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Sozialer Wohnungsbau der Kirche

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Das von der „FürJhe“ge'stellteThMwiW abweichend von den anderen Beiträgen dieser Sonderbeilage naturnotwendig über den Raum der Stadt Wien hinausgreifenf da die Erzdiözese ungeteilt das Stadtgebiet und die ihr eigenen Teile Niederösterreichs umfaßt. Wenn vom kirchlichen Profan- bzw. Wohnbau die Rede ist, muß man, der Übersichtlichkeit wegen, diesen in mehrere Kategorien einteilen. Verschieden nach dem Rechtsträger oder, einfacher gesagt, nach dem jeweiligen Bauherrn. Die erste Gruppe bildet die dem erzbischöflichen Bauamt direkt und in eigener Verantwortung unterstellte Bautätigkeit für den Diözesanklerus. Die Ereignisse des Jahres 1938 zwangen die Kirche in Österreich, die Kirchenbeiträge einzuheben und selbst und Sachaufwand zu bestreiten.

Diese für die österreichischen Diözesen neue Art der kirchlichen Einkünfte brachte automatisch auch eine bis dahin ungewohnte, zentral gelenkte Bautätigkeit mit sich. In den Kriegs- und Nachkriegsjahren war es der Mangel an Baumaterialien, der die Kirche vorerst zu einem bloßen Planen verurteilte. Die Besserung der wirtschaftlichen Lage Österreichs ermöglichte es, das Geplante Wirklichkeit werden zu lassen. Die Wohnungen für den Seelsorgeklerus der Erzdiözese, also hauptsächlich die Pfarrhöfe, waren schon vor dem Krieg vielfach in einem Zustand, der den sozialen Auffassungen unserer Zeit längst nicht mehr entsprach. Es würde zu weit führen, den Grund zu erörtern. Der Krieg hat noch viele Zerstörungen hinzugefügt. Nun wurde nach Möglichkeit an die Behebung dieser Schäden geschritten.

Seit Kriegsende wurden 39 Pfarrhöfe gebaut beziehungsweise wiederaufgebaut. In der Stadt Wien für folgende Pfarren:

Augarten, Neu-Erdberg, Neu-Simmering, Alt-Simmering, Hasenleiten, Neu-Margareten, Penzing, Neu-Lerchenfeld, Schmelz, Hernais, Sankt Severin, Euch. Ged.-Kirche, Floridsdorf, Hirschstetten, Liesing, Rodaun-Siedlung und Siebenhirten.

Ferner in nachstehenden Landpfarren deT Erzdiözese:

Absdorf, Alland, Altenwörth, Baden, Ebenthal, Eichkogelsiedlung, Gablitz, Grünbach, Günselsdorf, Kammersdorf, Leopoldsdorf, Mü-nichsthal, Ollersdorf, Regelsbrunn, Rekawinkel, Schrick, St. Peter/We., Ternitz, Traiskirchen, Velm, Wr. Herberg und Wr. Neustadt, Herz-Jesu-Pfarre.

Die vielen großen und kleinen Herstellungen und Sanierungen an Pfarrhöfen sollen nur am Rande vermerkt werden.

Man darf gewiß darauf hinweisen, daß auch diese erste Kategorie des kirchlichen Wohnbaues als sozial bezeichnet werden muß. Der durch den überaus großen Priestermangel überbeanspruchte Seelsorgsklerus hat doch gewiß einen Anspruch auf eine menschenwürdige Wohnung.

Mag die soeben geschilderte Bautätigkeit der Kirche jedermann selbstverständlich erscheinen, so bedarf die Schilderung der zweiten Kategorie des kirchlichen Profanbaues eine einleitende Erklärung, damit sie richtig verstanden werden kann.

Nach Karl Adam bestimmen drei Merkmale das Wesen des Christentums. Sein eschato-logischer Charakter, seine sakramentale Eigenart und seine soziologische Gestalt. Christentum, Kirche, ist wesentlich eine brüderliche Verbundenheit, eine heilige Gemeinschaft.

Jesu Menschenliebe ist in ihrem Tiefsten Liebe zu den Leidenden und Gedrückten. Die Überwindung des Leidvollen der Gegenwart ist ein wesentlicher Bestandteil Seiner Frohbotschaft. Die Realisierung der Frohbotschaft in dieser Hinsicht oder zumindest der Versuch zu einer Verwirklichung wird in jedem Jahrhundert der Kirchengeschichte zu finden sein. Im 20. Jahrhundert mit den beiden Weltkriegen steht an hervorragender Stelle im „Leidvollen der Gegenwart“ die Wohnungsnot. Auch hier war die Kirche bemüht, zu helfen.

„Kann man sich ein dringenderes Anliegen vorstellen, als für das Volk und vor allem für jene, die eine Familie gründen, die notwendigen Wohnstätten zu schaffen? Wie schmerzlich ist es, sehen zu müssen, wie junge Leute Jahr um Jahr auf die Eheschließung warten müssen, nur weil sie kein Heim haben, mit der Gefahr, daß sie in dem nervenzermürbenden Warten schließlich seelisch verkümmern. Fördert also, soweit es auch immer möglich ist, die Schaffung von Wohnhäusern.“ (Pius XII. in einer Rede am 24. Juli 1949.)

In der Erzdiözese Wien wurde von zwei direkt dem Ordinarius unterstellten Institutionen dieser Aufruf des Heiligen Vaters befolgt“: vom Wiener Diözesanfonds für Familienhilfe und von der Caritas.

Am 25. November 1950 wurde auf der Herbstkundgebung der Katholischen Aktion in Wien im Großen Musikvereinssaal vom hochwürdigsten Erzbischof-Koadjutor Dr. F. Jachym zur Gründung eines Fonds aufgerufen, der junge Eheleute und Familien bei der Erlangung einer Wohnung unterstützen sollte. Im nachfolgenden Jahr wurde dann der Wiener Diözesanfonds für Familienhilfe vom seligen Kardinal Dr. Theodor Innitzer kanonisch errichtet. Der HERR auf Seite der Obdachlosen und eine Möglichkeit zum sittlichen Ehe- und Familienleben war das Motto der Gründung. Fast zehn Jahre sind seither verstrichen. Hat die Sache sich gelohnt? Eine berechtigte Frage. Die Antwort gibt die folgende Statistik:

Durch Gewährung von zinsenlosen Darlehen wurde es bisher 1100 Braut- und Eheleuten ermöglicht, zu einem Eigenheim zu gelangen, sei es zu einer Eigentumswohnung oder zu einem Siedlungshaus. Das ist eine bescheidene, aber nicht zu bestreitende Mitwirkung am sozialen Wohnungsbau. Denn das gegebene Darlehen war meist die Conditio sine qua non. um zu einer Wohnung zu kommen. Die Mittel für seine Tätigkeit schöpft der Diözesanfonds ausschließlich aus Spenden der Katholiken. Es sollte aber nicht allein bei dieser indirekten Mitarbeit am Wohnbausektor bleiben. Als selbständiger Bauherr hat der Wiener Diözesanfonds gemeinsam mit seiner Tochtergesellschaft „Gemeinnützige Baugenossenschaft Familienhilfe“, unter Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zwölf Häuser mit zusammen 500 Wohnungen gebaut. Um den Leser nicht zu ermüden, möge eine Aufzählung nach Gasse und Straße unterbleiben Überall aber war es das Bestreben, familiengerechte Wohnungen zu bauen, was leider im heutigen Wohnungsbau noch zuwenig beachtet wird. In Wien-Land wurden von der Familienhilfe in Gloggnitz 21, in Klosterneuburg 42 und in Ter-nitz 16 Wohnungseinheiten und 18 Einfamilienhäuser erbaut.

Die Caritas hat in Wien in vier Häusern 118 Wohnungen geschaffen. Ferner sechs Einzelhäuser in Münchendorf errichtet.

Die genannten Zahlen mögen manchem Leser nicht sehr groß vorkommen, doch ist zu bedenken, daß die Kirche noch sehr viele andere Aufgaben zu bewältigen hat und die zur Verfügung stehenden Mittel gering sind. Eine größere Unterstützung von öffentlicher Seite würde allenfalls ein fruchtbareres Arbeiten auf diesem Gebiet erlauben.

Zu einer dritten Gruppe des kirchlichen Wohnbaues kann der Bau von Lehrlings-, Studenten- und Altersheimen zusammengefaßt werden. Schon im Mittelalter war das eine der Kirche eigentümliche Bautätigkeit. In Wien hat die Caritas nach dem zweiten Weltkrieg N fünf Studentenheime mit ungefähr 400 Betten errichtet. Ferner ein Heim für 100 Lehrlinge in Retz.

Das Kolpingwerk hat zwei Lehrlingsheime errichtet, und zwar eines in Meidimg und eines in Mistelbach.

Altersheime würden von der Caritas in Wien zwei erbaut, ebenso haben die Caritas Socialis und die Karmelitinnen je ein Altersheim geschaffen.

Am Schluß sei noch darauf hingewiesen, daß die Planungen für alle Kategorien des kirchlichen Wohnbaues weitergehen und, so Gott will, zu einem graten Ende geführt werden können.

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