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Sanierung der Fassade

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Sechsundvierzig Bischöfe waren vermutlich ebenso begeistert wie befremdet: Was mag es den Kollegen, Erzbischof Paris Graf Lo- dron, gekostet haben, die Front seiner gewaltigen Domkirche über und über mit Marmor verkleiden zu lassen? Am 25. September 1628 wurde der barocke Dom mit seiner spektakulären Fassade geweiht. Zum größten Kirchweihfest, das die Bewohner der kleinen Stadt Salzburg je erlebt haben, waren also sechsundvierzig Bischöfe geladen. Doch keiner der hohen geistlichen Herrn hat vom Landesfürsten eine Antwort bekommen auf die naheliegende Frage, wieviel denn die kostbare Verkleidung seines Domes wohl gekostet habe. Bis heute ist dieses „Geheimnis“ nicht gelüftet worden: Keine Rechnung, kein Handwerkervertrag ist erhalten geblieben: Nicht einmal die Künstler, denen die heutigen Jedermann-Re- gisseure ihre einzigartige Kulisse verdanken, sind namentlich bekannt - Erzbischof Paris Graf Lodron scheint alle Unterlagen vernichtet zu haben.

Geschichten um die Geschichte des Salzburger Domes gäbe es genug — nur kurz sei erinnert an die Zerstörung der Domkuppel am 16. Oktober vor genau fünfzig Jahren beim ersten Luftangriff auf Salzburg - aber auch die Geschichte der Gegenwart hat seine Dramatik, denn das größte Marmorbauwerk Österreichs ist in Gefahr.

Den gesamten Kriegswinter 1944/45 hindurch blieb die zerbombte Kuppel (die amerikanischen Piloten wollten eigentlich den Bahnhof treffen) eine „offene Wunde“. Vierzehn Jahre dauerte - und 1,2 Milliarden Schilling kostete - allein der Wiederaufbau. Am 1. Mai 1959 erst wurde der Dom zu Salzburg wiedereröffnet. Für die Renovierung der Schäden am Äußeren des Domes waren keine Mittel mehr geblieben. Eine „Runderneuerung“ wäre allerdings dringend nötig gewesen, denn allein die „Generalsanierung“ der Jahre 1899 bis 1904 hatte der Marmorfassade arg zugesetzt:

Die damals angewandten Methoden waren unzureichend, ja schädlich: Durch die Reinigung mit schar fen Bohr- und Kratzinstrumenten ist die Fassade aufgerauht worden: Damit wurde der zunehmenden Versinterung (Mineralausscheidung durch Wasser) Vorschub geleistet, eine Gefügeausweitung der Marmorblöcke war die Folge. Umwelteinflüsse und Witterung haben vor allem die horizontalen Oberflächen beziehungsweise die Kanten des Marmors teilweise abgeätzt und weggewaschen.

„An zahlreichen Stellen der Oberfläche des Marmors ist eine schwarze Kruste aus Sinter festzustellen, die bis zu vier Zentimeter dick und nur mit großer Mühe mechanisch zu entfernen ist“, sagt Diözesankonservator Prälat Johannes Neuhardt.

WASSER UNTER HOCHDRUCK

Auch Lang- und Querhaus haben die Jahrhunderte nicht unbeschadet überstanden: Die beiden Langhauszeilen wurden von der Erzdiözese Salzburg erst vor wenigen Jahren restauriert - ohne daß dazu Mittel der öffentlichen Hand in Anspruch genommen wurden. Mit reinem Wasser, das unter Hochdruck in das Ge stein gespritzt wurde, konnten Verschmutzungen aus den großen Poren des Konglomeratgesteines entfernt werden. Dieselbe Prozedur steht nun dem Querhaus und dem Presbyterium bevor. In diesem Bereich erinnern Bombenschäden und Einschläge an den Gewänden noch immer an den 16. Oktober 1944.

Unmittelbar nach Ende der diesjährigen Salzburger Festspiele begannen die Gerüstarbeiten. Vorbegut- achtung, Probearbeiten und Materialentnahmen des Bundesdenkmalamtes sind mittlerweile abgeschlos sen, die Restaurierungsarbeiten ausgeschrieben. Im Frühjahr 1995 sollen die Testergebnisse vorliegen und die Arbeiten im Bereich der Konglomeratfassade begonnen werden. Nach Verhallen des letzten „Jedermann- Rufes“ über dem Domplatz im Sommer 1995 wird mit der Renovierung der Hauptfassade begonnen.

Vor 1200 Jahren hat Papst Leo III. auf Bitten Kaiser Karls des Großen Salzburg zum Erzbistum erhoben: Bis zum Jubiläum am 20. April 1998 soll der Dom zu Salzburg in neuem Glanz erstrahlen.

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