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„Nur ein taktischer Zug für Hochschulwahlen...“

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FURCHE: Ausländischen Studenten soll bei Hochschulwahlen das aktive und passive Wahlrecht zugestanden werden. Was stört ausländische Studenten an den österreichischen Hochschulen? NIKOU: Daß wir Studenten ohne Rechte sind, obwohl wir Verpflichtungen zu erfüllen haben. Jeder Beschluß der Regierung oder der Professoren trifft sowohl inländische als auch ausländische Studenten. Inländer können dazu Stellung nehmen, Ausländer derzeit nicht. Unserer Meinung nach ist die österreichische Hochschülerschaft (ÖH) die einzige Körperschaft, die alle in Österreich Studierenden vertreten kann. FURCHE: Sie fordern also Mitbestimmung?

NIKOU: Wir fordern aktives und passives Wahlrecht, um aktiv am Hochschulleben teilnehmen zu können. Was das politische Mandat der österreichischen Studenten anbelangt, so soll es, muß es unangetastet bleiben und ausschließlich von inländischen Studenten ausgeübt werden. FURCHE: Hochschulangelegenheiten sind von der innenpolitischen Situation doch kaum zu trennen. Das momentan heiß um-fehdete Hochschulbudget verdeutlicht diesen engen Konnex.

NIKOU: Es ist absolut nicht beabsichtigt, innenpolitisch einzugreifen; wir sind aber wohl geneigt, im Rahmen einer Hochschulreform mit unseren Kollegen von der ÖH eng zusammenzuarbeiten.

FURCHE: Wie stellen Sie sich die Grenzziehung zwischen Innen-und Hochschulpolitik vor?

NIKOU: Die Grenzziehung ist Sache des Gesetzgebers. Nach Beschluß des Zentralausschusses der ÖH wird ein Arbeitskreis von Inländern und Ausländern gebildet, der im Einvernehmen mit Juristen und Parlamentariern diese Fragen klären soll. Wir müssen einsehen, was wir auch tun, daß es spezifisch österrei-chiche Angelegenheiten gibt, die ausschließlich Sache der inländischen Studenten sind. FURCHE: Wollen ausländische Studenten, die sehr oft in scharfem Gegensatz zu ihren Heimatländern stehen, über die ÖH „Außenpolitik“ machen? NIKOU: Die ausländischen Studenten sind kein homogenes politisches Gebilde. Direkte Stellungnahmen werden sicher auch in Zukunft^ wie bisher, von nationalen Verbänden abgegeben werden.

FURCHE: Nur hat eine Resolution über eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes, wie die ÖH eine ist, mehr Gewicht.

NIKOU: Die ÖH hat sicher gewisse Möglichkeiten, allerdings sind ihr verfassungsmäßig Grenzen gesetzt, um die Interessen der Republik Österreich zu wahren. FURCHE: Die Linie der ÖH ist doch nur eine Frage der Mehrheitsbildung.

NIKOU: Es gibt keinen Grund zu der Annahme, daß wir mit dem VSStÖ oder der VDS zusammenarbeiten. Auch in der Vergangenheit fehlen die konkreten Beweise.

FURCHE: In einem Flugblatt der kommunistischen VDS spricht diese von einer „linken Plattform“, in die ausländische Studenten integriert seien und gemeinsam mit Inländern „gegen die Ordinarienuniversität“ und die gesteigerten Anforderungen des Kapitalismus am Bildungswesen kämpften. NIKOU: Uber ein Wahlbündnis zu sprechen, kann nur ein wahl-taktischer Zug für die nächsten Hochschulwahlen sein. Wir sind der Meinung, daß die ausländischen Studenten im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten ihre Interessen selbst wahrnehmen müssen. Daher lehnen wir das Firnberg-Konzept, das uns nur ein aktives Wahlrecht zugesteht, ab, denn dann müssen wir — wir haben das oftmals klargestellt — jenen Fraktionen unsere Stimmen geben, in deren Konzept unsere Anliegen am ehesten zum Ausdruck kommen. Immerhin ist es eine Tatsache, daß 20 Prozent aller Studenten in Österreich Ausländer sind.

FURCHE: Interessant wäre, zu wissen, ob in anderen Ländern ausländische Studenten das aktive und passive Wahlrecht schon besitzen. Und wenn ja, welche Erfahrungen dabei gesammelt wurden. Durch die Erteilung des aktiven und passiven Wahlrechts an ausländische Studenten ist natürlich sehr leicht die Gefahr vorhanden, daß ganz bestimmte politische Gruppen aus dem Ausland in die Studentenschaft eingeschleust werden, um über diesen Umweg gewisse politische Ziele zu erreichen. Was ist, wenn statt der heute nur 20 Prozent Ausländer plötzlich 60 Prozent Ausländer in Österreich studieren? Hier müßten echte Sicherungen eingebaut werden, um einen Mißbrauch dieses Wahlrechts, wenn es je eingeführt wird, zu verhindern.

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