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Digital In Arbeit

Neun Mönche suchen Nachwuchs

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Wie die schweigenden Mönche wirklich leben, ist im Rahmen der Oberösterreichischen Landesausstellung zu sehen.

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Wie die schweigenden Mönche wirklich leben, ist im Rahmen der Oberösterreichischen Landesausstellung zu sehen.

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Von den Trappisten ist in der breiten Öffentlichkeit nicht viel bekannt. Manche kennen zwar den Engelszeller Likör, was die Mönche sonst noch machen, ist aber weithin unbekannt. Es heißt, sie schweigen den ganzen Tag und manchmal hört man noch die alte Mär, sie würden in Särgen schlafen. Nun kann man sich bei der Sonderausstellung zur oberösterreichischen Landesausstellung „Die Donau“ in Engelhartszell noch bis zum 26. Oktober selbst davon überzeugen, wie die schweigenden Mönche wirklich leben.

Die Trappisten sehen sich als eine Vorhut der Gläubigen. Für viele sind die Orden die „Fundamentalisten“ der römischen Kirche. Ihr Tag wird von den Gebetszeiten, die immer wieder die Arbeit unterbrechen, bestimmt. Getreu dem Motto „Der Herr kommt, wenn ihr es am wenigsten erwartet“, beginnt ihr Tag schon sehr früh, um 3.45 Uhr mit der Vigil, der Nachtwache. Bis fünf Uhr wird gemeinsam in der Klosterkapelle gebetet. Es folgt eine persönliche Meditationszeit, eine lectio di- vina, eine heilige Lektion, bis 6.30 Uhr. Eine Stunde, von halb sieben bis halb acht, dauert das gemeinsame Morgenlob, die Laudes. Das ist eine Gemeinschaftsmesse, an der auch Laien teilnehmen können.

Jetzt sind die Mönche schon vier Stunden wach, es wird endlich Zeit für das Frühstück. Es gibt ein einfaches Gedeck, Brot, Butter und Käse, aber natürlich keine Wurst: die Trappisten sind Vegetarier. Das Frühstück wird schweigend eingenommen, reden ist verpönt.

Um acht Uhr beginnt auch für die Mönche der Arbeitsalltag. Jeder hat seine Aufgabe, denn nach dem hl. Benedikt sollen die Mönche von ihrer eigenen Hände Arbeit leben können. Sie erhalten auch kein Gehalt von der Kirche und dürfen nicht sammeln oder betteln. Die Ijand- und Forstwirtschaft (40 Hektar Äcker, 160 Hektar Bergwald), die Viehwirtschaft, das angeschlossene Pflegeheim und natürlich die Likörerzeugung ernähren die Trappistenpadres. Da in Engelszell nur noch neun Mönche leben, ist jeder für mehrere Arbeitsbereiche zuständig. Der 74jährige Pater Wolfgang für Wirtschaft, Forstverwaltung und Fürsorge. Der 72jährige Pater Albert für Bauwirtschaft, Chor und Orgel. Oder der erst 34jährige Pater Reinhard, der als Sakristan/Küster auch als Pförtner fungiert.

Während der „normalen“ Arbeitszeit sprechen die Mönche von Engelszell auch ganz normal miteinander. Stille ist für sie kein Gelübde, sondern eine Gewohnheit, die als monastische Tradition im eigenen Bereich, auf den Gängen und in Gemeinschaftsräumen noch weitgehend eingehalten wird. Zur Mittagszeit wird die Arbeit von der Sext, dem dritten Tagesgebet zur sechsten Stunde unterbrochen. Eine Viertelstunde vor dem gemeinsam eingenommenen Mittagessen um zwölf Uhr. Das vegetarische Essen wird vom angeschlossenen Pflegeheim geliefert. Bei der gemeinsamen Lektüre herrscht wieder Stille.

Bis 14 Uhr, bis zur None, dem Gebet zur neunten Stunde, ist Mittagsruhe. Schließlich sind die meist älteren Mönche schon zehn, elf Stunden auf den Beinen. Nach dem Gebet zur neunten Stunde geht es von 14.15 bis 17 Uhr wieder zur Arbeit. Die Mönche haben nur allein an Arbeit einen Sieben-Stunden-Tag. Vor dem Abendessen folgt um 17 Uhr die viertelstündliche Vesper, das Abendgebet, mit anschließenden Meditationsübungen bis 18 Uhr. Nach dem Abendessen haben die Mönche endlich wieder etwas freie Zeit, bis um 19.20 Uhr die Komplet ruft. Das letzte Chorgebet mit dem Marienlob beendet den Gebetsreigen.

Die Trappisten halten die Gastfreundschaft hoch. Wer die „heilende Wirkung der Stille und des Psalmgebetes“ erfahren will, kann auf ein Wochenende oder eine ganze Woche eine Klosterzelle in Engelszell beziehen. In den zehn einfachen Zimmern nächtigen immer mehr Theologiestudenten und religiöse Laien. Die Stille kann aber auch „verrückt“ machen. Ein Radioreporter aus Kärnten hielt es schon nach zwei Tagen nicht mehr aus. Einem Großindustriellen aus der Steiermark ging es nicht viel besser.

Für die meisten anderen aber gilt: Der feste Rhythmus gibt Halt. Die Stille beruhigt.

Neun Mönche (fünf Priester, zwei Brüder, ein zeitlicher Professe, ein Brüder-Oblate) und ein Kandidat leben in Engelszell. Vier sind über siebzig, einer in den Achtzigern.

Um Mönch zu werden, soll man eine abgeschlossene Schulbildung haben und mindestens 25, besser 30 Jahre alt sein. Mehrmalige Gastaufenthalte sind vorteilhaft, da ein sofortiger Eintritt „zu steil“ (Superior Marianus) wäre. Für ein halbes bis ein Jahr fängt man noch in Zivilkleidung als Postulat an. Mit dem Noviziat, der Probezeit, erhält man den Habit, die Ordenstracht. Nach zwei Jahren legt der junge Mönch die’ Gelübde ab und wird mit der einfachen Profeß in den Orden aufgenommen. Die Mönche entscheiden dabei mit einfacher Mehrheit. Weitere drei Jahre später wird das Gelübde bei der feierlichen Profeß erneuert.

In Engelszell gibt es aber noch eine „Erschwerniszulage“ (Superior Marianus): Ein Novize muß auch die Zugehörigkeit zu diesem Kloster geloben. Wenn er sich für die Trappisten entscheidet, bleibt er ein Leben lang in Engelszell.

Die Trappisten sind eigentlich „Zisterzienser von der strengen Oberservanz“. Der Name „Trappisten“ kommt vom französischen Kloster La Trappe in der Normandie, wo ab 1664 eine strenge Erneuerung des zisterziensischen Lebens begann. Zisterzienser wie Trappisten gehen auf Benedikt (um 550) zurück, wobei schon die Zisterzienser eine Reformbewegung um die Jahrtausendwende waren.

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