; Professor Ludwik Rajew- ski, Vorsitzender der Jugendkommission besagter Organisation; Thomas Sobanski, Redakteur der ZBoWiD- Zeitung, und Edward Stras, Leiter der Organisation in Breslau. Sie waren Gäste des „Landesjugendring“ von Baden-Württemberg. Es wurde vereinbart, daß im April 1970 25 junge Westdeutsche Polen be-

suchen werden, um das Seminar: „Wir dürfen nicht vergessen“ zu hören. Die Deutschen werden Breslau und auch Auschwitz besichtigen. Als Erwiderung werden zwei polnische Jugendgruppen im Mai und August 1970 nach Baden-Württemberg kommen. Vor der Abreise gab die ZBoWiD-Delegation eine Erklärung ab, wonach Polen gute Beziehungen zu den jungen Menschen in Westdeutschland wünsche.

Rühriger Bischof

In der letzten Woche von Oktober 1969 verbrachten 19 westdeutsche Jungprotestanten unter der Leitung des Westberliner protestantischen Bischofs, Dr. Kurt Scharf, fünf Tage in Warschau, Krakau und Auschwitz. Nachdem Pankow für die Gruppe der jungen Kontaktsucher die Visa verweigert hatte, mußten die jungen Publicrelations-men aus Polen über Frankfurt am Main nach Westberlin zurückfliegen. In seinem TV-Inter- view betonte auch der kontaktfreudige Bischof, daß die Polen konkrete „Zeichen der Versöhnung“ wünschen. Laut Scharf erwarten die Polen keine „übertriebenen Änderungen“ vom Bonner Regierungswechsel. Ein amderesmal wies Bischof Scharf darauf hin, daß er vor polnischen Kirchenwürdenträgem und anderen Repräsentanten in Erinnerung gerufen habe, es sei bereits im Jahre 1965 im „Vertriebenen-Memoran- dum“ der deutschen evangelischen Kirche die Notwendigkeit der polnisch-deutschen Versöhnung und der Anerkennung der Oder-Neisse- Grenze betont worden ...

Prof. Carlo Schmid, Vizepräsident des Bundestages, traf am 19. November in Krakau ein, um an der Feier des 500. Geburtstages von Ni- colo Macchiavelli beizuwohnen.

Der Internationale Kongreß der Kriegsversehrten in der zweiten Hälfte des Novembers bot drei Bundestagsabgeordneten: Josef Mick — CDU, Willy Bartsch — SPD und Hansheinrich Schmidt, Gelegenheit, als Kontaktpilger nach Warschau zu gehen. Ihnen lag das Problem der Entschädigung der polnischen Naziopfer besonders am Herzen.

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