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LEVI ESCHKOL / AUF MOSES FOLGT AARON

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Mit dem Amtsantritt des früheren Finanzministers Levi Eschkol als Ministerpräsident und Sicherheitsminister in dem neu gebildeten Kabinett Israels beginnt eine neue Epoche in den innerpolitischen Angelegenheiten in Israel. Im Gegensatz zu seinem amtsmüden Vorgänger, Ministerpräsidenten David Ben Gurion, gilt Levi Eschkol als Meister der Kompromisse. Laut den Grundsätzen des zionistischen Führers Achad Haam, wie sie in dem

Artikel „Priester und Prophet“ festgelegt wurden, ist der Prophet in diesem Artikel Moses, der Mann der großen Idee, der keine Kompromisse kennt. Doch um die Idee verwirklichen zu können, braucht man einen Vermittler, der die Idee der Wirklichkeit anpaßt. Dieser läßt sich auf Kompromisse ein, denn nur so können große Ideen zur täglichen Wirklichkeit werden. Levi Eschkol war in allen Regierungen des kompromißlosen Ben Gurion der Aaron, der hinter seinem Rücken die Kompromisse aushandelte. Er bildete fast alle Regierungen und führte alle ausschlaggebenden Koalitionsverhandlungen dieser Regierungen, denen Ben Gurion als Ministerpräsident vorstand. Und wenn es dann trotzdem öfters zu Krisen kam, so war eben Moses mit dem Wirklichkeitssinn seines Aaron nicht einverstanden.

Der hochgewachsene und heute noch sportlich aussehende, brillentragende Levi Eschkol ist ein Mann

mit diplomatischem Talent. Wann immer die außenpolitische Lage besonders schwierig war, so konnte

man Levi Eschkol inkognito bei hochgestellten Persönlichkeiten des Auslands zu Verhandlungszwecken antreffen.

Er war einer der ersten, der die Beziehungen zur deutschen Bundes-

republik realisieren wollte. Er plante die Entschädigungsforderungen, die Israel an Westdeutschland stellte, und unterzeichnete den ersten Entschädigungsvertrag. Er war auch in diesem Fall der Hohepriester Aaron.

Levi Eschkol wurde in Oratova bei Kiew (Ukraine) im Jahr 1895 geboren. Nach Absolvierung eines jüdischen Gymnasiums in Wilna wanderte er 1913 in Palästina ein. Hier arbeitete er zuerst in der Landwirtschaft und wurde in den ersten Arbeiterrat von Petach Tikva gewählt. Die ersten Studien in praktischer Nationalökonomie machte er als Leiter der Arbeiterküche in Petach Tikva, die vor schweren wirtschaftlichen Problemen stand, denn trotz der Arbeitslosigkeit hatten die meisten Arbeiter einen guten Appetit. Ungefähr zur selben Zeit trat er der damaligen Arbeiterpartei „Hapoel Hazair“ bei, die später mit einer anderen Arbeiterpartei (Achduth Awoda) die Mapei bildete. Im Jahr 1918 trat er der Jüdischen Legion bei und diente zwei Jahre als gemeiner Soldat. Nach seiner Demobilisierung gründete er mit anderen zusammen die Kwuzah Degania Beth. Im Jahr 1921 gehörte er zu den Mitbegründern der Histadruth (Gewerkschaftsverband) in Haifa. Zur selben Zeit

ungefähr begann er seine Karriere als Arbeiter- und zionistischer Funktionär. Er bereiste im Auftrag der Histadruth Europa und nahm als Delegierter an verschiedenen Arbeitertagungen und zionistischen Kongressen teil.

Nach 1933 leitete er die Ansied-lungsabteilung beim Palästina-Amt Berlin und handelte damals den Haavara-Vertrag mit dem Naziregime aus. Dieser Vertrag ermöglichte den deutschen Juden, einen Teil ihres Geldes nach Palästina zu transferieren.

Im Jahr 1944 wurde Levi Eschkol zum Sekretär des Tel Aviver Arbeiterrates gewählt. Einige große Streiks der damaligen Zeit sind auf Eschkols Initiative zurückzuführen.

Bei Beginn des Befreiungskrieges wurde Levi Eschkol von David Ben Gurion zum Generaldirektor des Verteidigungsministeriums ernannt. Im Jahr 1951 war er ein Jahr Landwirtschaftsminister und darnach — bis zu seiner jetzigen Ernennung zum Ministerpräsidenten — elf Jahre lang Finanzminister.

Levi Eschkol ist von Natur Optimist. Als man ihn fragte, was sein erster Plan als Ministerpräsident sein wird, antwortete er kurz auf hebräisch: „Jije tovl“, in Deutsch: „Es wird gut sein“.

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