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„...reichlich unnütz, über ungelegte Eier zu gackern“

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dieFurche: Fällt der ÖVP zu Haiders Liebeswerben um katholische Wähler nicht mehr ein, als zu sagen, die Christen wüßten ohnedies, wo sie am besten aufgehoben sind?

Andreas Khoi.: Ein bißchen mehr ist uns schon eingefallen ...

dieFurche: ...der Kindruck war jedenfalls: „kein Grund zur Aufregung''

Khol: ... richtig, Gelassenheit, eine ganz bewußte Gelassenheit; denn, wenn die FPÖ ihre militante antikirchliche Haltung aufgibt, so ist das ein Nach vollziehen der Mariazeller Erklärung von 1952 - „freie Kirche im freien Staat" und ein Refolgen der Aufforderung von Kardinal König in den sechziger Jahren, Christen sollten sich in allen politischen Parteien engagieren und christlichen Werten zum Durchbruch verhelfen. Wie christlich eine Partei ist, mißt sich außerdem an den drei P's, dem Programm, den Personen und der Praxis. Das was da unter „wehrhaftes Christentum" niedergeschrieben wurde, ist erstens noch nicht Programm, da gibt es einen heftigen Widerstand - und über ungelegte Eier zu gackern, ist reichlich unnütz -, und zweitens bedeutet das ja noch nicht, daß man dann auch Politik aus christlicher Verantwortung heraus betreibt. Was die Personen angeht, so weiß ich daß Ewald Stadler praktizierender Christ ist; es gibt aber andere, die auf einem ganz anderen Ast sitzen, das muß man sich ganz genau anschauen. Und die Praxis, da gilt das Bibelzitat „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen". Und da gibt es einiges: die Freiheitlichen haben zugestimmt, daß der Blasphemie-Paragraph fällt, sie haben beim Paragraphen 209 das Vereins- und das Werbeverbot für homosexuelle Aktivitäten zu Fall gebracht, sie haben dagegen gestimmt, das Beligions-bekenntnis auf dem Meldezettel zu verzeichnen, was für die Kirchen ganz wichtig ist u.s.w.

dieFurche: Tatsache ist, daß es Haider bis jetzt immer gelungen ut, neue Zielgruppen als Wähler zu gewinnen Das hat bei den Aufsteigern und Yup-pies begonnen und ging zuletzt bis zu den Unterprivilegierten - die FPO als die besseren Sozialdemokraten Warum sollte die Rechnung bei den Katholiken nicht aufgehen?

Khol: Weil die Katholiken kritische Wähler sind und sich nicht so leicht mit dem Kapp] einfangen lassen.

dieFurche: Nun ist die Annäherung FPOKirche ja keine Einbahn Es hat ein Bishof, der allerdings behauptet, er sei nicht allein, sehr deutliche Signale in Richtung Freiheitliche gesandt Was sagen Sie denn da inlmlt-lich dazu als einer, der dem kirchenpolitischen Kurs Kurt Krenns jedenfalls näher steht, als viele andere in Ihrer Partei ...

Khol: ... das ist eine glatte Unter-Stellung. Ich habe mich zum Kurs Krenns überhaupt nicht geäußert, mein Rischof ist der Reinhold Stecher in Innsbruck, und ich äußere mich grundsätzlich nicht zu kirchenpolitischen Fragen.

dieFurche: Gut, lassen wir das Persönliche weg; aber bestehen bleibt, daß Bischof Krenn sehr deutlich auf den FP-Programmentwurf reagiert hat

Khol: Ich würde sagen, das ist eine nicht zu begrüßende Konsequenz der Remühun-gen Stadlers. Womit natürlich Krenn schon recht hat, das ist, daß es keine Äquidistanz der Kirche zu den Parteien gibt, sondern daß die Kirche zu den Parteien je nach deren Politik näher oder ferner steht.

dieFurche: Auch die SPÖ scheint die Christen wiederentdeckt zu haben Wie beurteilen Sie den Vorstoß von Bundesgeschäftsjuhrer Rudas, der gemeint hat, engagierte Christen seien ein Partnerfür die SPÖ?

Khol: Als unhistorisch und tölpelhaft. Das Verhältnis der SPÖ zur Kirche wurde schon unter Rruno Kreisky klargestellt. Und es bestand überhaupt kein Grund, sich hier in den Wettlauf der Rotschaften einzureihen.

Das Gespräch führte Budolf Mitlöhner.

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