7087220-1994_18_03.jpg
Digital In Arbeit

OVP-Vorwcihlen: macht der Maier alles neuer?

19451960198020002020

Die „offenen" Vorwahlen der ÖVP gehen in die entscheidende Phase: bis Mitte Mai sollen die Kandidaten für die Nationalratswahl im Oktober feststehen.

19451960198020002020

Die „offenen" Vorwahlen der ÖVP gehen in die entscheidende Phase: bis Mitte Mai sollen die Kandidaten für die Nationalratswahl im Oktober feststehen.

Werbung
Werbung
Werbung

Das Gerangel um die „sicheren Listenplätze" für die Nationalratswahl treibt bei der Volkspartei zuweilen gar seltsame Blüten. Vor allem in Wien drängt sich die Parteiprominenz um einige wenige Mandate. - „Da werden in der Aufregung sogar schon Leichen g'funden, bloß um in der Zeitung zu stehen", macht etwa derzeit in Wiener ÖVP-Kreisen ein Bonmot die Runde. Gemeint ist Erwin Rasinger, populärer Arzt und früherer ÖVP-Gesundheitssprecher, der im Wahlkreis Wien-Süd aussichtsreichster Herausforderer des „Titelverteidigers" Josef Arthold ist. Rasinger erspähte unlängst am Nachbargrundstück eine verweste Leiche, was ihm Berichte im Chronik-Teil der Wiener Boulevardblätter einbrachte.

Während etwa im Burgenland, in der Steiermark, in Vorarlberg und in Oberösterreich die ÖVP-Vorwahlen bereits "ohne größere Überraschungen abgeschlossen wurden, müssen die „Parteigranden" in Wien noch bis 18. Mai zittern: denn bis 11. Mai laufen noch die Vorwahlen in den Wahlkreisen (siehe Beitrag rechts), am 18. Mai schließlich befindet der Wiener Landesvorstand über die Reihung der Landes-Reststimmenli-ste - wobei, laut Vorwahlstatut, das Ergebnis der Vorwahlen als „wesentliche Grundlage" herangezogen wird. „Ich gehe davon aus, daß die Gremien das Ergebnis der Vorwahlen nicht umstoßen werden", bestätigt auch GeneralseKretärin Ingrid Korosec, die sich im Wahlkreis Wien-Nord gegen ÖGB-Vizepräsi-dent Fritz Neugebauer und zahlreiche Kommunalprominenz zu behaupten hat.

Für die Gesamtpartei zieht Korosec im FURCHE-Gespräch jedenfalls eine positive Zwischenbilanz: „Nach den bisherigen Ergebnissen rechnen wir damit, daß bundesweit zwischen 300.000 und 400.000 Wählerinnen und Wähler an unseren Vorwahlen teilnehmen werden." Zudem würden die Kandidaten dazu gezwungen, sich direkt an die Wähler im Wahlkreis zu wenden: „Und durch den persönlichen Kontakt fällt vielleicht bei so manchem Bürger die Hemmung weg, die ÖVP zu wählen." Ob sie als Bundes-Spitzen-politikerin nicht davor Angst habe.

von einem „nobody" geschlagen zu werden? - „Ich sehe das sportlich", ^ibt sich Korosec vordergründig ge-assen. Und wenn sie nun doch nicht im Wahlkreis erstgereiht wird? -„Dann wird es sich weisen, ob ich ein Mandat bekomme."

Die Zweifel Korosecs an ihrem Erfolg sind jedenfalls nicht ganz unbegründet: sie ist die einzige Kandidatin in „Wien-Nord", die nicht im Wahlkreis wohnt, also auch nicht über eine „Bezirks-Lobby" verfügt. Im Gegensatz zu ihr ist etwa der Christgewerkschafter Neugebauer „gestandener" Donaustädter, der in den Arbeiterbezirken jenseits der Donau voll auf Arbeitnehmerpolitik setzt: „Wenn die ÖVP eine Integrationspartei bleiben will, daim muß sie die Anliegen der Arbeitnehmer stärker berücksichtigen."

Während in den Wahlkreisen Wien-Nord und Wien-Süd die Situation noch relativ übersichtlich ist - zumindest der Pa-oierform nach* aufen die Vorwahlen auf ein Duell zwischen einem „Titelverteidiger" und einem „Herausforderer" hinaus; der jeweilige Sieger hat berechtigte Chancen auf einen sicheren Platz auf der Landesliste -, sind in den Wahlkreisen „Innen-West" und „Nord-West" Mehrfrontenkämpfe vorprogrammiert. Im Nord-Westen - die Wiener Bezirke 16, 17, 18 und 19 - tritt Umweltministerin Maria Rauch-Kallat gegen die „amtierenden" Nationalratsabgeordneten Heinrich Neisser und Fritz König an. „Hecht im Karpfenteich" ist Ex-Generalsekretär Ferdinand Maier, der bisher Wiener Gemeinderat war: kann er einen seiner prominenten Mitbewerber überrunden, wird er wohl kaum zu übergehen sein - und würde damit für das Ausscheiden des einen oder anderen Langzeitmandatars sorgen.

Maier, der erst im Herbst als ÖVP-Generalsekretär zurücktrat und in den Raiffeisenkonzern wechselte, sorgte vor allem wegen seiner professionell geführten Werbekampagne für Aufsehen: perfekt vorbereitete Straßenaktionen, aufwendige Vier-Farb-Broschüren und geschickter Aktionismus ließen die Konkurrenz zunehmend nervöser werden. „Gecoacht" wurde Maiers Kampagne übrigens von der Politikberaterin Angelika Mayrhofer-Battlogg, der früheren ÖVP-Bundespresse-sprecherin, die auch fünf weitere Vorwahlkandidaten unter ihre Fittiche nahm: In Wien etwa die frühere Bundesministerin Marilies Flem-ming, die im Wcihlkreis „Innen-Süd' favorisiert wird, und den Im-mobiheimiakler Hans-Jörg Wippel.

Ob sie da nicht in einen gewissen Interessenskonflikt kommt, wenn ihre Kunden schließlich gegeneinander antreten? - Mayrhofer-Battlogg: „Es wußte jeder, daß ich auch für die anderen arbeite. Aber jede Beratung muß ohnehin individuell erfolgen. Man kann nicht einfach ein Konzept nehmen und über einen Kandidaten darüberstülpen. So etwas muß maßgeschneidert werden."

Während sich manche Kandidaten auf eigene Kosten Politikberater engagieren, greifen andere, sehr zum Mißfallen ihrer Mitbewerber, auf bestehende Ressourcen zurück. So klagte etwa der Unternehmens- und Personalberater Jean-Francois Jene-wein, Vorwahlkandidat im Wahlkreis „Innen-West", über die Unterstützung der Landespartei für seinen Konkurrenten, den Gemeinderat Peter Neumarm. Jenewein hatte allen Wahlberechtigten einen Brief geschickt; kurz darauf wurden dieselben Wähler mit einem in Inhalt und Aufmachung verblüffend ähnlichen Schreiben Neumanns beglückt. Des Rätsels Lösung: Ein Angestellter der Landespartei war mit dem Jene-wein-Brief als Muster in eine Druckerei gewandert und hatte diese beauftragt, „auch so einen Brief" mit dem Konterfei und der Unterschrift Neumanns herzustellen. „Eine gezielte Aktion gegen mich", mutmaßte der vergrämte Jenewein. - „Wir haben für Neumann nur einen Botengang gemacht, weil er durch einen Spitalsaufenthalt verhindert war", rechtfertigte sich OVP-Wien-Geschäftsführer Johannes Hahn: „Ich habe mich bei Jenewein auch schon entschuldigt."

In Jeneweins Wahlkreis „Innen-West", wo nach derzeitigem Stand ein Grundmandat möglich ist, kommt es übrigens zum Duell zwischen den Parlaments-Routiniers Michael Graff und Heribert Steinbauer: während Graff mehrere 100.000 Schilling in Briefe und Broschüren hineinbutterte, setzte Steinbauer auf persönliche Kontakte und pilgerte in den letzten Wochen durch die Bezirke.

Für Sparmung ist jedenfalls gesorgt. „Jene, die bei den Vorwahlen zu kurz gekommen sind, werden bei der Nominierungssitzung am 18. Mai auf Teufel-komm-raus kämpfen", meint etwa ein Landesvorstandsmitglied: „Da werden dann wohl auch alle guten Vorsätze, das Vorwahlergebnis auch für die Erstellung der Landesliste heranzuziehen, über Bord geworfen werden."

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung