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Rancdbemerkungen ZUR WOCHE

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Österreich, das Land der Musik, ist zu einem Musikimportland geworden. Welch ein Paradoxon! Die AKM, die Gesellschaft der Komponisten und Musikverleger, mußte — nur ein Beispiel — i n diesem Jahre zum erstenmal feststellen, daß an Aufführungstantiemen aus Rundfunk und Konzerten an die Schweizer Schwesterverbände dreimal soviel b e zahlt werden muß, als die Schweiz an uns zu zahlen hat. Wir importieren aus aller Welt: Tanzmusik aus den USA, Opern aus Italien, Symphonien aus Rußland und haben, seitdem die Wiener Operette ihren Glanz verlor, außer albernen Heurigenliedern nichts zu exportieren. Um die Sachlage noch weiter zu erschweren, sind ziemlich bedeutende Tantiemenerträge für unsere Musikautoren und -Verleger in den USA, in Großbritannien und Frankreich immer noch beschlagnahmt; die letzteren beiden Länder werden demnächst wenigstens die seit Kriegsende erlegten Beträge freigeben.

Angesichts dieser betrüblichen Lage — Österreich konnte sich vor dem Kriege als das stärkste Musikexportland bezeichnen! — liegt die Frage nahe, ob nicht doch an eine vorsichtige Importbeschränkung gedacht werden sollte. Selbstverständlich nicht für Konzert- oder Opernmusik, das ist wohl klar. Aber ist es notwendig, daß etwa unsere Radiostationen in ihren vielen Sendungen leichter und leichtester Musik auch die belanglosesten der amerikanischen oder italienischen Schlager hunderte Male spielen? Ist es notwendig, daß so viele nebensächliche ausländische Tonfilme in den österreichischen Kinos gespielt werden? All das kostet Geld, viel Geld, das besser angewendet werden müßte.

In diesem Jahre ist die Erde unseres Landes gesegnet gewesen. Die Speicher und Scheunen sind angefüllt mit Getreide, der Mühlen sind nicht genug, um die Körner zu mahlen. Nach Jahren der Kriegsverwüstungen, der Mißernten und Dürrezeiten ist dies der erste Herbst, der dem Boden Österreichs überreiche Frucht brachte; und wie um das Maß des Segens voll zu machen, ist die Obsternte gleichfalls über alle Erwartungen hoch gewesen und wird die Weinlese wenigstens guten Durchschnittsverdienst gewähren. Aber die Fülle nicht weniger als der Mangel stellt Probleme, will schwere Arbeit; der Bauer weiß nicht, wo er das viele Getreide unterbringen soll, er muß behelfsmäßig lagern und um drohende Verluste besorgt sein, der Ministerrat trat zusammen, um auf Hilfsmaßnahmen zu sinnen, die unnötig wären, wenn nicht wünschenswert gewesene Vorkehrungen aus diesem oder jenem Grunde unterblieben wären. Dennoch — dies ist ein gutes und fruchtschweres Jahr. Dem Himmel sei Dank dafür.

Der Eüroparat in Straßburg hat seine diesjährige Tagung beendet. Vier Wochen lang sind die Vertreter Europas am Verhandlungstisch gesessen, über nationale und politische Ressentiments, wobei diè Probleme der deutschen Dreizone und die Frage des Saargebiets manche störende Schatten warfen. Eine kurze Zeit also, die unter nicht eben freundlichen weltpolitischen Aspekten stand; was wurde in ihr erreicht? Die Konsultativversammlung des Rates beschloß, den Außenministern einige konkrete Maßnahmen zur Durchführung zu empfehlen: die Einsetzung internationaler

Behörden und Gerichtshöfe, die Einberufung internationaler Wirtschaftskonferenzen, die Regelung der innereuropäischen Währungsverhältnisse, die Errichtung eines europäischen Kulturzentrums, die Aufforderung an Amerika, in Europa Kapital zu investieren und schließlich die Einsetzung einer internationalen beratenden Wirtschaftsbehörde. Diese mit Zweidrittelmehrheit angenommenen Beschlüsse sind nun von den Außenministern auf die Möglichkeit der Durchführung hin zu untersuchen.

All das ist immerhin etwas. Von allen Seiten her Ist mit gutem Willen an das schwierigste aller politischen Probleme, an die Einigung Europas, herangegangen worden. Leider war es nur ein Torso Europas, diese Versammlung unter dem Straßburger Münster. Bei Irun und bei Mühlhausen hören seine Grenzen auf. Es ist wohl das geringste, das zur Korrektur geschehen kann, wenn der Europarat in einer Sondersitzung noch vor Ende des Jahres darangehen soll, Westdeutschland und Österreich in seine Mitte zu laden.

In der Tschechoslowakei werden Klöster nunmehr in — Gefängnisse umgewandelt.

Offenbar besteht nach dieser Art öffentlicher Einrichtungen steigende Nachfrage. Und zwar sehr dringliche Nachfrage, weshalb man bei der überfallsartigen Beschlagnahme zweier Prager Schwesternhäuser den Bewohnerinnen kaum 24 Stunden Zeit zur Räumung ließ.

Die Sprache, die aus dem Kreml und in der Kominformpresse gegen Jugoslawien — längst nicht mehr gegen Tito allein — geführt wird, hat den Vorzug der Unmißverständlichkeit für sich. So zum Beispiel, wenn jüngst das Bukarester ,Journal“, der Pressedienst des kommunistischen Informationsbüros, von der Belgrader Resistenz mit Ausdrücken redete, wie ,J a schistische Bestie als Amokläufer“. Dem Aufmarsch einiger russischer Panzerdivisionen im ungarischen Nachbar gebiete Jugoslawiens ist bisher kein weiterer Akt gefolgt. Da ein Angriff mit einer jugoslawischen Militärmacht von rund einer Million Mann wohlgerüsteter und tüchtiger Truppen rechnen kann, so vermögen denn auch jene russischen Truppenaufgebote kaum mehr als eine Demonstration zu gelten. Einer großen militärischen Unternehmung gegen Jugoslawien stehen große Hindernisse entgegen, abgesehen davon, daß die militärische Basis einer umfangreichen russischen Aktion weit zurückliegt. Vor allem deshalb, weil der Widerstand gegen den Imperialismus, der dem russischen Herrschaftsbestreben gegenüber den Vasallenstaaten innewohnt, im ständigen Wachsen auch außerhalb Jugoslawiens begriffen ist. Denn der auch vom Kommunismus nicht ertötete Nationalismus der slaivi- schen Vasallenstaaten reagiert immer schärfer auf die große ideologische Wandlung, die sich im Sowjetsozialismus vollzog: er war ausgezogen mit dem Bekenntnis zu einer marxistischen Internationale und hat sich gewandelt in ein nationalistisches und zentralistisches Staatssystem, das für seine Zwecke sogar die orthodoxe Staatskirche wieder auf gerichtet hat, für sich absolute Anerkennung fordert und keine noch so kleinen Götter in seinem Herrschaftsbereiche duldet. Als erstes mußte mit diesem System Jugoslawien in Konflikt kommen, das in seinen sechs Republiken sich ein stark national-autonomi- stisches Gebilde geschaffen hat. Hier mit militärischer Gewalt einen Ausweg zu suchen, wird sich Moskau voraussichtlich zehnmal überlegen.

Das neue ungarische Wappen, das außer Hammer und Sowjetstern, Weizenähre und Weizenkreuz und eine rotweißgrüne Schleife als Insignien zeigt, wird in einer offiziösen Aussendung folgendermaßen interpretiert: „Das bedeutet keine 1 Verwerfung der Traditionen, denn die ungarischen Kommunisten und im Verein mit ihnen die Volksdemokratie ‘ hegen und pflegen mit peinlichster Sorgfalt jede lebendige und e nt w i c klung Sr fähige Traditionder tausendjährigen ungarischen Geschichte Sie wachen darüber, daß die guten Traditionen nicht nur erhalten bleiben, sondern in der Volksdemokratie zu neuem Leben erstehen, mit neuem Inhalt erfüllt werden sollen.“ — Das klingt schon g efährlich titois tisch. Die Sektenbildung hat in den Vasallenstaaten Aussichten.

Da sage noch einer, daß wir nicht auf der Höhe der Entdeckungen und also des menschlichen Fortschritts angelangt sind. Einer Reutermeldung verdankt man die Kenntnis, daß der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation der UNO, Dr. Chisholm, auf einer Tagung in Saint-Geroue im Schweizer Jura am S. September eröffnete, man sei bereits bei der Herstellung von bakteriologischen Erzeugnissen angelangt, mit denen man unschwer in einem Kriege neunzig Prozent der ganzen Menschheit vernichten könne. Jeder Staat, der einige Bakteriologen besitze, die fanatisch genug seien, solche bakteriologische Erzeugnisse zu verteilen, so versichert Dr. Chisholm, sei militärisch jedem anderen Staat gewachsen. — Womit der Chef der Weltgesundheitsorganisation der UNO vermutlich zur Beruhigung der Welt sagen wollte, sie habe nichts zu fürchten, weil ohnehin an soviel Massenmordwaffen gearbeitet werde, daß niemand es wagen werde, damit anzufangen. Die Angst als Regulator des Weltfriedens. Kein moralischer Faktor und nicht einmal ein zuverlässiger.

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