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Prügel bis zum Mord

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Der Hutu-Junge Augustin Mi-nani aus Ruanda ist zwölf Jahre alt, doch keineswegs zu jung, um zwischen die Fronten des ethnischen Hasses der Erwachsenen seines Landes zu geraten. Im September 1994 wurde er von Soldaten mit der Erklärung festgenommen, sein Bruder habe während der Massaker Angehörige der Tutsi-Minderheit ermordet. Vier Monate lang wurde er mit fünf anderen Kindern in einer Lehmhütte mißhandelt. Nach der Freilassung der anderen blieb er im Gefängnis von Butare in Einzelhaft zurück. Ein Mordgeständnis habe man aus ihm herausgeprügelt, erzählte Augustin Ermittlern von am-nesty international.

Folter, Hinrichtungen, politischer Mord, „Verschwinden"-Lassen: Die Täter dieser Menschenrechtsverletzungen sind Erwachsene. Die Opfer, wie amnesty international zum diesjährigen Internationalen Tag der Kinderrechte aufzeigt, oft Kinder und Jugendliche.

Die Kindheit eines Menschen geht nach internationalem Recht bis zum 18. Lebensjahr. Bis zu diesem Alter garantiert die UNO-Kinderrechts-konvention den Schutz eines breiten Spektrums von sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechten. Die Konvention verbietet, Kinder aufgrund von Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Glauben, ethnischer Herkunft, Behinderung und politischer Überzeugung zu diskriminieren. Sie soll verhindern, daß Kinder wegen der Überzeugung ihrer Eltern Opfer von Menschenrechtsverletzungen werden.

Um keine andere Menschenrechtskonvention war das Ratifizierungsge-rangel derart groß: 172 Staaten haben sie ratifiziert. Die Erfüllung der Kon-ventionspflichten läßt für amnesty international jedoch massiv zu wünschen übrig:

■ China ist als Vertragsstaat (seit 1992) verpflichtet, Kinder unter 18 Jahren vor Folter oder Mißhandlung zu schützen. Buddhistische Novizen unter 18 werden aber von den chinesischen Behörden inhaftiert, mißhandelt und gefoltert, weil sie sich an friedlichen Demonstrationen für die Unabhängigkeit Tibets beteiligt haben. 45 Kinder, darunter elf Mädchen, sind amnesty international derzeit als politische Gefangene bekannt. Einige junge Häftlinge sind unmittelbar nach ihrer Freilassung an den Folgen von Auspeitschungen, Schlägen, Tritten und anderen Torturen gestorben.

■ Die Kinderkonvention verbietet ebenso wie der UNO-Pakt über bürgerliche und zivile Rechte die Verhängung der Todesstrafe für Straftaten, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres begangen wurden. Die USA haben die Kinderkonvention 1995 unterzeichnet: Dennoch warten in ihren Todeszellen -derzeit 37 Jugendliche auf ihre Hinrichtung.

Zum sechsten Jahrestag der Verabschiedung der Kinderrechtskonvention durch die UNO-Generalversamm-lung fordert amnesty international für Augustin Minani und andere junge Opfer von Menschenrechtsverletzungen aus Argentinien, China, Indien, Irak, Israel und Ruanda effizienteren Schutz. „Die UNO-Kinder-rechtskonvention darf nicht zur Imagepflege mißbraucht werden", verlangt Gisela Hormayr, Vorstandsvorsitzende von ai-Österreich. „Respekt für Menschenrechte beginnt im Umgang einer Gesellschaft mit ihren Kindern."

Die Autorin ist

Pressesprecherin von ai-Österreich

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