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Sport in unserem Geist

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Um die Jahrhundertwende war es einem Katholiken in Österreich fast unmöglich, in einer Gemeinschaft Leibesübungen zu betreiben. Es gab damals nur sozialdemokratische Arbeiter-Turn- und Sportvereine und deutsche Turnerbünde, die sowohl antikirchlich wie antiösterreichisch waren. Wer einem dieser Vereine beitrat, mußte gegen seine religiöse Überzeugung handeln.

Dieser Notstand der Katholiken ließ den niederösterreichischen Landesbeamten Dr. Anton Frey zu Taten schreiten. Im Jahre 1900 gründete er den ersten christlichen-deutschen Turnverein. Er erstrebte nicht nur Leibesertüchtigung, sondern auch die Bildung des Geistes. Dies kam in dem Vereinswahlspruch zum Ausdruck: „Geistesmacht und Körperkraft erst den ganzen Menschen schafft.“

Die Idee fand Nährboden. Aus dem einem Verein wurde ein mächtiger Verband, die „Christlich-deutsche Turnerschaft“. Neben ihr entstand aus dem „Reichsbund der katholischen Jugend Österreichs“ die „österreichische Jugendkraft“. Beide wurden 1938 ein Opfer des Nationalsozialismus.

Nach 20 Jahren 400.000 Mitglieder

Als im April 1945 Österreich wieder erstand, fanden sich ehemalige christlich-deutsche Turner und Reichsbundsportler, die aus den Erfahrungen der Vergangenheit gelernt hatten. Eine neue Idee wurde geboren. Ein neuer Verband sollte Turner und Sportler christlicher Weltanschauung umfassen. Um der Synthese von Turnen und Sport auch

äußerlich Ausdruck zu verleihen, wurde die Neugründung „österreichische Turn- und Sport-Union“ genannt. Das Wesen der Union ist im Paragraph 1 und Paragraph 2 der Satzungen ausgesprochen: Die österreichische Tum- und Sport-Union ist ein Verband für Leibesübungen. Der Verband bezweckt die körperliche Ertüchtigung seiner Mitglieder durch Pflege aller Arten von Leibesübungen unter Bedachtnahme auf die sittlichen und kulturellen Werte des Christentums und des österreichischen Volkstums. Er übt diese Tätigkeit überparteilich aus!

Sportehrenzeichen für einen Priester

Nach 20jährigem Bestehen im Jahre 1965 umfaßte die Union in neun Landesverbänden 1054 Vereine mit 412.318 Mitgliedern, zu denen auch die Mitglieder der Union- Katholische Schulen und der Union- Katholische Jugend zählen. Die Katholische Jugend sammelt die Turner und Sportler in den Diözesangemeinschaften, die der Union angeschlossen sind. Bei der 20-Jahr- Feier der Union wurde ein Abkommen mit den österreichischen Pfadfindern unterzeichnet, auf Grund dessen die Union auch die turnerische und sportliche Betreuung der Pfadfinder übernimmt.

In Österreich bestehen drei All- round-Sportverbände. Der ASKÖ (Arbeiterbund für Sport und Körperkultur in Österreich), der eine Gliederung der Sozialistischen Partei ist; der ASVÖ (Allgemeiner Sportverband Österreichs), der weltanschaulich neutral ist, und die Union, die sich in ihrem Programm

eindeutig zum Christentum bekennt. Die Union hat allein von allen drei Verbänden in jedem Verein einen eigenen Amtswalter, dem die geistigsittliche Erziehung der Mitglieder obliegt. Der Bundeskulturwartstellvertreter ist ein von der österreichischen Bischofskonferenz bestätigter Priester, dem das Amt eines geistlichen Assistenten in der Union zukommt. Die Verleihung des Sportehrenzeichens der Stadt Wien an ihn, als dem ersten Priester, kann wohl als Zeichen der Anerkennung für die geistig-sittliche Erziehungsarbeit der Union angesehen werden. In den ersten Jahren nach 1945 arbeitete der Bundeskulturausschuß das Erziehungsprogramm der Union, „Unser Wollen“ aus, in dem die Grundsätze für die fachliche wie für die geistig-sittliche Arbeit festgelegt wurde. Auf der ersten Forderung: „Die Union will körperlich, geistig und sittlich gesunde Menschen erziehen“ baut das weitere Programm auf. Festgehalten ist das Bekenntnis zum Breitensport und auch zur Spitzenleistung, das Bekenntnis zum Christentum wie zu Österreich. Bei aller Bejahung der staatspolitischen Aufgaben der Mitglieder wird die

überparteiliche Stellung des Verbandes ausdrücklich betont.

Der Mensch als Ganzes

Die Union sieht den Menschen als Ganzes und erstrebt neben der körperlichen Ertüchtigung durch Turnen und Sport die Willens- und Charakterbildung der Mitglieder aller Altersstufen. Diese Bildungsarbeit wird in großem Ausmaße in den Kursen des Bundes und der Landesverbände geleistet. Neben der fachlichen Arbeit nimmt dort die pädagogische einen breiten Raum ein.

Der Verbreitung der Ideen der Union dient die Union-Presse. Monatlich erscheinen die Union- Post, die Junge Union (für die Kinderabteilungen), die Schaffende Union für die Kulturwarte und das Handbuch für die Übungsleiter und Trainer.

Der Grundsatzschrift „Unser Wollen“, in er das 10-Punkteprogramm erläutert wurde, folgten „Das Amtswalterbuch“, „Jahresfestkreis“ und schließlich die Broschüre „Sport und Charakter“, die in 62 Abhandlungen die Welt des Sportlers bespricht. Es wird dargelegt, welcher Geist ihn am Sportplatz, aber auch in der Familie und im Beruf erfüllen soll. Die Pflichten des Sportlers gegen Gott und Kirche, Staat und Vaterland, gegen die Mitmenschen und sich selbst werden dargelegt.

International verankert

Dem Ziele der Union entsprechend, Leibesübungen im Geiste des Christentums zu pflegen, gehört sie der katholischen Sport-Internationale, der FICEP an, und stellt mit dem Bundesobmannstellvertreter der Union, Sektionschef Dr. Nikolaus Frcek, einen der Vizepräsidenten der FICEP. Die Union ist sowohl der Zahl

wie der Leistung nach einer der nationalen Spitzenverbände der FICEP. Die Generalversammlung der FICEP im Jahre 1965 in Wien war die glanzvollste ihrer Art.

Von der FICEP ging die Idee des Sportlerbesinnungstages aus, der in allen Diözesen am Sonntag Septua- gesima gefeiert wird. Hauptträger

dieser religiösen Feier sind die Unionvereine, die Union-Katholische Jugend und Union-Katholische Schulen.

Die Union gehört auch der Internationalen Vereinigung der Katholischen Schulen der FISEC an. Die Durchführung der internationalen Wettkämpfe 1965 in Wien wurde der Union-Katholischen Schulen übertragen. Die Union ist der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände — AKV — angeschlossen und ist in dieser Arbeitsgemeinschaft der zahlenmäßig stärkste Verband. Führende Persönlichkeiten der Union arbeiten im Arbeitskreis des Seelsorgeamtes „Sport und Seelsorge“ und im Kuratorium „Christliche Sportakademie“ maßgeblich mit. In Österreich existieren außer den Dachverbänden ASKÖ, ASVÖ und Union die Fachverbände, denen die Durchführung der Landes- und Staatsmeisterschaften sowie die Betreuung des Spitzensportes obliegt. In den 36 Fachverbänden Österreichs arbeiten fachlich Amtswalter der Union führend mit. Union-Sportler stellen in vielen Sparten Landesund Staatsmeister und auch einen großen Teil der Olympiamannschaft.

Jedes fünfte Jahr ruft die Union ihre Mitglieder zu den Bundeskampfspielen. Sportler aller Sparten sollen dabei ihr Können zeigen, ihre Kräfte messen und freundschaftliche Kontakte gewinnen. Heuer finden in Wien vom 11. bis 17. Juli 1966 die 4. Bundeskampfspiele statt. Bisher haben insgesamt 17.000 Sportler aus Belgien, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Italien, Spanien, der Schweiz und Österreich ihre Nennung abgegeben.

Dieses Großfest des Sports wird beweisen, daß in einem christlichen Sportverband die Leibesübungen erfolgreich gepflegt werden.

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