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Steirisdies Klima
Die beiden Großparteien im Grazer Landhaus, die eine neue Landesregierung bilden werden, arbeiten auf Zeitgewinn: Da der Landeshauptmann und Landesobmann der ÖVP, Josef Krainer, in der letzten Zeit bei den Regierungsverhandlungen in Wien eingesetzt war, sind die Gespräche wegen einer Neubildung der Landesregierung noch nicht über eine allgemeine Kontaktaufnahme hinaus gediehen. Beide Parteien wollten offensichtlich das Ergebnis der Regierungsbildung auf Bundesebene abwarten. Den Gesprächen wird allerdings keine so große Bedeutung beigemessen wie den Landtagswahlen selbst, die der ÖVP trotz eines Stimmengewinns gegenüber den beiden vorangegangenen Wahlgängen den Verlust der allgemeinen Mehrheit eingetragen, ihren Führungsauftrag mit 28 Mandaten gegenüber den 26 Mandaten der SPÖ und den 2 Mandaten der FPÖ klar bestätigt haben.
Entgegen den Ewartungen nach den harten Erklärungen des sozialistischen Spitzenkandidaten, Doktor Doktor Schachner, und des Freiheitlichen Parteiobmannes Dr. Götz im Fernsehen, ist die konstituierende Sitzung des Landtages vor allem durch die realistische Einschätzung der Lage auf Seiten der SPÖ völlig ruhig verlaufen. Der steirische Landtag wählte den bisherigen Kulturreferenten und Landeshauptmannstellvertreter Univ.-Prof. Dr. Hanns Koren, zu seinem Präsidenten, den SP-Gewerkschaftsfunktioär Franz Illeschitz und des Wirtschaftsbundabgeordneten Franz Feldgrill zum Zweiten und Dritten Präsidenten. Die Aufteilung der Ressorts in der Landesregierung wird von ihr mit Stimmenmehrheit beschlossen. Hätte also die SPÖ bei der Wahl des Landtagspräsidiums Schwierigkeiten gemacht oder wäre sie der von Doktor Götz im Fernsehen geäußerten Ansicht beigetreten, für die Wahl des Landeshauptmannes sei bei Stimmengleichheit (28 ÖVP, 26 SPÖ. 2 FPÖ) das Los entscheidend, so hätte die ÖVP-Mehrheit in der Regierung beschließen können, der sozialistischen Regierungsmannschaft im Lande nicht einen einzigen Aufgabenbereich zuzuteilen. Das Grazer ÖVP-Organ „Südost-Tagespost“ hat diese Möglichkeit der ÖVP bereits am Tag nach der Wahl klar ausgesprochen.
Mit Ausnahme der Neubesetzung des Kulturreferates sind in der Regierungsmannschaft der Volkspartei keine Revirements zu erwarten. Die Frage, wer dieses wichtige Referat in der Landesregierung übernehmen wird, gilt als völlig offen. Der frühere Unterrichtsminister Piffl soll dem Vernehmen nach den Eintritt in die Landesregierung abgelehnt haben. Offen ist auch die Frage, welches unter den ÖVP-Regierungsmitgliedern künftig die Funktion des Landeshauptmannstellvertreters bekleiden wird. Im Gespräch sind der steirische ÖAAB-Obmann, Landesrat Franz Wegart, als dienstältestes Regierungsmitglied nach Landeshauptmann Krainer, und der Agrarreferent Landesrat Doktor Niederl.
Weger einer schweren Erkrankung des sozialistischen Landesfinaazrefe-renten und Landeshauptmannstellvertreters DDr. Schachner, soll auf längere Sicht seine Ablösung als Finanzreferent durch den Deutsch-landsberger Bürgermeister Dr. Christof Klauser erwogen werden. In diesem Falle würde Landesrat Adalbert Sebastian zum Landeshaupt-mannstellverteter aufrücken. Nur im Falle einer Erhöhung der Zahl der Regierungssitze würde es ym wesentlichen Änderungen in der Verteilung der Aufgabenbereiche kommen. Im Falle eines gleichbleibenden Kräfteverhältnisses werden die sozialistischen Mandatsgewinne vermutlich durch einige Agenden abgegolten werden.
Die diesbezüglichen Wünsche werden jedoch erst in nächster Zeit, im Lauf der weiteren Regierungsverhandlungen offenbar werden, doch sollen die Sozialisten angeblich auf die Preisbehörde reflektieren. Die Preisbehörde ist eines der Ressorts, das gegenwärtig von ÖVP-Landesrat Peltz-mann verwaltet wird.
Alles in allem, dürften sich die Regierungsverhandlungen in Graz im berühmten „Steirischen Klima“ vollziehen, das mit der Bezeichnung „rauh, aber herzlich“ charakterisiert werden kann. Ändern wird sich hinsichtlich der Kräfteverteilung, wie im Landtag, auch in der Regierung fast nichts.
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