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Streit unter Bischöfen

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In Spanien tat man recht erstaunt und etwas betreten, daß der Papst in seiner letzten Ansprache über die Weltprobleme sich besonders Spanien widmete und es in die Kon-fliiktzonen einschloß. Einige Zeitungen, wie zum Beispiel das Madrider gewerkschaftseigene „Pueblo“,

machten aus ihrer Entrüstung über die Papstworte kein Hehl. Denn, obzwar er „gewisse Situationen“, die durch die Handlungsweise junger Priester hervorgerufen wurden, nicht rechtfertigte, so drückte er ihnen gegenüber doch „ein nachsichtiges Verstehen“ aus. Und gerade dieses „Verstehen“ hat ein gewisser Teil des spanischen Episkopats nicht nur nicht aufgebracht, sondern er hat — genauso wie in einigen Fällen die spanische Justiz — diese Handlungsweise mißbilligt. Bei der vor kurzem beendeten X. spanischen Bischofskonferenz bildeten daher die Erklärungen des Papstes Stoff zu Spannungen zwischen dem regimetreuen, integristi-schen Teil und dem fortschrittlichen, konzilstreuen der Hierarchie, die, darüber hinaus, seine Empfehlung einer aktiven Präsenz innerhalb der Gläubigengemeinschaft als Aufforderung an diejenigen, spanischen Bischöfe ansah, die ein politisches Amt bekleiden, also Parlamentsab-geordnete sind. Denn schließlich ist es noch nicht lange her, daß Madrids Erzbischof, Mgr. Morcillo, seinen Parlamentssitz — wie man wissen will, auf einen Wink von Rom hin — zurückgegeben hat. Ein weiterer wichtiger Grund, der die Gegensätze in der Bischofskonferenz unterstrich, war die vom spanischen Justizminister Oriol am 6. Mai an den Exekutivausschuß der Konferenz gerichtete Verbalnote, die von einigen Persönlichkeiten des Vatikans als Einmischung der welt-

lichen Macht in kirchliche Belange betrachtet wurde. In ihr wird vorgeschlagen, die Verbindung zwischen Kirche und Staat durch einen einzigen Organismus — nämlich das Exekutivkomitee der Bischofskonferenz, von dessen fünf Mitgliedern nur eines der fortschrittlichen Linie angehört — wahrnehmen zu lassen. Außerdem fordert sie, daß die Bischöfe sich künftig individueller Erklärungen über wirtschaftliche, soziale und politische Belange enthalten und daß das im Konkordat zwischen dem spanischen Staat und dem Heiligen Stuhl jedem Bischof eingeräumte Recht, die Zustimmung zur Prozessdierung eines Geistlichen durch ein weltliches Gericht zu geben oder zu verweigern, künftig von einer Zentralstelle ausgeübt wird.

Teilerfolg der Fortschrittlichen

Die konzilstreuen Bischöfe wandten sich nun gegen eine Erörterung der Verbalnote mit der Begründung, daß das Verhältnis Kirche—Staat in allen Konkordatsfragen durch das kanonische Recht und durch die spanischen Gesetze zu regeln ist, die Regimetreuen hingegen vertraten die These des Justizministers. Schließlich wurde das Streitobjekt einem aus den drei „politischen“ Bischöfen Mgr. Guerra Campos, AuxiMiarbischof van Madrid, Mon-signore Oastan, Bischof von Guadalajara, und Mgr. Lopez Ortiz, Mili-tärbdschof, zur Beantwortung übergeben. Am letzten Tag der einwöchigen Bischofskonferenz einigte man sich jedoch dahingehend, daß man „keine direkte“ Antwort auf die Verbalnote des Justizmini-sters geben werde. Dieser Meine Erfolg der fortschrittlichen Linie wurde noch durch die Ernennung des Bischofs von

Astorga, Mgr. Briva, der sich in Spanien als Kenner des Protestantismus einen Namen gemacht hat, zum Präsidenten des ökumenischen Ausschusses unterstrichen. Nichtsdestoweniger verließen die fortschrittlichen Bischöfe die Konferenz mit einem bitteren Nachgeschmack: Der spanische Episkopat entschloß sich, der Römer Kirchenversammlung Direktkontakte der Bischofskonferenz mit dem Papst vorzuschlagen. Hinter diesem Beschluß steht der bereits öfters von den Regime-treuen geäußerte Verdacht, daß der Papst über die Vorgänge in Spanien nicht richtig informiert sei. Ihr Haupt, der Madrider Erzbischof MoroilWo, der gleichzeitig Präsident der Bischofskonferenz ist, wollte erst kürzlich den päpstlichen Staatssekretär, Kardinal Villot, davon überzeugen ... vergeblich allerdings, denn ihm wurde beschieden, daß der Vatikan korrekt informiert ist.

Überhaupt bemühen sich letztlich die regimetreuen Bischöfe, Rom und die spanischen Katholiken von ihrer Macht und Bedeutung zu überzeugen. Es scheint, als ob sie zu einem großen Kräftesammeln angesetzt hätten. In einer von fünfhundert Geistlichen besuchten Priesterver-sammlung in Segovia wurden die „falschen Propheten“ verdammt und eine von 16 Bischöfen — angeführt von Mgr. Morcillo — unterzeichnete Erklärung abgegeben, in der unter anderen die „Tradition als Glaubensquelle“ und der Patriotismus der spanischen Kirche gegen die „öffentliche Unmoral“, den Kommunismus und Kapitalismus zu Felde geführt werden. Ob der Vatikan allerdings durch diese Betonung eines „national-katholischen“ Kredos beeindruckt wird, ist anzuzweifeln.

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