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Randhemerhungen zur wocbe

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MIT DEM ERFOLGTEN WIEDERAUSTAUSCH DIPLOMATISCHER VERTRETER von Botschafterrang zwischen Spanien und den Mächten des Westens ist der erste Schritt der Abkehr von einer Politik getan, deren Planlosigkeit den späteren Geschichtsforscher, mehr noch als den zeitgenössischen Beobachter, in Staunen versetzen wird. Denn der Beschluß der Vereinten Nationen, ihren Mitgliedern die Abberufung der in Madrid akkreditierten Missionschefs zu empfehlen, wurde im Jahre 1946 gefaßt, zu einer Zeit also, wo sich an Stelle des zu Boden geschlagenen faschistischen Imperialismus eine neue und noch größere Gefahr für die friedliche Welt bereits deutlich abzuzeichnen begann; eine Gefahr, der gegenüber bis dahin nur Spanien, allein unter den Staaten Europas, die Widerstandsprobe schon bestanden hatte. Der diplomatische Kleinkrieg, den die Westmächte und viele andere der Vereinten Nationen mit jenem Beschluß eröffneten, verfehlte seinen angegebenen Zweck, so die Demokratisierung des Franco-Regimes zu erzwingen. Der den spanischen Nationalstolz verletzende Versuch fremder Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes verstärkte im Gegenteil den Anhang des Caudillo nicht unerheblich, denn selbst im Lager der Sozialisten und Liberalen mehrte sich nun die Zahl jener, denen die nationale Diktatur, mit allen ihren Härten und sonstigen Fehlern und Gebrechen, immer noch erträglicher schien als der Gedanke einer fremden Bevormundung, die überdies das schreckerregende Gespenst eines neuerlichen Bürgerkrieges in sich bergen konnte. So war es nicht das Regime, das Schaden genommen hätte, sondern die breite Masse des spanischen Volkes, das, durch einen dreijährigen grausamen Bruderkampf erschöpft und verarmt wie es war, von jedem Anteil an den Hilfen ausgeschlossen blieb, die so vielen anderen Nationen zum Zwecke ihres Wiederaufbaues und der Heilung ihrer Wunden zur Verfügung gestellt wurden. Es wäre ein Gebot der Gerechtigkeit wie der Realpolitik, es nicht bei dem nun vollzogenen Akt internationaler Höflichkeit bewenden zu lassen. Wenn am Beratungstisch der UN Platz ist für die Vertreter der „Volksdemokratien“ des Ostens, dann muß dort auch Platz gefunden werden für den Repräsentanten jener großen Nation des Westens, die einst schwere Opfer für den christlichen und den abendländischen Gedanken gebracht hat und die auch heute willens und imstande wäre, der so schwächlichen Organisation der westeuropäischen Staaten die Reserve an Mut, innerer Geschlossenheit und zielbewußter Kraft zuzuführen, deren sie dringend bedarf. ,

DIE ÖSTERREICHISCHEN STUDENTEN haben gewählt — zum viertenmal nach der Wiedereröffnung der österreichischen Hochschulen im Frühjahr 1945. Es waren nicht mehr die alten Studenten der ersten Nachkriegsjahre, die Heimkehrer von der Front und aus den Gefangenenlagern, die diesmal zu den Urnen gingen. Neue Jahrgänge gaben in einer Zeit, die sich in vielem von 'der ersten Nachkriegszeit unterscheidet, ihre Stimme ab. Die so2iale Not der jungen Akademiker hat sich verdichtet, die Abwanderung wertvoller Lehrkräfte sowie die oft bedauerlich geringe Aufgeschlossenheit seitens Berufener gegenüber wissenschaftlicher Arbeit und Leistung wirkt auch nicht ermutigend. Neue alte Kreise meldeten sich, begünstigt durch die Entwicklung und durch eine großzügige Wahlordnung. Es war kaum zweifelhaft, daß dies alles zu Lasten jener Gruppe fallen mußte, die durch fünf Jahre beinahe ausschließlich die Verantwortung für die studentische Selbstverwaltung getragen hat. Allein der Ausschlag des Barometers, das Auskunft übe die junge akademische Generation zu geben imstande ist — die Hochschulwahlen —, ist zwar nicht zu übersehen, er entspricht aber in keiner Weise einem Vergleich mii studentischen Wahlgängen der Zeit zwischen beiden Weltkriegen. Allein an zwei Stellen konnten neue Gruppen stärkere Erfolge erzielen. Auf der Tierärztlicher Hochschule in Wien meldete sich laut dlt national-liberale Fraktion und bei den Medizinern der Universität Wien trat eir Fachverband, der bisher jede grundsätzlicht Stellungnahme vermied, stärker in Erscheinung. Interessanter aber als ein Vergleich der für die einzelnen wahlwerbenden Organisationen abgegebenen Stimmen ist eil Blick auf eine andere Zahlenkolonne. Diese verrät, daß an der Universität Wien vor 7839 wahlberechtigten Hörern nur 4778 gewählt haben, in Innsbruck von 1739 ledig-lieh 955 und an der Wiener Hochschule fü\ Welthandel machten von 1331 gar nur 651 von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Dies Wahlenthaltungen geben zu denken. Mai kann sie nicht allein aus „Lethargie“ unt „PolttikmücMgkett“ erklären. Man muß sie? schon bemühen, nach ihr em tieferer Grund zu forschen. Hier wird mar auf jenes dumpfe Gefühl der Ausgeliefert-heit, der Einsamkeit in einem harten Existenzkampf stoßen, dessen Gefahren gerade in diesem Blatt wiederholt aufgezeigt wurden. Das ist die Situation, in der die Extreme von. links, und jetzt schon wieder recht deutlich auch von rechts, nicht nur um die Stimmen, sondern auch um die Herzen der jungen Menschen werben. Bis jetzt mit keinem durchschlagenden Erfolg. Aber erhöhte Aufmerksamkeit der nachrückenden Generation gegenüber, verbunden mit einer mutigen Inangriffnahme und Lösung der Berufsprobleme des geistigen Jungarbeiters, ist geboten. t

DEM BESSEREN VERSTEHEN ZWISCHEN ARBEITGEBER UND ARBEITNEHMER gilt ein bemerkenswerter, in dieser Art zum ersten Male geschehener publizistischer Versuch, der soeben in Wien gestartet ist: es wird da unternommen, in enger sympathischer Nüchternheit der Interessenverbundenheit zwischen Unternehmer und Arbeiter, eine fast schicksalhafte, nur zu oft verkannte Gemeinschaft, praktisch und gemeinverständlich in Wort und Bild, Ernst und Humor zu zeigen und darzutun; wie moderne Leistungsfähigkeit des Maschinenparks, eine darauf gerichtete innerbetriebliche Wirtschaftspolitik, richtig geleitete Investitionen, dem gemeinsamen Nutzen, der Sicherheit guter Löhne, Neueinstellungen und höherem Lebensstand, zu Mehrbeschäftigung des Arbeiters dienen können. An gegebenen Beispielen wird die Frucht verständnisvollen Zusammenwirkens zwischen Arbeitgeber und der baugenossenschaftlichen Vereinigung seiner Arbeiter zu modernen Siedlungsbauten und gutem Wohneil der Arbeiterfamilie gezeigt und wie eine Kücheneinrichtung mit neuartigen Hilfsgeräten billig ergänzt werden kann; an Arbeitgeber wie Arbeitnehmer ergeht der Appell, Platz zu schaffen für die Heranbildung der Jugend usw. Als Urheber dieser „Industriezeitung der Werktätigen“, die der Aussprache und dem Wunsche, zu überzeugen, und dem gegenseitigen Vertrauen nützen will, tritt ohne Versteckenspiel die Vereinigung österreichischer Industrieller auf. Es wäre viel gewonnen — über die Räume von Industrie und ihre Arbeiterschaft hinaus —, würde dieser auch soziologisch interessante Versuch eines Näherkommens einer tmsthaften Prüfung begegnen. *

BRST 3300 SÜDTIROLER REOPTANTEN haben bis Ende des Vorjahres in ihre Heimat zurückkehren können. Bald fünf Jahre nach dem Abschluß des Abkommens über die Autonomie für Südtirol und den Tren-tino darf dieser Prozentsatz gegenüber den rund 60.000 Südtirolern, die sich Mitte 1950 allein in Österreich au/hielten und von denen etwa 40.000 um Wiederverleihung der italienischen Staatsbürgerschaft angesucht haben, wahrhaftig nicht als gerade sehr erheblich bezeichnet werden. Auch sind die Schwierigkeiten, die dazu führten, daß die römischen Zentralstellen die Verfahren zur Wiedereinbürgerung der Südtiroler einige Zeit hindurch stillgelegt haben, seit geraumer Frist einvernehmlich • gelöst worden und so erhofft man jenseits des Brenner für 1951 immerhin etwa die doppelte Anzahl weiterer Rücksiedler. Der b'isher nur langsame Fortgang der Rücksiedlung scheint freilich auch andere Gründe zu haben. Als einziges Gebiet Italiens ist Südtirol noch ohne gewählte Gemeindevertretungen, da die römische Regierung gegen die vom Bozener Landtag beschlossene Wahlordnung für die Südtiroler Gemeinden Einspruch erhob, wie übrigens mit einer einzigen Ausnahme gegen sämtliche anderen, von den Landtagen Südtirols und des Trentino beschlossenen Landesgesetze. Seit kurzem ist auch die Arbeit der paritätischen Kommission ins Stocken geraten, welche die Durchführungsbestimmungen zum Autonomiestatut ausarbeiten soll. Auf ihrer Anfang Jänner in Bozen abgehaltenen Tagung hat nun die Südtiroler Volkspartei beschlossen zur „Vollverwirklichung der Autonomie“ in Zukunft mit der unabhängigen christlichsozialen Richtung des Trentino zusammenzuarbeiten. Der Beschluß wird als Reaktion gegen „nationalistische Strömungen“ unter den Trentiner Demochristiani gedeutet nachdem unter diesen bei der Neuwahl zum Vorsitz im Regionallandtag Anzeichen einet inneren Spaltung aufgetreten waren. Der Ausgleich alter Gegensätze braucht Zeil und seine Verwirklichung erfolgt nur seiter geradlinig. Der Gegensatz zwischen zen-tralistischen und föderalistischen Kräftet erstreckt sich freilich auf das ganze Staatsgebiet Italiens und geht nicht nur im Trentino auch durch die Reihen der Christlicher Demokraten. Es fällt aber schwer, anzunehmen, daß es gerade der mit der Wahrung gesamtstaatlicher Interessen betrauter Partei des Trentiners De Gasperi dazu ar autem Willen manaeln sollte.

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