6696934-1963_10_15.jpg
Digital In Arbeit

Österreich kann nicht lange warten

Werbung
Werbung
Werbung

Hier sind wir nun auch bei der Frage Öster-eich angelangt. Das Problem, das sich uns da-ei stellt, ist ein echtes Zeitproblem. Die be-annte starke Handelsverflechtung Österreichs lit der EWG stellt infolge der schon jetzt fühl--aren handelspolitischen Diskriminierung unsere roße Sorge dar. Da der Diskriminierungseffekt mmer größer werden wird, ist es der Faktor üeit, der uns dabei am meisten zu schaffen lacht. Deshalb kann und darf Österreich die land nicht in den Schoß legen. Und deshalb räre es vollkommen verfehlt gewesen, hätte Österreich aus dem Abbruch der britischen Ver-andlungen etwa den Schluß gezogen, seine tssoziierungsbemühungen ebenfalls zu vertagen. Österreich ist auf Grund der Londoner Dekla-ation des EFTA-Ministerrates von 1961 so wie Ue seine EFTA-Partner ermächtigte um Verhandlungen mit der EWG anzusuchen, diese aufzunehmen und zu führen. Ob es die übrigen EFTA-Staaten im gegenwärtigen Zeitpunkt von ihrem Standpunkt aus für notwendig halten, auf Aufnahme dieser Verhandlungen, soweit sie um solche ansuchten, zu drängen oder nun einmal damit zuzuwarten, kann nichts an der österreichischen Notwendigkeit, möglichst bald zu solchen Verhandlungen zu kommen, ändern. Der handelspolitische Diskriminierungseffekt ist aus vielen Gründen für Österreich ein weitaus größerer als für die übrigen EFTA-Staaten, deren Exporte weit mehr gestreut sind als die Österreichs. Es war daher notwendig, genau in dem Zeitpunkt, da man in der Weltöffentlichkeit den Eindruck hatte, daß die EFTA-Staaten nun vorläufig an Verhandlungen mit der EWG nicht interessiert seien, festzustellen, daß das österreichische Interesse keineswegs geringer geworden ist und daß Österreich seinen am 28. Juli 1962 in Brüssel überreichten Antrag nach wie vor ungeschmälert aufrecht erhält. Ein Verschweigen der österreichischen Notwendigkeiten hätte zu einem verhängnisvollen Fehler werden können I

Die erste uns gestellte Aufgabe ist daher, in geeigneter Weise festzustellen, ob und wann man in Brüssel bereit ist, die Gespräche mit Österreich aufzunehmen. Da die Brüsseler Kommission solche Gespräche nur auf Grund einstimmiger Ermächtigung seitens der EWG-Regierungen aufnehmen kann, wird es sich zunächst als notwendig erweisen, durch entsprechende Sondierungen bei den Regierungen der EWG-Staaten dies festzustellen. Und erst wenn von allen sechs Regierungen diesbezügliche positive Erklärung vorliegen, kann mit dem tatsächlichen Beginn von Verhandlungen gerechnet werden.

In diesem Zusammenhang wird sich natürlich die Frage nach der EFTA-Konformität stellen. Sie kann im Augenblick einfach deshalb nicht beantwortet werden, weil sie von dem Ergebnis der Assoziierungsverhandlungen abhängen wird. Österreich hat deshalb beim Genfer EFTA-Mini-sterrat am 18. und 19. Februar dieses Jahres auch die Erklärung abgegeben, daß es seine EFTA-Freunde von dem Verlauf und den allfälligen Fortschritten dieser Verhandlungen ständig unterrichten werde. Österreich wird also diesbezüglich genau so vorgehen, wie es Großbritannien und Dänemark während ihrer Verhandlungen mit der EWG getan haben.

Ein wichtiger Grundsatz, den Österreich bei seinen Verhandlungen befolgen muß, wird darin liegen, daß das von Österreich angestrebte Arrangement mit der EWG die wirtschaftliche Zielsetzung der Sechsergemeinschaft in keiner Weise beeinträchtigt. Daß wir an dem politischen Programm der EWG überhaupt nicht teilnehmen werden, erübrigt sich zu betonen. Daß wir aber alles unternehmen müssen, um die österreichische Exportquote in diesem Bereich Europas sicherzustellen, ist ebenso selbstverständlich. Im übrigen werden erfolgreich abgeschlossene Verhandlungen zwischen Österreich und der Gemeinschaft auch dieser den unleugbaren Vorteil bringen, daß Österreich ein wirtschaftlich konsolidiertes Land bleibt. Dieser Vorteil sollte schwer genug bei der von den Regierungen der EWG-Staaten zu treffenden Entscheidung wiegen, ob die Verhandlungen mit Österreich in Kürze aufgenommen werden können.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung