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Urgeschichte des Christentums in Österreich

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Frühes Christentum in Oesterreich. Von Rudolf Noll. (Von den Anfängen bis um 6’00 n. Chr.) Mit 42 Abbildungen und 1 Karte. Verlag Franz Deuticke, Wien 1954. 148-j-16 Seiten. Geheftet.

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Frühes Christentum in Oesterreich. Von Rudolf Noll. (Von den Anfängen bis um 6’00 n. Chr.) Mit 42 Abbildungen und 1 Karte. Verlag Franz Deuticke, Wien 1954. 148-j-16 Seiten. Geheftet.

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Gleich eingangs sei hervorgehoben, daß der Verfasser mit diesem Buch der Kirchengeschichte Oesterreichs und darüber hinaus der österreichischen Heimatkunde einen guten Dienst erwiesen hat. Erstmals wurde hier das in den verschiedenen Publikationen verstreute und deshalb nicht leicht übersehbare Material zusammengetragen, und dies bis zum Stand vom März 1954, und zu dieser in der Tat aufschlußreichen Darstellung der bislang M dunklen Periode der ersten Christianisierung Oesterreichs verarbeitet.

Da das österreichische .Gebiet bis zur Donau längst unter die römische Herrschaft gekommen und weitgehend romanisiert war, ergab es sich von selbst, daß dem Hauptthema eine Schilderung des geschichtlichen Hintergrunds und der religiösen Verhältnisse vorangestellt wurde, zumal sich auch später die kirchliche Organisation an die römische anschloß und darauf aufbaute. Treffend werden die ersten Spuren des Christentums als Weg von der Legende zur Geschichte bezeichnet und nach ihrem Gehalt Überprüft. Es sind: das Regenwunder 172 und das Martyrium des hl. Florian um 304, die als — wenn auch nicht ganz helle — Lichtpunkte aus dem Zeitdunkel vor 313 herausleuchten. Das Zirkularreskript Konstantins aus Mailand brachte auch in der Austria Romana für die neue Religion die glückhafte Wende. Von da an werden die Zeugnisse des Christentums deutlicher und .zahlreicher: Im 4. Jahrhundert sind es der leider zu kurze Bericht der Synode von Serdica, die Notiz im Lebensbild des hl. Ambrosius vom Diakon Paulinus über die Bekehrung einer Markomannenkönigin Frigitil, vor allem aber die beiden ehrwürdigen Grabsteine der Herodiana in Virunum und der Ursa in Ovilava, und zuletzt als indirekte Bezeugung der Hinweis auf das Zerstörungswerk christlicher Tempelstürmer. Das 5. Jahrhundert erscheint vor allem in seiner zweiten Hälfte am besten aufgehellt durch die einzigartige Quelle hiefür, die Vita Severini, um die uns wahrhaftig viele Länder beneiden können. Mit dem Versiegen der schriftlichen Quellen im 6. Jahrhundert zeichnet sich der unaufhaltsame Zusammenbruch der römischen Herrschaft und auch der mit ihr verbundenen kirchlichen Organisation im Ostalpengebiet ab, deren endgültiges Ende um1 600 anzusetzen ist, wie der Verfasser überzeugend begründen kann.

Den breiteren Raum nehmen in diesem Werke die frühchristlichen Bodenfunde ein, die ja schon der Zahl nach die schriftlichen Zeugnisse weit überragen. Bei der Durchnahme der mannigfachen Funde wird man unwillkürlich zur Hochachtung vor deri Leistungen der österreichischen Archäologie angeregt, die seit einem halben Jahrhundert durch stille, emsige Kleinarbeit so beachtliche Groß-, Klein- und Kleinstfunde ans Tageslicht gefördert hat und mit der Zeit wohl auch noch fördern wird. Ganz richtig gesteht der Verfasser, daß er eine chronologische Gruppierung des Materials bevorzugt hätte, mangels exakter Datierung aber die Reihung nach den Bundesländern vornehmen habe müssen. Und so werden zunächst der östliche und nördliche Gebietsteil (Burgenland, Niederösterreich, Wien, Oberösterreich und Salzburg) und daran anschließend die westlichen und südlichen Teile (Vorarlberg, Tirol, Kärnten und Steiermark) behandelt. Daß vor allem die neuesten Funde in Wien (Heiligenstadt und Klosterneuburg), in Osttirol (auf dem Kirchbichl von Lavant), in Kärnten, dem Hauptland der Funde (auf dem durch die derzeit bedeutendsten Ausgrabungen im Blickfeld des Interesses stehenden Magdalensberg und an de” anderen bekannten Stätten) die besondere Aufmerksamkeit erregen, darf allgemein erwartet werden.

Wenn der Verfasser im Vorwort erklärt, als oberster Grundsatz sei ihm vorgeschwebt, „allen wesentlichen zur Zeit vorliegenden Wissensstoff nicht nur zuverlässig darzubieten, sondern auch in allgemeinverständlicher Darstellung vorzulegen", so kann ihm dies als wohlgelungen bestätigt werden. Als besondere Vorzüge können neben anderen gelten: die klare, ausführliche Behandlung des manchmal etwas spröden Stoffes, die durch Abbildung der wichtigsten Objekte, sei es im Text, sei es vor allem durch die 26 ausgezeichneten

Lichtbilder im Anhang, erreichte Anschaulichkeit, das Verbleiben auf dem Mittelweg bei noch nicht eindeutig-sicheren Aufstellungen und — da er sich an den breiten, heimatkundlich interessierten Leserkreis wendet — die übersichtliche Zusammenfassung (S. 113 bis 130) des keineswegs geringen Stoffes nach seiner eingehenden Behandlung vor her. Von den meisten Lesern wird wohl auch begrüßt, daß die nicht immer gleich erreichbaren Texte der Passio Floriani, der beiden Grabsteine und über Frigitil im Original und in der Ueber- setzung vorgelegt werden. Bei der Vita Severini konnte darauf verzichtet werden, da sie „in Uebersetzung, Kommentar und Einleitung" ohnehin bereits im Jahre 1947 vom Verfasser mustergültig herausgebracht wurde. Nicht übersehen sei auch die unentbehrliche Uebersichtskarte am Schluß des Werkes. Für den. der sich für die einzelnen Fundstätten und Funde genauer interessiert und zum Nachweis für die Gediegenheit der Arbeit und auch vom Fachmann zu rascher Orientierung begrüßt, dient das siebenseitige Verzeichnis der Literatur und der Anmerkungen.

Für eine etwaige Neuauflage möchte der Besprecher vorschlagen, auf Seite 11 statt Dreifaltigkeit besser Dreiheit zu sagen, da es sich zum Unterschied von der Dreifaltigkeit hier um drei Götter dreht; auf Seite 42 und 122 statt Konzil Synode von Serdica nach kirchengeschichtlicher Ausdrucksweise zu schreiben und ebenfalls euf Seite 122 das geläufigere Kommunion oder Eucharistie dem Abendmahl vorzuziehen.

Das treffliche Werk sei nochmals bestens empfohlen, vor allem auch für die in Frage kommenden Schulen, Bildungsstätten und Bibliotheken, und der Wunsch ausgesprochen, daß es Geistliche und Lehrer im Kirchengeschichts- und Heimatkundeunterricht bestens auswerten.

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