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Randhemerkungen zur woche

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DEN SPORT IN EHREN. Er dient gewiß nicht nur der körperlichen Ertüchtigung, sondern, in rechtem Maße geübt und verstanden, einer gesunden, der Verweichlichung, dem Genupieben abgewandten Charakterbildung. Er verdient deshalb alle Förderung und kann der Uberschwenglich-keiten entbehren, die man dieser Tage in der Budgetdebatte von einem trefflichen, sportbegeisterten Volkspartei-Abgeordneten zu hören bekam; er fand, daß mit jedem für die Sportförderung ausgegebenen Schilling ein Vielfaches an Ausgäben für Zuchthäuser und Krankenanstalten erspart werde. Der Sprecher folgerte daraus, es müsse „unter allen Umständen, davon Abstand genommen werden, Sporttotogelder für kvi.lt ur eil e Zwecke heranzuziehen“. Das würde also besagen, daß Wissenschaft, Kunst, Musik und Literatur weniger zur Bekämpfung von Verbrechen und Krankheiten heimtragen vermögen als etwa Fußball, Tennis, 'Schwimmen und Boxen. Man darf wohl annehmen daß die zitierte parlamentarische Hyperbel der Hitze des Gefechtes entsprungen ist und nicht einer These, bei Welcher der Redner bis zur letzten Silbe durchhalten wollte. — Eine andere Betrachtung erschiene dienlicher: Die österreichischen. Sp.ortverbände können, sehr im Gegeiisatz zu wissenschaftlichen und künstlerischen Verbände, vielfach geradezu als wirtschaftlich sat\\,r\ert bezeichnet werden. Echter Sportgeist — cjer Stärkere helfe dem Schwächeren! — müßte geradezu empfehlen, aus den riesigen Einnahmequellen des Sporttotos ein Büchlein in die van materieller Verkarstung bedrohten Gefilde der Künste und Wissenschafion zu lenken.

THEOLOGISCHE DISKUSSIONEN, . in denen sich die Gegensätze begegnen, Auseinandersetzungen, nicht über Nebensächliches und Äußerliches, sondern auch über wesentlich Trennendes, wird es in der Christenheit immer geben müssen, so lange nicht letzte Schranken gefallen sind, sonst gäbe es auch nie Annäherung und Verständigung. Das Letzte. Entscheidende wird der Christ immer der Gnade, anheimgestellt wissen. Aber außerhalb des wissenschaftlichen und des dogmatischen Raumes gibt es noch ein Nebeneinander und Zueinander der Christenheit, in dem vieles Lebenswichtige beschlossen ist, zumal in einer sehicksalsschwangeren Zeit wie der heutigen. Es war deshalb wohltuend wahrzunehmen, daß selbst .in dem theologischen, als Broschüre erschienenem Gutachten, das der evangelische Theologe der Heidelberger Universität, Professor Dr. Edmund Schlink, als das Ergebnis der Gespräche ptote-stantischer Theologen über die in der katholischen Kirche erfolgte Dogmali-sierung der Assumptio Mariae niederlegte, an den Eingang der vom protestantischen Standpunkte aus erfolgten kritischen Untersuchung eine warmherzige Bezeugung für die im Sturm und Drang der Gegenwart erwartete Annäherung und gegenseitige Hilfeleistung gestellt wurde. Tröstlich war es da zu hören, daß „evangelische Christen in gemeinsamer Not die Stimme des guten Hirten in Zeugnissen der römischen Kirche vernahmen, ohne sie bisher dort erwartet zu haben. Und Entsprechendes bezeugen uns Glieder der römischen Kirche“. Daß solche Sätze und noch mehr einer dogmatischen Darlegung vorausgingen, die einem Kontrapunkt zur nun kanonisierten katholischen Lehre darstellen sollte, kann nicht überhört werden. Zumal nicht in Österreich, wo ein namhafter evangelischer Theologe, der Wiener Universitätsprofessor Doktor Kuhnert, in einer Tageszeitung zur Sache maßvoll und vornehm Stellung bezog. Dem Gutachten Schlinks sind zahlreiche protestantische Veröffentlichungen nach der Dogmenverkündung gefolgt, die das Gegensätzliche mit aller Deutlichkeit markierten; dazwischen meldeten sich auch. Stimmen, die mit Bedacht das große Gemeinsame zeigten. Ohne die oder jene Einzelstimmen überschätzen zu wollen, sei es doch vermerkt, daß die von dem Stuttgarter evangelischen Verlagswerk herausgegebene weitverbreitete Wochenschrift „Christ und Welt“ in Nr. 45 einer maßvollen Darlegung des Standpunkts protestantischer Theologie eine ausführliche Argumentation von theologischer, kathoUscher Seite folgen läßt. Es wird ja in der Tat auch nicht zu vergessen sein, daß noch gewichlipere dogmatische Unterschiede, als sie durch die dogmatische Verkündigung der Himmelfahrt Maria betont wurden, schon vorher bestanden haben und zum Glück nicht von den fruchtbaren geme.nsamen Erkenntnissen abhalten konnten, welche in den teilten Jahren in dem gegenseitigen Verhältnis einen erfreulichen Wanrjel geschaffen haben. Es sind Blutsverwandte, Brüfler in Christus, die sich in einer Zusammenarbeit für gemeinsame Aufgaben und gegen gemeinsame Gefahren gefunden, und nicht etwa für eine Verwischung dogmatischer Gegensätze, deren Überwindung aus dem menschlichen Tun und Wünschen in die übernatürliche Sphäre hinreinreicht. JSs geht darum, in gemeinsamem christlichen Geiste Gewonnenes zu bewahren und, wo erreichbar, zu vermehren.

.PLANE FÜR ZUKUNFTIGE „WIENER FESTSPIELVERANSTALTUNGEN“ wurden nunmehr der Öffentlichkeit zur Kritik vorgelegt. Sie beseitigen erfreulicherweise die meisten der Befürchtungen, die man diesem Projekt als einem, das die Reihe der österreichischen Festspiele und Festwochen noch vermehren würde, entgegenbringen mußte. So ist die sorgliche Scheidung der Veranstaltungen in frühjährliche „Feste hoher Kunst“ und das volkstümliche „September-fest“ durchaus zu begrüßen, denn nichts ist bei solchen Anlässen wünschenswerter als Wahrung der Wertkategorien. Was nun die „Faste hoher Kunst“ betrifft, so ist der Vorschlag, sie jeweils einem zugkräftigen und tragfähigen Leitgedanken — wie beispielsweise den Namen Schuberts — unterzuordnen und das Programm auf ihn abzustimmen, höchst vernünftig und überdies sehr geeignet, dem Projekt seinen eigenen Stil zu vefteihen, der. es etwa von den Salzburger Festspielen zu beider Vorteil unterscheiden könnte. Im Zusammenhang damit sollen mit Preisen dotierte künstlerische .Wettbewerbe für junge Autoren, Komponisten und bildende Künstler stattfinden, besonders wertvolle Filme gezeigt, tcp.be-katuife alte Meisterstücke dar Musik zum Leben erweckt werden. alles das sind gute und not wendige Pläne, denen man entsprechende Realisierung wünsclxen machte. — Weniger glücklich erscheinen die Absichten, die man-bezüglich des „Septemberfestes“ hegt. Gewiß; es soll eine „Sache ('es- Volkes“, also der breiten Massen werden: Festauffiihrungen Wiener Operetten, Volksstüeke auf den Sprechbühnen: us-gezeichnet. Ein „Wettbewerb der Blasmusik-kapcllen“ wxfä gerne hingenommen. Ein „großes Weinlesefest“ und seihst noch eine „dreifache Alf-Wiener-Hochzeit“ sind angängig. Aber Progrcmrmpunkfe wie „Preis-köpfeln unserer bekannten Fußballer“, „Heitere Tierdressuren“, „Speisenträger-Wettlauf“ und ähnliche dürften auch einer wohlgesinnten Kritik Schwierigkeiten biete. Selbst ein heiteres Volksfest muß heute — vielleicht: leider — ernst genommen wer-

'den, wenn es nicht den Anstrich desLächer-lichen erhalten will. „Volkstümlich“ ist nicht gleichbedeutend mit „mindewerlig“.

ANGESICHTS DER SEHR ERNSTEN LAGE AN DER MANDSCHURISCHEN GRENZE wird von beachtlicher amerikanischer Seite erwogen, der chinesischen These von einer amerikanischen Aggression gegen China einen drastischen Gegenbeweis durch die Schaffung einer von Seiten der VN-Truppen zuzusagen entmilitarisierten Zone längs des Y alu enfgegen-zusetzen, einen Gürtel, über dessen südliche Grenze die Operationen von seifen der amerikanischen beziehungsweise UN-Truppen nicht hinausgehen würden. Es kann hier daran erinnert werden, daß 1915 Österreich- Ungarn in dem Krieg gegen Italien' eine solche Operation vornahm, indem die aus Siebengemeinden heraus gegen die Poebene siegreich geführte Offensive p!ö(;lich abgestoppt und, vom Feind unbemerkt, die Front über Nacht in rückwärtige Stellungen zurückgenommen wurde, so daß die Italiener plötzlich keinen Gegner mehr vor sich sahen. Die aus Rücksicht auf andere Fronten durchgeführte Maßregel hatte eine längere V/a/.feiirune an der T i r o l e r F r o n t zur Folge. Bai der Rolle, die heute der Luftwaffe zukommt, müßte eine solche Neutralisierung .rtj-ischen -u;ei Fronten auch zur Voraussetzung haben, daß diese Zone nicht überflogen werden dar.

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