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Macht der Bilder
Eine Gallup-Umfrage in Osterreich ergab 1991, daß 50 Prozent der Refragten glauben, daß die Juden zumindest zum Feil selbst an ihrer Verfolgung schuld seien. Das läßt Rückschlüsse auf einen in breiten Revölkerungsschichten herrschenden antisemitischen Grundkonsens zu, auch wenn dieser nicht bewußt artikuliert wird. Jahrhundertelang tradierte Vorurteile und Rilder wirken nach: Vom Juden als Gottesmörder, als ausbeutenden Wucherer, als nach der Weltherrschaft Strebenden, als Heimatloser, als Angehöriger einer „fremden Rasse”.
Dem möchte die Ausstellung im Rathaus entgegentreten. Sie will aufzeigen, wie diese unterbewußten antisemitischen Stereotypen entstanden sind, in welchen historischen Zusammenhängen sie weitergegeben wurden. „Die Frage war zunächst, ob es überhaupt legitim und klug sei, Ausstellungsbesucher mit einer Vielzahl antisemitischer Objekte zu konfrontieren, die teilweise sehr drastisch sind. Wir als Veranstalter haben daher einen wissenschaftlichen Reirat gegründet, in dem Erika Weinzierl ebenso vertreten ist wie Simon Wiesenthal und Paul Gross, aber auch Historiker aus den USA und aus Israel. Wir sind uns auch der Zumutung bewußt, die diese Ausstellung für jüdische Retrachter darstellt.” Das sagt Elisabeth
Klamper, die Kuratorin der Ausstellung, und verweist auf die Tatsache, daß mit dieser Schau erstmals überhaupt eine bildliche Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus versucht wird.
Anhand von etwa 500 Exponaten werden historische Strukturen und geschichtliche Zusammenhänge in Rüdem, Karikaturen, Flugblättern, Filmen, Pamphleten, Propagandaplakaten bis hin zu antisemitischen Porzellanfiguren - in erster Linie aus Österreich und Deutschland -dargestellt.
„Zwischen Juden und Christen kann es keine Versöhnung geben, denn die Juden haben Christus gekreuzigt” kam noch 1986 ein Anruf nach einer ORF-Sendung über den jüdisch-christlichen Dialog. Auch daß der Tiroler Rischof Reinhold Stecher die Verehrung des „Ritualmord-Opfers” Anderl von Rinn im Jahre 1985 per Erlaß verbieten mußte, ist noch im Gedächtnis (siehe
Beitrag Seite 23). Daß das Christentum sich am Beginn auch zur Abgrenzung und religiösen Identitäts-nndung antisemitischer Vorwürfe bediente, zeigt etwa die mit der Einführung des Christentums als Staatsreligion 313 einsetzende Berufsbeschränkung für Juden. Und daß mit der Verlagerung der wirtschaftlichen Interessen des christlichen Abendlandes in das östliche Mittelmeer theologisch motivierte Vorwürfe politische und ökonomische Konse-3Uenzen hatten (Kreuzzüge), ist be-auernswerte Geschichte. Den Ausstellungveranstaltern geht es auch darum, Fremdenfeindlichkeit und Konkurrenzängste und deren demagogischen Mißbrauch mit dem Antisemitismus in einen Zusammenhang zu stellen. In Abstimmung mit dem Wiener Stadtschulrat bietet daher das Jüdische Museum Spezialinformationen für Lehrer an,um eine sinnvolle Integration des Ausstellungsbesuches in den Unterricht zu ermöglichen. „Jugendliche sollen selbst schlußfolgern, daß Türken oder Schwarze von ähnlichen Vorurteilen betroffen sind”, sagt K lamper.
Natürlich haben auch die immer wiederkehrenden Bestrebungen gegen den Antisemitismus ihren Platz in der Ausstellung, die entsprechenden Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils sind zu
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