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Notizen

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Mitte August fand in Nijmwegen (Niederlande) in Anwesenheit von Kardinal Feitin (Paris), zwölf Bischöfen und über 200 Delegierten eine Internationale Studientagung der Pax-Christi-Bewegung statt. Die österreichische Vertretung wurde von Bischof Rusch geführt. Unser Mitarbeiter Dr. Anton Burghardt berichtet folgende Eindrücke: „Es war kein Kongreß im üblichen Sinn. Mit todernst aufgenommenen, nur sachlichen Referaten, mit Rede und Gegenrede und großen Auseinandersetzungen. Gewiß: auch das gab es. Das offizielle Programm, fast durchweg von Franzosen und Westdeutschen bestritten, bot wohl eine Fülle von Abhandlungen. Worum es den Veranstaltern aber offensichtlich in erster Linie ging, das war die menschliche Begegnung der Angehörigen gerade jener

Nationen, die meinen, in einem unversöhnlichen Gegensatz leben zu müssen. Aus der Einsicht in den Widersinn des deutsch-französischen Gegensatzes ist ja die Pax-Christi-Bewegung entstanden. Die Art der Tagung bot vielfachen Anlaß zu solchen Gesprächen und Begegnungen. Etwa die lang dauernden Mahlzeiten und die auch nicht karg bemessenen Pausen. Insbesondere waren es die Deutschen, die in einem geradezu rührenden Eifer bemüht waren, ihre französischen Gesprächspartner die Epoche der Besetzung vergessen zu machen. Für den Charakter des Kongresses bestimmend war auch die von den Gastgebern geschaffene Atmosphäre, die den Niederländern eigene Mischung von Sachlichkeit und Herzlichkeit. Vor allem den Oesterreichern gegenüber erwies sich diese Gastfreundschaft als eine besonders intensive. Auch die Stadtverwaltung (Katholiken wie Sozialisten) war bemüht, das für den Kongreß notwendige Klima zu schaffen. Jede Friedensbewegung — auch eine christliche — muß wohl vom Gespräch und der zwischenmenschlichen Uebereinstimmung ihren Ausgang nehmen, aber sie bedarf der institutionellen Sicherungen und der Aktionen. Darum, wie der Friede zu sichern und wie er zu einem allgemeinen und globalen Zustand zu erheben sei, darum ging es in den Nijmweger Gesprächen. Aber was vermögen hundert Franzosen und ebenso viele Deutsche, die zudem, wie es schien, meist Außenseiter waren, was vermögen sie, um ihre Völker davor zu bewahren, wieder gegeneinander zu marschieren? Beschwörung und intellektuelles Gespräch sind notwendig. Aber sie sind nicht alles. Daher auch das von Exzellenz Rusch gestellte Verlangen, konkret da anzusetzen, wo die Elemente des Un-Friedens heute entstehen: bei den Presseberichfen. Auch wir Oesterreicher haben, wie die Deutschen, ein .Frankreich', nämlich Italien. Aus diesem Grund, angesichts drohender Konflikte, die Forderung des Tiroler Bischofs, die italienischen Verhältnisse wirklichkeitsgetreu darzustellen, also die Wahrheit auszusagen, eine Wahrheit, die zuweilen allein schon bitter genug ist.“

In der letzten Nummer des Pfadfinderorgans „World-Scouting“ steht ein Leitartikel aus der Feder Bundeskanzler Raabs. Er gewinnt dadurch an Bedeutung, weil er in dieser englischen Zeitung der erste deutschsprachige Artikel seit Kriegsende ist. Der Kanzler sagt darin, daß, wenn man neben Familie und Schule einer dritten Institution einen Einfluß auf die Jugenderziehung einräume, diese auf drei Ziele gerichtet sein müsse: Charakterbildung, Gottesfurcht und Heimattreue. Diesen Zielen werde das Pfadfindertum mit seinen sittlichen und geistigen Fundamenten gerecht.

Das Kinderdorf „Hemma“ Wien-Niederösterreich des Vereines zum Schutze des ungeborenen Lebens wird Ende September 195 5 auf dem Wilhel-minenberg die ersten zwei Häuser auf einem Grund von 20.000 Quadratmetern eröffnen, den der Vinzenzverein gestiftet hat. Weiter ist geplant, acht Familien aufzunehmen. Die Versorgung der werdenden Mütter und der Kinder erfolgt ohne Entgelt; fachärztliche Betreuung ist vorgesehen. Mütter, die einem Beruf nachgehen, haben die Gewißheit, ihre Kinder in sachgemäßer Wartung zu wissen. Einem Angebot des Landeshauptmannes von Niederösterreich folgend, trägt man sich mit dem Plane, das Schloß Judenau (Bezirkshauptmannschaft Tulln), einen großen dreigeschossigen Bau, zu einem Heim für schulentlassene Mädchen einzurichten; Platz für 900 Betten wäre vorhanden. Um diese Vorhaben ihrer Bedeutung gemäß möglichst rasch und wirtschaftlich fundiert zu verwirklichen, wird als Anfang der Werbetätigkeit für das „Hemma“-Dorf am 14. September im großen Konzerthaussaal ein Konzert veranstaltet, bei dem die Wiener Philharmoniker unter Dr. Karl Böhm (zum ersten Male für einen wohltätigen Zweck völlig ohne Entgelt) und die Wiener Sängerknaben sowie das große Rundfunkorchester mit Prof. Schönherr mitwirken. Karten, deren Preis der Besteller selbst bestimmt, können in der Geschäftsstelle des Vereines, Wien V, Margaretenstraße 27 (Ruf B 22 0 79), angefordert werden.

In den vergangenen drei Monaten kamen 3 o.O00 Besueher zu den Ausgrabungen in der römischen Zivilstadt C a r n u n t u m. Univ.-Prof. Swoboda leitet seit 1938 die Ausgrabungen und konnte dieses Jahr eine weiträumig angelegte' Badeanlage, wahrscheinlich die der Zivilstadt, freilegen. Sie weist einen Umfang von 80 zu 80 Meter auf und zeigt einen modern anmutenden Komfort. Diese Ausgrabungen bieten einen weiteren interessanten Einblick in die Römerzeit Oesterreichs.

Zum zweitenmal finden vom \2. bis 24. September 195 5 in Meran unter dem Thema „Geist der Ordnung — Ordnung des Geistes“ Hochschulwochen statt. Die erste Woche leitet der Eröffnungsvortrag Professors Dr. Eugen Thurnher über „Schiller und wir“ ein. An den Vormittagen der fünf folgenden Wochentage lesen die Münchner Professoren Dr. Werner Leibbrand über „Wert und Würde des menschlichen Leibes“ und Dr. Heinz Gollwitzer über „Volk — Nation — Staat“. An den Nachmittagen finden Arbeitsgemeinschaften und Aussprachen statt. Die zweite Woche bietet an den Vormittagen die Vorlesungen des Basler Professors Dr. Wolfram von den Steinen über „Die geistigen Grundlagen des Mittelalters“ und des Freiburger Professors DDr. Gerhard Ritter über „Recht und Macht“. Die Abendveranstaltungen sind u. a. der Vortrag Dr. Heinrich Deckers über „Deutsche Kunst und deutsche Künstler in Italien“, woran sich tags darauf eine Studienfahrt durch das Ueberetsch- und Unterland nach Trient schließt. Anmeldungen und Auskünfte durch das Sekretariat des Südtiroler Kulturinstituts in Bozen, Laubengasse 9/II.

Eine „oberhirtliche Mahnung und Weisung“ haben die Bischöfe von Trier und Speyer, Dr. Matthias Wehr und Dr. Isidor Markus Emanuel, zum Abstimmungskampf an der S2ar erlassen. Sie fordern zur Beherrschung und zum Maßhalten im politischen Kampf auf. Das Hirtenwort wurde am Sonntag in allen Kirchen des Saargebietes verlesen. Es hat folgenden Wortlaut: „Die Bischöfe von Trier und Speyer sehen sich durch die Ereignisse der letzten Wochen veranlaßt, an ihre Diözesen an der Saar die dringende Mahnung zu richten, in den politischen Auseinandersetzungen die rechte Beherrschung und Mäßigung zu bewahren, sich gegenseitig nicht zu diffamieren oder gar zu bedrohen und über allen Spannungen das Gebot der christlichen Bruderliebe nicht zu vergessen.“ Zugleich erhielten die Geistlichen an der Saar die oberhirtliche Weisung, allen politischen Kundgebungen fernzubleiben und sich auf der Kanzel aller politischen Aeußerungen zu enthalten.

Die Musiker der niederländischen Oper sind nicht davon erbaut, daß sie während des Spieles Geräusche auf andere Weise erzeugen sollen, als auf ihren Instrumenten. Als dieser Tage der französische Dirigent Richard Blareau die Flötisten bat, sie sollten zur Aufführung seiner Ballettmusik „Terrain Vague“ eine Passage nicht mit der Flöte blasen, sondern mit dem Mund pfeifen, weigerten sie sich zunächst entschieden, erklärten sich aber schließlich unter der Bedingung bereit, die Flöte zum Schein vor den Mund halten zu dürfen. Als der niederländische Dirigent Juriaan Andriessen nun aber das Orchester ersuchte, bei seinem Ballett „Le Canape“ an bestimmter Stelle dreimal laut „Canape“ in den Saal zu rufen, wurde es den Musikern zuviel. Der Ruf mußte von der Partitur gestrichen werden.

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