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Leistungen der Caritas

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Die Gründung des Salzburger Caritasverbandes, welcher über Anregung des damaligen Fürsterzbischofs Dr. Ignatius Rieder am Dezember 1919 ins Leben gerufen wurde, erfolgte in den schweren Jahren nach dem ersten Weltkrieg. Ihr kam im Hinblick auf die ungeheure Not und das Elend, welches der Krieg hinterlassen hatte, besondere Bedeutung zu, galt es doch, der vielen Notstände mit vereinten Kräften Herr zu werden, zumindest aber sie zu lindem. Es würde zu weit führen, hier alle Hilfsmaßnahmen aufzuzählen, die damals getroffen wurden.

Der totale zweite Weltkrieg endete wieder mit einem ebenso totalen Zusammenbruch und hinterließ ein Trümmerfeld ohnegleichen. Auch die in der NS-Ära lahmgelegte Caritasorganisation, die während des Krieges nur in aller Stille arbeiten konnte, mußte erst wiederaufgebaut werden.

Die ersten Nachkriegsjahre waren hauptsächlich mit den Bemühungen erfüllt, die krasse Not der Hungernden, der Heimatlosen, der Verschleppten und der zahllosen Flüchtlinge zu lindern, welche Lebensmittel, Medikamente, Kleidung und Notquartiere brauchten, Es waren primitivste Existenzfragen, welche es in dieser Zeit zu lösen galt.

Groß war vor allem die Not der Kinder. Der Caritas gelang es damals, freundschaftliche Beziehungen zum Ausland anzuknüpfen und die Annäherung der durch den Krieg entzweiten Völker durch Kindertransporte in verschiedene Länder zu fördern. Die Schweiz, Portugal, Spanien, Belgien und Holland erklärten sich bereit, heimatvertriebenen, aber auch österreichischen Kindern einen längeren Erholungsaufenthalt zu bieten. Diese Kinder waren gleichsam völkerverbindende Friedensapostel. Bis zum heutigen Tag haben sich die damals geknüpften Verbindungen mit den Gastländern erhalten. Auch in der Heimat wurden nunmehr alljährlich Kinder- erhokmgsaktionen organisiert, die bis heute einen festen Bestandteil der Caritasarbeit bil- Die Caritas mußte nach dem Umbruch auch danach trachten, die früheren Kinderheim- stätten und Kindergärten, welche der Enteignung zum Opfer gefallen waren, wieder zurückzuerlangen. Seit dieser Zeit besteht ein eigenes Kimdengarten-referat der Caritas. Die stets auch von der Caritas unterstützten Bestrebungen, die Lage der kirchlichen Kindergärten durch eine gesetzliche Regelung zu verbessern, haben endlich zum Erfolg geführt: ein neues Landeskindergartengesetz wird am 1. Jänner 1969 in Kraft treten.

In die Nachkriegsjahre fällt auch die Gründung der „Vorschule für Familie und Beruf“ durch Frau Dr. Anna Spitzl, einer Einrichtung, die der schulentlassenen, damals aber arbeitslosen weiblichen Jugend in ihren Schwierigkeiten helfen sollte. Die Schule hat sich außerordentlich bewährt, hat das öffentlichkeitsrecht erhalten und bietet heute jährlich bis zu 80 Mädchen die Möglichkeit, das neunte Pflichtschuljahr mit einer gediegenen, auf das praktische Leben ausgerichteten Ausbildung zu absolvieren.

In dieser Zeit wurde auch die nur als Provisorium bestehende Caritasherberge neu errichtet, die noch heute in Verbindung mit der Dienststelle der katholischen Babnhofsmission als Betreuungszentrum für Obdachsuchende ihre Aufgabe zu erfüllen hat.

Als Caritaszentrum wurde damals auch der Bau des Caritasheimes „St. Elisabeth“ ln Angriff genommen und in einigen Etappen bis zum Jahre 1956 vollendet, großzügig unterstützt von ausländischen, besonders amerikanischen Hilfsorganisationen. So stand der Salzburger Caritas erstmals ein eigenes Haus zur Verfügung, welches den verschiedensten fürsorgerischen Zwecken diente, nunmehr vor allem als Mädchemwohnlheim geführt wird.

Um zur Lösung des gewaltigen Problems der Flüchtlingsbetreuung beizutragen, wurden eigene Betreuungsstellen für die einzelnen nationalen Flüchtlingsgruppen errichtet, desgleichen ein eigener Arbeitskreis für Flüchtlingsfragen ins Leben gerufen, wo die gesamte Fiüchtlingsarbeit überlegt, koordiniert und Zuteilungen durchgieführt wurden. Unschätzbare Hilfe bedeuteten damals die amerikanischen Hilfsgüter, deren Verteilung der Caritas Oblag.

Kriegsereignisse und Flüchtlingsstrom hatten einen ungeahnten Bedarf nach Wohnungen entstehen lassen. Auch auf diesem Sektor konnte die Caritas nicht untätig bleiben. Mit ausländischer Hälfe gelang es 1951, die ersten Siedlungen für Heimatvertriebene in Eisbethen und Gneis zu errichten. Die dafür später errichtete gemeinnützige Siedlungsgesellschaft „Heimat Österreich“ arbeitet heute noch als selbständiges, gemeinnütziges Unternehmen mit reger Bautätigkeit in verschiedenen Bundesländern.

Durch großzügige Mittelbereitstellung der „Schweizer Auslandshilfe“ konnte die Caritas auch konstruktive Aufbauhilfe durch Gewährung von Kleinkrediten an Heimatvertriebene zur Existenzgründung leisten.

Grundlegende Hilfe, wenn nicht überhaupt Voraussetzung für die immer umfassendere Tätigkeit der Diözesanoaritas war es, daß ihr durch die Beschlüsse der Diözesansynode 1948 eine „Magna Charta“ gegeben wurde, welche in Artikel VI der Synodalbestimmungen: „Verwirklichung des Liebesgebotes“ in knappen, klaren Sätzen ihre Aufgaben und deren Erfüllung aufzeigt und die Mittelbeschaffung regelt. Auf diesen Bestimmungen fußend und weiterbauend, erhebt auch die Diözesansynode 1968 den Caritasauftrag Christi zum Mittelpunkt christlicher Lebensführung.

Bereits acht Jahre später rief die Niederschlagung des Ungarnaufstandes im Jahre 1956 und der erneut einsetzende Flüchtlingsstrom die Caritas auf den Plan. Neben umfangreicher menschlicher, materieller und finanzieller Hilfe stellte die Salzburger Caritas ein im Jahre 1955 erworbenes Erholungsheim in St. Gilgen für die Betreuung rekonvaleszenter Ungarnflüehtlinge -im Rahmen eines USEP-Programms zur Verfügung. Diese Hilfsaktion wurde fünf Jahre hindurch fortgesetzt.

Ebenso wurden andere Hilfspröjekte des Flüchthngshochkomimdssärs von der Caritas übernommen und durchgeführf, wie etwa die Vergabe von Stipendien an Mittelschüler, die Betreuung von Strafgefangenen oder von alten und kranken Flüchtlingen, welche für eine Auswanderung nicht mehr in Frage kamen und in Österreich seßhaft gemacht werden mußten.

Die Beratung auswanderungsinteressierter Österreicher ist ebenfalls seit 1954 ein Tätig-keitsgetoiet der Caritas in Verbindung mit der ICMC.

Das bedeutendste Werk des Salzburger Caritasverbandes aber ist das Kdnderdorf Sankt Anton für körperlich und geistig behinderte Kinder in Bruck an der Glocknerstxaße. Aus bescheidenen Anfängen, die bis 1921 zurück- reichen, entstand dort zunächst eine Hilfsschule mit Internat. Aber erst nach dem zweiten Weltkrieg konnte darangegangen werden, diese Anstalt zu einem modernen Kinderdorf auiszubauen. 1957 wurde mit diesem Werk begonnen. Bis zum heutigen Tage sind drei neue Wohnheime für 120 Kinder, ein neues Schulgebäude mit Turnsaal für die inzwischen eröffnete Sonderschule und eine Gärtnerei errichtet worden. 120 Kindern bedeutet dieses Kinderdorf nun schon seit vielen Jahren Heimat, Geborgenheit und wichtige Lebenshilfe.

An gesamtösterreichdschen Hilfsaktionen, die bei Naturkatastrophen, Hungersnöten und Kriegsereignissen organisiert werden, beteiligt sich die Salzburger Caritas nach besten Kräften, desgleichen an Projekten der Entwicklungshilfe, welche der österreichischen Caritas zur Unterstützung vorgelegt werden. Die Hilfen, die einzelnen Bittstellern gewährt werden, welche sich in vielerlei Nöten und Bedrängnissen tagtäglich an die Diözesan- caritas wenden, können hier nur angedeutet werden. Besonders erwähnt sei aber die Einrichtung der Familienhilfe, dieser bewährten Nothelferin in allen ausweglosen Situationen, in welche Familien geraten können, sobald die Mutter fehlt. Hingewiesen sei auch auf den von der Caritas ins Leben gerufenen „Freiwilligen Sonntagsdienst“ junger Mädchen in den Spitälern zur Entlastung der Schwestern, ferner auf die Mitwirkung bei der Betreuung der Gastarbeiter und Pendler sowie auf die bei der Caritas eingerichtete Dienststelle „Rettet das Leben“ zum Schutze der Ungeborenen.

Darüber hinaus hat die Caritas aber noch so manches Anliegen, so manchen Wunsch, der bisher noch nicht erfüllt werden konnte:

Das Kinderdorf St. Anton harrt immer noch der Vollendung. Derzeit werden dort zwei Wohnheime für die weltlichen Lehrkräfte der Sonderschule errichtet. Dringend würde zur Ergänzung und zur Vorbereitung der Kinder auf die Sonderschule ein Sonderkindergarten benötigt.

Die Vorschule für Familie und Beruf leidet schon seit langem unter Raumnot, so daß immer wieder Mädchen, die um Aufnahme ersuchen, abgewiesen werden müssen. Hier könnte nur ein Neubau Abhilfe schaffen, der nicht nur Schulräume, sondern auch ein Internat enthalten müßte.

Erforderlich wären Einrichtungdfl’TOr die Alienbetreuung: ein Altersheim, eine Wärmestube, ferner ein Heim für obdachlose Jugendliche.

Die Diözesansynode 1968 stellt den karitativen Dienst als Grundforderung persönlichen Christentums, aber auch einer christlichen Gemeinde stark in den Vordergrund. So ist zu hoffen, daß sie auch diesem Sektor christlichen Lebens neuen Auftrieb, neues Besinnen und Beginnen bringen möge, damit die zahlreichen karitativen Aufgaben gesehen werden und mit neuem Mut und Verantwortungsbewußtsein an ihre Erfüllung her- angegangen wird.

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