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Schatten werden schwerer

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Von vertrauenswürdiger Seite erhalten wir von jenseits der Grenze einen Bericht über die Kirchenverfolgung in der Tschechoslowakei, den wir unverändert, auch mit allen stilistischen Unvollkommenheiten, wiedergeben, um die Unmittelbarkeit nicht zu “erwjschen.

.Die österreidiische Furche“

Am Mittwoch der Karwoche wurde' den Bischöfen von Böhmen und Mähren 1 seitens der Staatsbehörde mitgeteilt, daß' ihnen jede weitere Ausübung der gottesdienstlichen Funktionen bis auf weiteres i untersagt ist. Ausnahmsweise sei ihnen noch erlaubt, dies Fußwaschung am Gründonnerstag vorzunehmen und ein priva-; ter Besuch des Allerheiligsten im Heiligen Grab. 'Dem Leitmeritzer Bischof wurde dazu sogar die Stunde1 voraus festgesetzt. Die hl. Messe am Gründonnerstag, die Weihen der hl. öle, die Karfreitagszererhohien und besonders die Auferstehungsfeier am Karsamstag wurde ihnen verboten. Seit der Zeit werden sie in ihren Residenzen wie in Haft gehalten, dürfen überhaupt nicht in ihre Kathedralkirchen zu-den'heiligen Funk- • tionen und sind von der Welt vollständig isoliert.

Die Eingänge in die bischöflichen Residenzen werden streng bewacht. Und alle Ankommenden, auch Beichtväter der Bischöfe oder ihre Sekretäre oder wer immer, werden oft bis auf den Leib durchsucht.

Die Lage der Bischöfe in der Slowakei ist ein wenig besser, insoweit es ihnen noch erlaubt ist, die heiligen Funktionen vorzunehmen und auch die heilige Firmung zu erteilen. In Böhmen und Mähren dagegen wurden auch die Erteilung der heiligen Firmung sowie die Generalvisitationen verboten. Nicht einmal an Begräbnissen dürfen sie teilnehmen.

Als am 20. April dieses Jahres In Ceske Budejovice (Budweis) der langjährige Generalvikar Monsignore Johann Cajs starb, durfte der Bischof nicht seine Residenz verlassen. In den Morgenstunden wurde ihm von den Staatsorganen verboten, die Exsequien zu halten. Viele Priester versammelten sich in der Kathedrale. Der Katafalk und alles zu den Trauerzeremonien Gehörende war vorbereitet, der Sarg mit den leiblichen Überresten des Verstorbenen war fort. Diese waren von den Staatsorganen in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden sozusagen abgeholt und auf den Friedhof gebracht worden. Nachher wurde einem Pfarramt telephonische Nachricht gegeben, es sei eine Leiche am Friedhof, es soll jemand kommen und sie begraben. Soweit es noch die anwesenden Priester erfahren haben, konnten sie an dieser Beerdigung noch teilnehmen.

Auch in Hradec Kralove ist am 28. April dieses Jahres ein Kirchen-dignitär, und zwar der gewesene Generalvikar, Kapiteldekan und apostolische Protonotar Monsignore Karl Keppl, gestorben. Auch hier wurde es dem alten Bischof Dr. Mauritz Pfcha untersagt, die Bestattungszeremonien zu halten oder sonst am Begräbnis öffentlich teilzunehmen. Er durfte bloß aus einem Balkonfenster seiner Residenz dem Leichenzuge zuschauen.

Die besondere Feindschaft des Regimes richtet sich gegen die Klöster. Nicht nur in der Slowakei,. sondern auch in Böhmen und Mähren wurden die männlichen Klosterkommunitäten in ihrem Bestände liquidiert. Das erstemal wurde ein größerer Teil von diesen in'der Nacht vom 13. auf den H- April von größeren Polizeiabteilungen im wahren Sinne des Wortes überfallen, che meistens nichts ahnenden Klosterbewohner vom Schlafe aufgeweckt und gleich in der Nacht fortgeführt. Nur, eine, kurze'Zeit, etwa eine Stunde, wurde', ihnen gewährt, das.Notwendigste für persönlichen Bedarf, wie etwa Wäsche, Bücher und dergleichen, einzupacken und mitzunehmen. So geschah es mit den Jesuiten, Präriionstra-tensern, Franziskanern, Redemptoristen, Salesianem. Der zweite Schub wurde wieder in der Nacht, und zwar vom 27. auf 28. und vom 28. auf 29. April, vorgenommen und hat den Rest der Männerklöster und Ordensgeistlichkeit getroffen. Diesmal kamen' 'die Kapuziner, Dominikaner, Salvatorianer, Augustiner, Piaristen, weit über 50 Klosterkommunitäten, davon allein über 20 Kapuzinerklöster, an die Reihe. Jedes Kloster wurde sofort mit Polizeiabteilungen von sechs uhd mehr Mann besetzt und ein „z m o c-nnec“, das heißt Regierungskommissar bestellt. In vielen Fällen wurden gleich Speise- und Vorratskammern und

Keller aufgebrochen und die Vorräte, Mehl, Fett, Eier, photographiert oder gefilmt. Man will die Ordensleute beim Volk in ein Licht stellen, als ob sie nur aßen und tranken! Das Klostervermögen ist beschlagnahmt worden. Besonders Gegenstände aus Gold und Silber sowie Teppiche wurden gesucht, nicht einmal Tabernakel und das Allerheiligste blieben verschont. Die Klostergebäude sollen zu anderen Zwecken verwendet werden.

Bis jetzt weiß man nicht genau, wo die Ordensleute sind. Von seiten der Staatsorgane wurde darüber nichts mitgeteilt. Nur hie und da erhielt man eine Nachricht, und danach scheint es, daß die Vorgesetzten der Ordensgemeinschaften in Zeliv konzentriert sind, die Jesuiten in Bohosudov (Maria-Schein), Prämon-stratenser in Milevsko, Franziskaner in Hejnice, Salesianer in Osek, Dominikaner und zum Teil Redemptoristen in Brounov (Braunau), die anderen Redemptoristen in Krallky (Grulich). Von den Kapuzinern und vielen anderen weiß man nichts.

Kaum ist irgendwo für die Hygiene für so viele Menschen genug gesorgt. So zum

Beispiel in Krili'ky, wo das Klostergebäude durchschnittlich für 30 Menschen reicht, soll jetzt eine Menschenmenge von 190 Ordenspriestern und 60 Ordensbrüdern zusammengepreßt sein. Jüngere Brüder und Priester sollen auf dem Dachboden schlafen. Dazu kommen 80 Mann Polizeiwache.

Nach den gegen die Männerklöster geführten Schlägen beobachtet man das Verhalten gegenüber den Klosterschwestern. Am 17. April wurden die'Oberinnen aller Klöster nach Prag auf das Staatskirchenamt bestellt. Da wurde verlangt, alle Schwestern, die in der Krankenpflege noch nicht tätig sind, sollen sich auf diese umschulen. Am 10. Mal wurden sie zum zweitenmal dorthin gerufen. Der exkommunizierte Pater Mira hatte für sie einen Vortrag gehalten: vor allem sollen sie ihre Kräfte der Caritas anbieten, dann werde ihnen nichts Böses geschehen. Welchen Einfluß hat schon der Pater Mara?

So schauen auch die Klosterschwestern einer unsicheren und traurigen Zukunft entgegen, doch voll Zuversicht auf Hilfe und Schutz Gottes und deshalb fest und zum Opfer bereit.

Nicht einmal die Krankenpflege scheint ihnen jetzt eine Gewähr der Ruhe zu bieten, da ja Hunderte andere zu Krankenpflegerinnen geschult werden. Ja, es sind sogar dreimonatige „Eil“-Kurse für Heranbildung von „Sanitäterinnen“ eingerichtet. Wenn dann genug an Personal ist, so werden die Ofdensschwestern auch aus den Krankenanstalten verdrängt, und sie werden ebenso der Verfolgung anheimfallen wie jetzt die männlichen Orden.

Ein besonders tragisches Kapitel bildet die „Hinrichtung“ der unier-ten griechisch-katholischen Kirche in der Ostslowakei. Am 28. April versammelten sich in Presov (Eperies) unter dem Druck, den die kommunistische Regierung und Staatsbehörden auf Befehl der Kominform ausüben, vier bisher griechischkatholische Geistliche, namens Kacfüra, Bokun, Toth und Havrila, sowie etliche •andere Leute; sie stimmten der Lostrennung der unierten griechisch-katholischen Kirche von Rom zu und versprachen dem Moskauer Patriarchen Alexij Gehorsam. Nach der Meinung des griechisch-katholischen Klerus und der Gläubigen wurde natürlich nicht gefragt. Vier abtrünnige Priester und ein paar Leutchen werden einfach zu Repräsentanten der Mehrheit des Volkes erklärt, gegen Klerus und Volk aber wird mit Verhaftungen, automatischen Pistolen, Gewalt und Schrecken vorgegangen. Der Ordinarius von Presov, Bischof Gojdic, ist verschollen, sein Weihbischof, Dr. Hopko, wird angegriffen, weil er vor der Ankunft der Orthodoxen das Priesterseminar aufgelassen habe, damit dieses und die Seminaristen nicht in die Gewalt der Schismatiker geraten.

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