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„Olympiaden haben nichts mit Fremdenverkehr zu tun...“

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FURCHE: Avery Brundage, der Präsident des Internationalen Olympischen Comit&s (IOC) erstellte eine Liste der Namen alpiner Skirennläufer, an deren Amateurstatus Zweifel bestehen. Diese Rennläufer sollen an zukünftigen Olympischen Spielen nicht teil-nahmsberechtigt sein. FRIED: Brundage hat seiner Meinung Ausdruck gegeben, daß eine Anzahl von alpinen Skiläufern, die gegen Bezahlung Unterricht gegeben haben, im Sinne der olympischen Regeln als bei den Olympischen Spielen nicht teilnahmsberechtigt zu bezeichnen sind. Weiter hat er angegeben, daß die persönliche Reklame von Sportlern nicht zulässig ist und er hat die FIS ersucht, in dieser Hinsicht Ordnung zu machen, da sonst die Gefahr besteht, daß die genannten Skiläufer gesperrt würden. Es würde niemals eine Diskussion geben, wenn nicht gerade im Wintersport so viele Erscheinungen auftreten würden, die die Teilnahmsberechtigung von Sportlern in Frage stellen. FURCHE: Wie steht das österreichische Olympische Comite (ÖOC) zu diesem Bannstrahl? Soll es nicht die Interessen der österreichischen Sportler vertreten? FRIED: Das ÖOC hat nur den Regeln zu entsprechen. Das IOC legt die Regeln für die Teilnahmsberechtigung zusammen mit dem zuständigen Fachverband fest.

FURCHE: Von den Leistungen österreichischer Skirennläufer hängen aber auch die Erfolge der Winter Sportindustrie ab. Siege schlagen sich in positiven Bilanzen nieder.

FRIED: Da möchte ich vor aljem feststellen, daß Olympiaden absolut nichts mit Fremdenverkehr, Touristik und Industrie zu tun haben. Die olympische Bewegung ist eine ethische und eine kulturelle Bewegung, die gegen den immer stärker werdenden Einfluß der Kommerzialisierung Einspruch erheben muß.

FURCHE: Ein enger Konnex zwischen Sport und Kommerz ist doch unbestritten gegeben. Diese Verflechtung ist kaum zu lösen. FRIED: Früher oder später muß diese Verflechtung gelöst werden, denn die olympische Idee hat kulturelle und keine kommerziellen Ziele. Es bietet sich eine Lösung an, wie sie in vielen Sportzweigen bereits üblich ist. Das heißt eine absolute Trennung zwischen Professionalismus, mit allem, was drum und dran hängt, und dem Amateursport. Die große Schwierigkeit dabei ist, daß die Olympischen Spiele immer größer werdende Anforderungen an die Leistungen der teilnehmenden Athleten stellen und es kaum möglich Ist, die seinerseits in Kraft gesetzten Bestimmungen für die Teilnahme heute aufrechtzuerhalten. Ich bin aber überzeugt, daß das IOC niemals zustimmen wird, daß der Sport zu einem Geschäft wird. FURCHE: Die Amateurfrage beschäftigt das Olympische Comite' seit seiner Gründung. Stellt sich da nicht die Frage, ob die Regeln des IOC, einer Gesellschaft, die auf dem Leistungsprinzip aufbaut, angepaßt werden sollen oder ob sich die Gesellschaft nach den Regeln des Olympischen Comites richten soll?

FRIED: Das ist nicht die Frage — sondern wir müssen klären, ob die olympische Bewegung in der heutigen Gesellschaftsordnung überhaupt noch einen Platz hat. Ob sie nicht durch die Entwicklung überholt ist. FURCHE: Man kann also festlegen: Der Spitzensport ist heute nur noch auf einer materiellen Basis möglich. Man wird sich überlegen müssen, ob man Wettkämpfe in Form der offenen Turniere austragen will oder im Rahmen Olympischer Spiele. FRIED: Das ist ganz richtig. Die Olympischen Spiele sind ein derart gigantisches und kostspieliges Unternehmen geworden — das ist also nicht nur eine Frage des Amateurismus —, daß man sich wirklich fragen muß, ob die Ver-, anstaltung in der momentanen Form zu rechtfertigen ist. Im Laufe der Zeit ist eben der Gründungswahlspruch von Baron Cou-bertin „Wichtig ist die Teilnahme, nicht der Sieg“, vollständig in den Hintergrund getreten...

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