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Salzburgs Streit um Mandate

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„Das Programm ist verpflichtend. Von dein jungen und neuen Kräften erwarten wir uns Impulse in der praktischen Durcihführung“, erklärte der Salzbunger Landeshauptmann DDr. Lechner, Spitzenkandidat der ÖVP für die Salzburger Landtagswahlen am 23. März. Bei einer Pressekonferenz im „österreichischen Hof“ mit direktem Blick auf das Wahrzeichen, die Feste Hohen-salzburg, platzte ein Teil der Bombe eines internen Tauziehens um die Landtagssitze der bisher stärksten Salzburger Fraktion. Zwar präsentierte die Salzburger ÖVP mit dem 26 j ährigen Universitätsassistenten Dr. Helmut Schreiner und dem 30jährigen Dr. Helmut Schuster sehr junge Kandidaten in aussichtsreichen Plätzen: „Das Durchschnittsalter der Kandidatenliste der ÖVP beträgt 44 Jahre“, erklärte Nationalrat Glaser dazu, aber verschiedentlich war man mit der zwei Monate vor den Wahlen präsentierten Kandidatenliste innerhalb der ÖVP nicht ganz zufrieden.• So kritisierte die Jugend innerhalb der Partei, daß viele junge Kandidaten in aussichtslosen Listenpositionen aufscheinen.

• die bisher einzige weibliche Landtagsabgeordnete und Salzburgei Stadlträtin wurde entgegen ihrem eigenen Willen aus der Landtags-liste ausgebootet,

• und der Wirtschaftsbund war unzufrieden damit, daß es ihm innerhalb der 15 Mandate, die bisher die ÖVP innehatte, nicht vergönnt war, ein weiteres Landtagsmandat zu besetzen.

Zwar rechnen sich der Führer der österreichischen Jugendbewegung, Franz Spann, mit 44 Jahren der älteste Jugendbewegungführer in Österreich, und der ÖAAB-Kandidat Hans Ungar, 51, und Johann Eder, ein „Newcomer“ aus den Reihen des Bauernbundes, Chancen aus, auf jene Plätze zu rücken, die frei werden, wenn die Spitzenkandidaten, Landeshauptmann Dr. Lechner, Lan deshauptmannstellvertreter Doktor Haslinger und Landesrat Wolfgruber, als Landesregierungsmitglieder auf ihre Mandate verzichten, für Weiser reichte es aber nicht einmal zu einem Platz auf dem unteren Listenende, der ihr ermöglicht hätte, später einmal auf ein Mandat im Landtag oder auf einen Landesregierungsposten aus dem Stadtsenat von Salzburg zu wechseln. Weiser, von der Landeshauptmann Dr. Lechner selbst sagte, sie sei eine der geistigen Potenzen des Landtages in Salzburg, wurde jedoch von der Landesparteileitung dazu verdammt, weiterhin im Stadtsenat als Stadträtin zu wirken. Sie selbst wäre gerne wieder in ihre Landtagsarbeit zurückgekehrt, um so mehr, als sie sich innerhalb des Sbadtkollegiums nicht nur Freunde gemacht hatte.

Daß sie sich doch schließlich für die Stadtsenatsfunktion überreden Heß, führt man parteiintern darauf zurück, daß angeblich die Landesparteileitung ihr nach dem Ausscheiden Dr. Haslauers aus dem Salzburger Stadtrat den Posten das Vizebürgermeisters versprochen hatte. Hier soll sie allerdings an der nicht gerade freundlichen Stimmung für sie innerhalb der ÖVP-Gemeinderatsfraktion gescheitert sein, die den langjährigen Klubobmann Dr. Franz Kläring zum Haslauer-Nachfolger kürte.

Damit war nämlich die zweite Vorwahlkampfprobe innerhalb der ÖVP in Salzburg geplatzt. Dr. Willfried Haslauer, einer der dynamischesten Salzburger Politiker und Wirtschaftsfachleute — auch über die Grenzen dieses Bundeslandes hinaus bekannt, verzichtete nach zweijähriger Amtszeit auf seinen Posten als Vizebürgermeister, weil er ebenfalls wie im Falle Weiser einer ÄmterkumuMerung (er ist Landtagsabgeordneter und auch Kammeramtsdirektor der Kammer der gewerblichen Wirtschaft) aus dem Wege gehen wollte. Haslauer als Nummer sechs auf der ÖVP-Liste auf einem absolut sicheren Mandatsplatz wird allerdings erst im Verlaufe des Jahres 1969 aus dem Salzburger Stadtsenät ausscheiden. Auf ihm ruht, wenn man informierten Kreisen Glauben schenken darf, die Hoffnung der ÖVP für die Zukunft. Meint doch sogar der derzeitige Spitzenkandidat, Landeshauptmann Dr. Lechner, er werde Haslauer sicher heranziehen, wenn er irgendwo in einer höheren Position gebraucht werde. So gilt es allgemein als sicher, daß der 43jährige Wirtschaftsbundpolitiker, der vor Jahren Österreichs jüngster Kammeramtsdirektor war, nach Möglichkeit für die übernächste Legislaturperiode als Spitzenkandidat und Landeshauptmann aufgebaut werden soll. Daran dürfte Haslauer nicht einmal durch die Tatsache verhindert werden, daß er nicht ÖAABMitglied, sondern dem Wirtschaftsbund zugerechnet wird. Während Haslauer also seinen Posten zum Unterschied von Stadtrat Weiser wieder erhalten hat, wird die nach Meinungsumfragen in Salzburg an zweiter Stelle in der Beliebtheitsliste aller Politiker liegende Stadträtin durch die unprofilierte 49jährige Annemarie Dengg, bisher Gemeindevertreterin in Sankt Johann im Pongau, abgelöst werden. Ebenfalls nicht mehr im Salzburger Landtag ist der bisherige Abgeordnete Rettenbachler, um den es gleichfalls parteiintern ein großes Tauziehen gegeben hat. An seine Stelle tritt der Gollinger Transportunternehmer und Gemeindevertreter Ingenieur Josef Steiner. Zwar hatte schon wenige Tage zuvor die ÖVP das Wahlprogramm verabschiedet und an die Presse verteilt. Die eigentlichen Bomben platzten aber mit der Kandidatenaufstellung. Zwar kam es an der Spitze der ÖVP noch zu keinen Veränderungen, und Lechner, von dem man vor Jahresfrist gesagt hat, er werde aus gesundheitlichen Gründen keine weitere Legislaturperiode mehr auf sich nehmen, präsentierte sich seinen Parteigenossen wie den politischen Gegnern dynamischer und entschiedener denn je zuvor. Er sei schließlich erst Sechsundfünfzig und werde die nächste Legislaturperiode auf jeden Fall voll auf sich nehmen, wenn er weiterhin auf eine ÖVP als Mehrheitsfrakition glestützit arbeilten könnte, erklärte er und wischte damit sämtliche Nachfolgegerüchte und Rücktrittsspekulationen vom Tisch.

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