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Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich

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Mit dem vorliegenden Band beginnt ein Werk zu erscheinen, zu dem die Pläne bis in den Beginn des vorigen Jahrhunderts zurückreichen. Daß sie im 19. Jahrhundert nicht verwirklicht wurden, wird niemand bedauern. Denn erst in dessen zweiter Hälfte sind die modernen Methoden der Urkundenforschung allmählich zu jener Feinheit entwickelt worden, die wir heute für eine kritische Urkundenausgabe fordern. Um 1900 hat der Verein für Landeskunde von Niederösterreich das Werk in Angriff genommen. Er fand in Oskas Freiherrn von Mitis einen ausgezeichneten Bearbeiter. Hat Mitis doch in seinen „Studien zum älteren österreichischen Urkundenwesen“ (1912) überhaupt erst die wissenschaftlichen Grundlagen für eine solche Ausgabe gelegt. Ist dieses Buch auch durch seinen Gegenstand nur für einen engen Kreis der Fachwissenschaft unmittelbar von Interesse, so sollte es doch um der Sicherheit seiner Methodik, der Eleganz der Beweisführung und der Präzision der Darstellung willen als ein Musterbeispiel historischer Forschungsarbeit gelesen werden, Mitis war der gegebene Bearbeiter auch des Urkundenbuches, und er hat hier den Grund gelegt. Aber andere Aufgaben nahmen seine Arbeitskraft in Anspruch, und der Verein für Landeskunde vermochte in den schwierigen Jahren nach dem ersten Weltkrieg nicht die nötigen Mittel aufzubringen. So geriet das Werk ins Stocken. Um so erfreulicher ist es, daß das Buch, nun vom Institut für Geschichtsforschung übernommen, trotz aller Hemmungen, wie sie die letzten Jahre brachten, nun doch zu Ende geführt wird.

Ein Außenstehender könnte wohl meinen, ein Urhundenbuch sei als eine Ausgabe von Quellen eine relativ leichte Aufgabe, eine erste Vorstufe zu weiterer Forschung. Er mag wohl etwas enttäuscht sein, zu sehen, daß fast alle in diesem Band enthaltenen Urkunden schon irgendwo, nicht wenige mehrmals gedruckt waren. Nichts wäre falscher als diese Ansicht. Denn ein Urkundenbuch setzt in Wirklichkeit eine überaus intensive, vor allem hilfswissenschaftliche, aber auch rechts-und verfassungsgeschichtliche Arbeit üb jedes Einzelstück voraus, die wieder nur im Zusammenhang mit den großen und allgemeinen Problemen unserer Wissenschaft geleistet werden kann. So ist der vorliegende Band viel mehr als eine Vorlage von Texten der Babenberger Urkunden, er faßt die Forschungsarbeit der letzten Jahrzehnte zusammen und setzt sie selbständig fort. Ein solches Werk ist ein Abschluß und doch zugleich auch, ein Beginn. Denn nun besitzen wir endlich ein seit langem ersehntes Hilfsmittel der Forschung.

Die innere Geschichte Österreichs unter den Babenbergern ist ja seit längerem durch Karl Lechner, der ganz neue, bisher unbetretene Wege ging, aufgehellt worden. Nicht minder wichtige Ergebnisse darf man von den Forschungen Karl Oettingers erwarten, von denen demnächst das Buch über das „Werden Wiens“ eine erste Probe voll von überraschenden Sichten geben wird. Die Forschung ist auf diesem Gebiet sehr stark im Fluß. So erscheint das „Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich“ im richtigen Moment. Wenn auch die Fragen der Außenpolitik dieses Fürstengeschlechtes neu angegriffen und in den Gesamtzusammenhang ihrer Zeit hineingestellt werden, wird der Moment gekommen sein, in dem sich die Frühgeschichte unserer Heimat neu schreiben läßt. Sie wird sich von den niveaulosen Abrissen, wie deren in den letzten Jahren mehrere erschienen sind, von Grund auf unterscheiden.

Univ.-Prof. Dr. Otto Brunner

Erzherzog Johann — DeT steirlsche Prinz.

Von Viktor T heiß. Hermann Böhlaus Nachf., Graz. 176 Seiten, 6 Abbildungen.

Die Literatur um Erzherzog Johann weist bisher eine Reihe von populären und belletristischen Darstellungen auf, die von der immer noch wachen Erinnerung und Verbundenheit dieses volkstümlichen Habsburgers mit den öste-—ichischen Alpenländern Zeugnis ablegen, Sosehr seine Persönlichkeit in der Erzählung und Legende und damit hn Volksbewußtsein weiterlebt, so begrüßenswert erscheint das' vorliegende Werk des Grazer Historikers Viktor Theiß, eine Wissenschaftlich fundierte Darstellung zu bieten. Das reichhaltige Aktenmaterial gibt für die wlssenfcdiaftliche Untermauerung des Werkes ein! gutes Rüstzeug, und es ist einem Glücksfall zu verdanken, daß die so bemerkenswerten Tagebücher des Erzherzogs, die teilweise durch die Kriegsereignisse des Jahres 1945 vernichtet wurden, vom Verfasser noch eingesehen werden konnten. Durch eine straffe Gliederung des Stoffes und die einfache, schlichte Form der Erzählung hat der Verfasser die Umrisse dieses reichen und arbeitserfüllten Lebens des Habsburgerprinzen, der so ganz an einer Zeitenwende lebte, umrissen. Dabei Hegt naturgemäß ein starker Akzent auf den poltischen, wirtschaftlichen und militärischen Lei- stungen des Erzherzog Johann für die Inner-1 österreichischen Länder und es ist erstaunlich, wie viele Impulse der kulturellen und wirtschaftlichen Etwicklung der Steiermark den Anregungen des Erzherzogs zu verdanken waren. Dabei sind die großen politischen und militärischen Zusammenhänge nicht übersehen worden und namentlich dort, wo Verzerrungen oder landläufige Meinungen, wie etwa bei den militärischen Unternehmungen Erzherzog Johanns, durch die Geschichtsbücher geschleppt wurden, erfolgte manche begrüßenswerte Korrektur. Besonders ist hervorzuheben, daß diese Biographie durch eine außergewöhnlich gute Auswahl von Briefen ergänzt wird und somit der Leser auch einen guten Einblick in den geistigen Raum und in die Probleme der Zeit erhält. Der wissenschaftliche Apparat rundet das Werk ab, das sicherlich bestimmt ist, nicht nur dem Fachhistoriker, sondern darüber hinaus dem historisch interessierten Laien, nicht zuletzt der österreichischen Jugend, ein klares und ungeschminktes Bild eines wirklich großen und erfüllten Lebens zu geben. Ludwig F. J e d 11 c k a

DeT dritte Herzog von Richelieu. Von

J, Fouques Duparc, Verlag Karl Alber, Freiburg i. Br. 221 Seiten mit 16 Bildtafeln.

Armand Emanuel, Herzog von Richelieu, ein Urgroßneffe des großen Kardinals, wurde an die Spitze der französischen Regierung berufen, als nach dem zweiten Sturze Napoleons kein Fußbreit des Landes von feindlicher Besetzung frei war. Er war der Regierungschef der Niederlage, belastet mit den schwierigen und peinlichen Aufgaben der „Erfüllungspolitik0. Richelieu hatte in der Emigration als Gouverneur der russischen Schwarzen-Meer-Provinzen Bedeutendes geleistet. Odessa verdankt ihm sein Aufblühen und seine Integrität. Seine Organisationsgabe hatten ihm das Vertrauen Alexander I. gewonnen, das ihm bei seiner neuen Mission sehr zustatten kam. Die Aufgaben, die er zu bewältigen hatte, erforderten eine ganze Persönlichkeit: schrittweise Minderung der Besatzungskosten, Beschleunigung des Abzuges der Okkupationsarmeen, schonungsvolle Eintreibung der Kriegsentschädigung, maßvolle Bemessung der Wiedergutmachungen. Damit mußte Hand in Hand gehen die moralische Wiederaufrichtung der erschöpften Nation, die Wiedererrichtung des (1815 praktisch aufgelösten) Heeres, der Einbau des unterlegenen Frankreich in eine neutralisierende europäische Mächtekombination — in das Konzert der Großmächte. All das mußte erstritten werden gegen ultraroyalisti-sche und nationale Ressentiments, Parlamentsund Hofintriguen, gegen den Widerstand der früheren Alliierten. Die erfolgreiche Bewältigung dieser riesenhaften und undankbaren Aufgaben, die allerdings auch sehr der staatsmännischen Mäßigung der Sieger zu danken war, erschöpfte Richelieus Kräfte, für dessen sprödes, eigenwilliges und stürmisches Temperament das umständliche und geduldheischende Verfahren der Parlaments- und Kabinettspolitik eine fast untragbare Last war. Richelieus Tod wurde von der französischen Öffentlichkeit mit einer an Undank grenzenden Gleichgültigkeit und Kälte aufgenommen.

In diesem Lebenslauf spielen Welt- und innenpolitische Probleme eine gleichbedeutende Rolle. Der Autor, der zu jener Elite französischer Geistigkeit gehört, der Frankreich gerne hohe diplomatische Posten anvertraut, zeigt sich als objektiver und profunder Kenner beider Gebiete. Die gewählte Sprache, die geschmackvolle Ausstattung des Bandes runden das vorteilhafte Bild dieses Werkes in angenehmer Weise ab. Carl v. Peez

Montesquieu: Gesetze und Prinzipien der Politik. Eine Auswahl aus Montesquieus „De L'Espri de Lois“, herausgegeben, übersetzt und eingeleitet von Karl C o r n i d e s. Bd. 6 der „Schriftenreihe zur Pflege geisteswissenschaftlicher Werte“: Lux et Humantias. Pantheon-Verlag, Verlag für Geschichte und Politik, Wien. 142 Seiten.

Der „Geist der Gesetze“ Montesquieus, ein Werk, das 1748 erschien, ist das große Manifest gegen den absoluten Staat. Hier begann die Soziologie als Oppositionswissenschaft gegen das ancien regime, gegen das feudale Einständesystem von Blut, Macht und Grundbesitz. Hatte das Christentum die heidnische Staatsomnipotenz durch die Institution der Kirche halbiert, gibt es seit Christus grundsätzlich zwei Gewalten, eine kirchliche und eine staatliche, in deren Spannung die Freiheit des Menschen existiert, ist Montesquieus unvergängliche Leistung, die staatliche Gewalt Selbst wieder in drei „Peronen“ zerlegt zu haben. Für sich soll sein: die gesetzgebende, die vollziehende und die richtende Gewalt. Die urchristliche Parole von der Gewaltentrennung wird hier konsequent fortgesetzt. Damit kein Mißbrauch der Macht vorkommt, lehrt Montesquieu, muß Macht durch Macht Einhalt geboten werden. Das heißt, um die persönliche Freiheit zu sichern, gilt es, die Gewalten einander entgegenzusetzen. Offenbar ist auch heute diese These aktuell, und es ist ein sehr großes Verdienst des Herausgebers und Übersetzers, das Wesentliche aus dem schwer lesbaren und mit barockem Wissensstoff überladenen Buch der „Gesetze“ Montes-quieus in handlicher und stilistisch hervorragender Form uns geboten zu hoben.

Univ.-Prof. Dr. August M. Knoll

Volkslied, Volkstanz und Volksbrauch in Österreich. Von Raimund Z o d e r. Verlag Doblinger, Wien. 140 Seiten, 46 Notenbeispiele.

Wenn sich dieser schmale, aber inhaltsreiche Band als Lehrbuch gibt, so stehen wir nicht an, es als ein meisterhaftes zu bezeichnen. So ein Lehrbuch konnte nur von einem Mann geschrieben werden, der ein ganzes Leben dem Volkslied und dem Volkstanz gewidmet hat, der mit heißem Herzen und tiefem Gemüt im Volk und mit dem Volk gesungen, getanzt und fein beobachtet hat und der dabei auf voller wissenschaftlicher Höhe der modernsten Forschung steht. Nicht nur der Schüler, sondern auch jeder Lehrer — wir meinen auch: gar mancher Hochschullehrer — wird daraus neben bestem Alten auch sehr viel Neues erfahren. Der Verfasser ebenso wie der Verleger verdienen aufrichtigen Dank und hohe Anerkennung für dieses kleine Meisterwerk, das da einerr der größten Schätze unseres Vaterlandes geschenkt worden ist.

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