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RANDBEMERKUNGEN zurwoche

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DIE VERHANDLUNGEN ZUR BILDUNG EINER I NEUEN BUNDESREGIERUNG folgen bisher im I Ijroßen und ganzen der üblichen Spielregel. I •Jach dem 13. Mai trat die Sozialistische Partei I zunächst am Platz. Neuwahlen? Mandatsver- I Schiebungen? Nie etwas davon gehört... ! i Warum soll eigentlich nicht alles beim alten ! bleiben? Dies ging eine Weile, doch bald er- : vannte man in der Löwelsfraße das Unreali-itische eines solchen Verhaltens. Die erste Taube : wurde also aus der Arche gelassen. Vizekanzler 5chärf wie Klubobmann Dr. Pitlermann gaben i/erbindliche Erklärungen an die Adresse des Verhandlungspartners ab. In diesen wurden gewisse Kardinaltorderungen der Volkspartei, die geeignet sind, die Omnipotenz eines einzigen Ministers über die verstaatlichten Betriebe zu beschneiden, Zumindestens nicht zurückgewiesen. Das Koalitionsgespräch schien also in Flufj zu kommen... „Zu rasch“ erklärten sofort die geübten Beobachter österreichischer Koalitionsverhandlungen. Der erwartete „Wettersturz“ und die cujf ihm folgende „Abkühlung“ stellte sich auch bald prompt ein. Von gewissen Kräften aus den Reihen der Sozialistischen Partei erfolgten einige Querschüsse. Die Reaktion von Seiten der Volkspartei war, man möchte sagen beinahe mathematisch, zu berechnen. Man holte die „Rute aus dem Fenster“. Als solche hafte schon seinerzeit der Obmann des VdU die Rolle seiner Wahlparfei im parlamentarischen Alltag bezeichnet. Was für die 14 VdU-Abgeordneten qalt, hat natürlich auch für die 6 Mann der FPOe Gülfigkeit. Kurzum: Die Volkspartei lud die FPOe zu einem Gespräch ein, nachdem man auch von sozialistischer Seite mit Artigkeiten gegenüber dieser Fraktion nicht gespart hatte. Von bestimmter journalistischer Seite erwartete man sich daraufhin „geballte Fäuste im Parlament“, hitzige Kampfabstimmunqen und anderes mehr. Der Verlauf der ersten Parlamentssitzung entsprach jedoch in keiner Weise einer solchen Panikmacherei. Soweit wären wir also mit allen faktischen Manövern und Winkelzügen, nun mufj es aber allmählich ernst werden mit der Bildung einer neuen Bundesregierung. Die Vernunft setze sich durch. Links und rechts. Vor Allem aber links! Sie allein verhindert, dah Kräfte on Ein-flufj gewinnen, die im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Bedeutung stehen.

DIE NEUERLICHE ERKRANKUNG DES AMERIKANISCHEN PRÄSIDENTEN läßt eine zweite Kandidatur Eisenhowers fraglich erscheinen, doch wäre es verfrüht, jetzt schon Spekulationen über die im November fälligen Präsidenfschaftswahlen anzustellen, Viel wichtiger — und für Europa viel entscheidender — sind die außenpolitischen Folgen, die sich daraus ergeben, daß Eisenhower für mehrere Wochen ans Krankenlager gefesselt sein wird. Der amerikanische Kongreß hat soeben das Auslandshilfeprogramm empfindlich gekürzt. Bundeskanzler Adenauer befindet sich in Washington, der US-Luftwaffenchef bereitet eine Moskaureise vor, Marschall Schukow wurde nach Washington eingeladen, ein Treffen Eisen-hower-Eden war vorbereitet worden: jedes einzelne dieser Ereignisse bedürfte der ungeteilten Aufmerksamkeit des amerikanischen Präsidenten, die meisten von ihnen seines persönlichen Eingreifens. Die Krankheit Eisenhowers hätte nicht ungelegener kommen können. Als Höhepunkt des, Wahljahres und als Höhepunkt der republikanischen Wahlvorbereitungen war eine verstärkte außenpolitische Aktivität für die Sommermonate geplant worden, während welcher Eisenhower mit seinem ganzen Prestige persönlich in die Weltpolitik hätte eingreifen sollen. Dies ist nun nicht möglich. Inwieweit es möglich sein wird, die von langer Hand geplante Revision der starren amerikanischen Deutschlandpolitik so lange hinauszuschieben, bis Eisenhower wiederhergestellt ist, wird sich nach der Rückkehr Dr. Adenauers aus Washington zeigen. Das ebenfalls gründlich vorbereitete amerikanische Eingreifen in die Konflikte des Nahen Ostens läßt sich nicht mehr aufschieben, und die Sowjetpolitiker werden die Krankheit des Präsidenten zweifellos für ihre Zwecke zu nützen wissen. Alles hängt nun davon ab, ob Eisenhower Regierungsteam auch weiterhin der Außenpolitik den Vorrang geben wird. Ein Ausschöpfen der nun plötzlich aufgetauchten innen- und wahlpolitischen Möglichkeiten könnte sich am 4. November, dem Tage der Präsidentschaffswahl, bitter rächen.

DIE RUSSEN DROHEN. Nicht so sehr mit der Wasserstoffbombe, sondern mit dem Geschäft. Lange, zu lange huldigte man im Westen der unheilvollen Meinung von der technischen Unferlegenheit der Russen, von ihrem Unvermögen, in Fragen des Geschäftes und der Herstellung international gängiger Waren beslehen zu können. Seit Jahren lieferte die Leipziger Messe den Gegenbeweis. Ob die Erfolge des Ostens der intensiveren Ausbeutung des Menschen zuzuschreiben sind oder der Vermeidung von Fehl-rafionalisierungen, ist unbedeutend. Tatsächlich sind nun die Russen und ihre Hilfsvölker dabei, mit der ganzen Weif, vor allem aber mit den Asiaten, ins Geschäft zu kommen. Der privat-wirtschaftlich geführte Beirieb muß, wenn er exportiert, zumindest seine Kosten hereinbekommen. Der Osten aber ist erheblich beweglicher, trotz der Efafisierung und Verbeamtung des Außenhandels, Das heißt:- Es werden auch Verlustgeschäfte abgeschlossen, wenn es die Belange der Politik erfordern. Denn das Geschäft hat für den Osten immer zwei Aspekte: Einen kommerziellen und vor allem einen politischen. Die politischen Motive der russischen Exportoffensive sind kaum dem Kundigen offenbar. Schon gar nicht den politisch wesentlich primitiveren, dem Kolonialslatus gerade entwachsenen Wirfschaftsführern Asiens. Daher nehmen sie dankbar langbefristefe Warenkredite. Mit Zinsfüßen von zwei Prozent. Die von den Russen gewährten Warenkredite sind nun differenziert. Nicht jedes Vorhaben wird unterstützt. Worum es den Russen geht, das isf die beschleunigte Schaffung von Produktionsmittel i n d u s t r i en in den unterentwickelten Ländern. Das heißt aber gleichzeitig: Züchtung eines neuen Proletariates. Die Konsumgüterindustrie bleibt zurück. Die Folge isf Unterversorgung, ist eine wachsende Spannung zwischen den neuen Herren und den aus dem Urwald zugeströmten Arbeitermassen, die ihre Bedürfnisse aus dem nicht erheblich gewachsenen Konsumgütervorrat nicht ausreichend befriedigen können. Die Asiaten erwachen. Aber in erster Linie nicht gegen die kolonialen Ausbeuter. Die sind über alle Berge. Sondern gegen ihre neuen Herren, die sie in einem Abhängigkeitsverhältnis zu halfen suchen, das antike Ausmaße hat. Allzu lange wurde der Kampf gegen den Kommunismus mit dem Argument der produk-tionsfechnischen Unterlegenheif geführt. Als ob die Staafswirfschaft notwendig ein geringeres Sozialprodukt liefern müsse, denn eine freie Wirfschaft, die es ohnedies meist, nur noch In den Bereichen des Kleinhandels und des Handwerks isf, während die Großbetriebe Weifhin durch Kartellierung und Konzernierüng in Unfernehmungsforrnen vereinigt sind, die den Charakter etatisfischer Wirtschaftsführung immer mehr annehmen. Was nun, wenn es dem Kommunismus gelingt, den von ihm Betreuten einen höheren Lebensstandard zu sichern, als ihnen der Westen zu bieten vermag? Warum sollte, das unmöglich sein? Man komme nicht mit der Freiheit. Im Osten hafte das Wort Freiheit' stets einen fatalen Klans, handelte es sich doch um eine Sache, mit der man nichts anzufangen wußte, um eine Ware, für welche das Könsum-wissen fehlte!

ISLAND — DAS HEISST SOVIEL WIE EISLAND.

Aber über kurz dürfte es dort, wo beziehungsreich die Vulktane auch rauchen, bald politisch wärmer werden und den Temperaturanstieg können die Staatskanzleien schon jetzt konstatieren. Der isländische Außenminister Gudmund-son hat zur Begründung seines Vorschlags im Althing (der Vereinigung von Ober- und Untei-haus) zwecks Aufhebung des amerikanischen Stützpunktes in Keflavik (einem Platz mit bloß 2000 Einwohnern an der Faxa-Bucht, aber sehr wichtig für den fransatlantischen und transpolaren Flugverkehr) erklärt, daß der Stützpunkt erledigt sei, weil auch der Atlantikpakt überholt sei. Seltsamerweise kommt diese Aeußerung von demselben Mann, der gegenwärtig den Vorsitz im Aflanfikpak hat. Und ebenso seltsam mutet es an, daß dieser Vorschlag etwa zur gleichen Zeit kommt, wo das dänische Königspaar Island besuchte (die Insel war bis 1918 in Personalunion mit Dänemark verbunden und ist jetzt selbständig) und dreifach seltsam, daß auch zur gleichen Zeit als Vorbereitung auf die Parlamentswahlen in Island sich eine Vereinigung der Kommunisten und Linkssozialisten, betitelt „Arbeiferallianz“, gebildet hat, was die nordische Tarnkappe für Volksfront ist. Ganz östlich ist man natürlich über die Lage wohlinformiert. Man billigt selbstverständlich die Liquidierung Ketlaviks, wie alles, „dem Frieden Entgegenstehendes liquidiert werden muß“. Die Besorgnisse Dänemarks um seine Sicherheit werden durch eine „Neutralitätsaktion“ aufgewogen. Der stellvertretende Außenminister der Sowjetunion, Gromyko, wies vor der Kopenhagener Studentenschaft gerade auf das mutige Beispiel Islands hin und sparte dabei keineswegs mit dem Wink auf den schwedischen Nachbar, der ebenso mutig sei (der Ministerpräsident Erlan-der war zu Gast in Moskau), und daß man gerne bereif sei, mit neutralen Staaten Sicherheitsverträge abzuschließen. Weniger erfreulich ist in diesem Zusammenhang der kühne Sprung vom Norden nach Süden und der Hinweis auf die „von den Großmächten garantierte Neutralfiät Oesterreichs“. Wir sind nicht Im Zuqe von Krieasereignissen zu einem Stützpunkt deklariert worden; wir besitzen einen Sfaafs-verfrag, der die Unabhängigkeit wiederherstellt. Eine echte Unabhängigkeif ist jedem zu gönnen. Man kann aber die Lage in Island ei aller politischen Trapezkunsf mit der unseren nicht vergleichen.

Aus kulturellen Vereinigungen

Wiener Katholische Akademie. 18. Vt.. n Uhr: Professor Andre Espiau de La Maestre: „Paul Claudel et le catholicisme.“ — 18 Uhr- P. Lambert Koch: „Einführung In die Fundamentaltheologie.“ — Dr. Heinrich Peter: „Christliche Erziehungslehre.“ — 19 Uhr: P. Alois Selzer: „Genesis und Analyse der Heiligenlegenden in historisch-psychologischer Betrachtung.“ — 19. VI., 17 Uhr: Dr. Rudolf Till: „Die Geschichte Wiens.“ — 18 Uhr: Dr. Ulrich Schöndorfer: „Die .christliche Philosophie der Neuzeit.“ — Dr. Walter Buchowiecki: „Die italienische Kunst des 15. und 16. Jahrhunderts.“ — Dr. Karl Hörmann: „Die gegenwärtige Stellung der Kirche zu Krieg und Frieden.“ — 19 Uhr: DDr. Alexander Dovdett: „Kirche und Staat.“ — Dr. Erwin Ringel: „Pastoralmedizinische Kasuistik.“ — Prof. M. M. Röder: „Italien und der östliche Mittelmeerraum.“ — Dr. Erwin Hesse: ..Die Apokalypse des hl. Apostel Johannes.“ — 20. VI., 17 Uhr: Dr. Friedrich Billicsich: „Die Weltanschauung der großen griechischen Tragiker.“ — P. Severin Grill: „Das Alte Testament im Lichte der Literar- und Textkritik.“

_ 18 Uhr: „Dr. Hans Asperger und Dr. Hans Moritz:

„Seminar für Erziehungsberatung und Schulpsychologie.“ _ 19 Uhr: Dr. Rainer Schubert-Soldern: „Die Philosophie des hl. Thomas von Aquln.“ — Dr. Gerhart Egger: „Die Kunst der Gotik.“ — St VI., 17 Uhr: Dr. Robert Muhlhcr: .Mozart in der schönen Literatur.“ — 18 Uhr: Abt Dr. Hermann Peichl: „Das Neue Testament. Das Evangelium des hl. Markus.“ — 19 Uhr: Dr. Josef Lappas: „Die Geschichte der Päpste. Von Gregor VII. bis Bonifaz VIII.“ — Dr. Ing. Otto Schottenhammel: „Die architektonischen Leistungen bei den Bauwerken In Ephesus.“

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