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Verfolgte Kirche im Sudan

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Während die meisten jungen Staaten Afrikas der Religion größte Beachtung schenken und namentlich auch die katholischen Missionen wegen ihres großen Beitrags zur sozialen Hebung der Bevölkerung das Wohlwollen der Regierungen genießen, so in Nigeria, Guinea und Mali, und während in diesen jungen Staaten auch die Beziehungen zwischen katholischer Kirche und Islam gute sind, kann man im Sudan wirklich von einer verfolgten Kirche sprechen. Alierdings will . sich der , Islam in den meisten afrikanischen Staaten nicht arabisieren lassen.

Die Redaktion

In beunruhigendem Ausmaß haben sich in den letzten Wochen die Nachrichten über die Ausweisung von Missionaren aus dem Sudan gehäuft, von der nicht nur katholische Missionsangehörige, sondern auch solche anderer christlicher Bekenntnisse betroffen wurden. Ihre Anzahl hat seit Mitte November stetig zugenommen und 100 längst überschritten. Was diese Massenausweisungen für die Kirche des Sudan bedeuten, läßt sich sehr schnell an Hand einiger Vergleichszahlen ermessen:

Am 30. Juni 1961 zählte man im . Sudan 335.208 Katholiken (davon 19.825 noch Taufbewerber) gegenüber rund 268.000 zum gleichen Stichtag im Jahre 1959. Dieser Zunahme der Katholiken um 25,1 Prozent innerhalb jener zwei Jahre entsprach bereits kein gleicher Zuwachs an Priestern: 1961 waren es 199, darunter 19 einheimische Priester — darunter ein einheimischer Bischof —, jedoch 1959 noch 202, davon 17 einheimische Priester. Die jüngsten Massenausweisungen von Missionaren bedeuten mithin einen furchtbaren Aderlaß für die junge Kirche, denn das Verhältnis, nach dem noch vor eineinhalb Jahren ein Priester auf rund 1720 Katholiken entfiel, hat sich bereits stark verschlechtert, und das Mißverhältnis wächst mit jeder weiteren Ausweisung. Würden alle europäischen Missionare des Landes verwiesen, ergäbe dies nach den Zahlen von 1961 — falls wenigstens die einheimischen Priester unbehelligt weiterwirken könnten — schließlich ein Verhältnis von 1:18.000; dies in einem Lande, das mit einer Flächenausdehnung von zweieinhalb Millionen Quadratkilometern größer als Algerien oder der Kongo und gebietsmäßig der größte Staat Afrikas überhaupt istl Die Errichtung neuer Priesterseminare wurde gleichfalls untersagt. Unter einer Gesamtbevölkerung von 11,770.000 im Jahre 1961 (1956: 10,263.000) bilden die Katholiken auch jetzt noch nur eine Minderheit von 2,85 Prozent. Die Angaben über die evangelischen Christen schwanken. Vor knapp zehn Jahren soll es im Sudan rund 37.000, vorwiegend anglikanische und presby-terianische Christen gegeben haben; nach jüngsten Schätzungen sind es zwischen 100.000 und 150.000; das ergibt für alle Christen einen Bevölkerungsanteil zwischen 3,1 und 4,1 Prozent.

Der Sudan: ein arabisches Land

Der Sudan gilt als ein überwiegend islamisches und außerdem als ein „arabisches“ Land. In Wirklichkeit waren, als der Sudas am 1. Jänner 1956 unabhängig wurde, nur fünf nördliche Provinzen überwiegend islamisch, und nur ein geringer Teil der Bevölkerung war des Arabischen mächtig. In einer weiteren Provinz betrug der Hundertsatz schon weniger als die Hälfte; in den drei Südprovinzen dagegen gab es kaum Muslime, und nur wenige Leute verstanden arabisch.

Eine bewegte Geschichte

'Der- Nordsudan hat eine bewegte

Geschichte. Bis Anfang des 16. Jahrhunderts existierten in Nubien christliche Königseiche. Im 19. Jahrhundert wurde der Sudan allmählich von Ägypten erobert, das sich beim Aufbau der Verwaltung auch der Dienste von Europäern, wie des englischen Generals Charles Gordon und des Österreichers Rudolf Freiherrn Slatin („Slatin-Pascha“), bediente. Mit der Besetzung Ägyptens durch England 1882 ging der Sudan durch den gleichzeitigen, erfolgreichen Aufstand der fanatischen Mahdisekte verloren und wurde furchtbar entvölkert: Seine vor der Derwischherrschaft auf 8,5 Millionen veranschlagte Bevölkerung war 1903 auf 1,870.500 gesunken.

Zweifelhafter britischer Sieg

In den zwanziger Jahren begannen die ägyptischen Nationalisten unter der Parole der „Einheit des Niltals“ die englische Vorherrschaft zu bekämpfen, der britische Generalgouverneur des Sudans wurde in Kairo ermordet, worauf die ägyptischen Truppen und Beamten den Sudan räumen mußten. Dies führte nun auch im Sudan zum Entstehen einer damals proägyptischen, national-arabischen Strömung, die sich gegen die Absperrung des Südsudans und gegen England wandte. England verfolgte nun seit dem zweiten Weltkrieg die Politik, den Sudan zu einem unabhängigen Staat zu entwickeln, was Kairo vergeblich bekämpfte. 1953 schloß England mit der ersten ägyptischen Revolutionsregierung des Präsidenten Naguib ein Abkommen, nach welchem der Sudan binnen drei Jahren in einer Volksabstimmung zwischen dem „Anschluß“ an Ägypten oder völliger Unabhängigkeit wählen sollte'. Der Sudan erhielt innere Selbstregierung. Im Zuge der „Sudanisierung“ deT Verwaltung begannen Nordsudanesen auch die bishin britische Verwaltung des Südsudan zu übernehmen. Bei den Wahlen siegte die proägyptische Partei, und Naguib, der selbst sudanesischer Abstammung war, erklärte, daß Ägypten die kommende Selbstbestimmung des Sudans anerkennen werde. Nach seinem Sturz erfolgte aber ein Umschwung im Sudan. Auch die Führer der bishin proägyptischen Partei erklärten sich nun für die Selbständigkeit, .woran auch Nassers Sudan-Minister Salah Salem, der damals als „der tanzende Major“ bekannt wurde, nichts zu ändern vermochte. Im Juni 1955 brachen im Südsudan blutige Aufstände gegen die drohende Vorherrschaft des Nordens aus, die niedergeschlagen wurden, und der Sudan erklärte sich nunmehr ohne Volksabstimmung für selbständig. Der Preis für diesen „Sieg“ der englischen Politik über Nasser war aber, daß der Südsudan stillschweigend seinem Schicksal überlassen wurde. Noch war ia der Sudan eine „Demokratie“.

Sie währte nicht lange. Am 17. November 1958 übernahm eine Militärregierung und Präsident General Abbud die Macht. Dem Staatsstreich war eine Verständigung der Führung der muslimischen Parteien vorangegangen, die damit den Einfluß der laizistischen Kräfte zurückdrängen wollten und eine Staatspolitik der integralen Arabisierung und Islamisie-rung des Landes wünschten, damit aus dem Sudan, aus vielen Stämmen und Völkern, „eine Nation werde“. „Die Heiden sind wie leere Flaschen“, wurde erklärt, „und es ist besser, wenn sie den Islam annehmen, der die Religion der Regierung ist.“ Verwaltungsmaßnahmen zur Einschränkung der Missionstätigkeit waren sogleich nach der Unabhängigkeitserklärung erfolgt. Bereits in den Jahren 1956 bis 1960 wurden 20 Missionare ausgewiesen, neue Einreisegenehmigungen verweigert. 1957 wurden die Schulen verstaatlicht, darunter auch 350 katholische Missionsschulen mit 31.000 Schülern. Die Erteilung christlichen Religionsunterrichts in den Staatsschulen wurde untersagt, Koranunterricht eingeführt.

Die Militärdiktatur Abbuds regierte ansonst sehr erfolgreich. Sie schuf „eine gewisse innerpolitische Ruhe und wirtschaftliche Stabilität“ (Neues Afrika, München, Jänner 1962), da die Preise der Baumwolle, des Hauptexportartikels des Sudan, sich nach einer schweren Krise erholten. Schlecht zugängliche Landesteile wurden durch neue Bahnen erschlossen, und „Gezira“, das Fachleuten als das erfolgreichste Unternehmen künstlicher Bewässerung in ganz Afrika und Asien gilt, weiter ausgebaut. Auch gab es Entwicklungshilfe aus Ost und West, und der Sudan wurde eines der wenigen Entwicklungsländer mit aktiver Handelsbilanz.

Unter kommunistischem Druck

Es gibt allerdings noch eine andere Macht im Sudan. Die Gewerkschaften, die 1946 von der britischen Labourregierung zugelassen wurden, gerieten schon bald darnach unter kommunistische Kontrolle. 1958 erfaßten sie mit 100.000 Mitgliedern schon etwa die Hälfte der nichtlandwirtschaftlichen Arbeitnehmer, darunter die 25.000 Mann starke Eisenbahnergewerkschaft, die mit der Nilschiffahrt praktisch den gesamten Verkehr kontrolliert. „Außerdem ist“, schrieb der amerikanische „Africa Special Report“ (Jänner 1959), „der Sudan das einzige Land in Afrika und im Vorderen Orient, in dem die Kommunisten tatsächlich Bauern nach chinesischem Muster organisieren konnten. Landwirtschaftliche Betriebsgemeinschaften unter kommunistischer Führung bestehen in verschiedenen Landesteilen. Und den eindrucksvollsten Erfolg errangen Sie; KjjrrirnurriSteri tirfter 1 den 29.000 Siedlern des staatlichen -.Ge-zira'-Schemas, wo es keine Feudalherren gibt, die Bauern den höchsten Lebensstandard im ganzen Niltal haben und Streiks sich ausschließlich gegen die Regierung richten.“ General Abbud bestand auch hier eine Kraftprobe. Nach einem einwöchigen Eisenbahnerstreik wurden zwölf Oppositionsführer nach dem äußersten Süden des Landes verbannt.

Das neue Missionsgesetz trat im

November 1962 in Kraft. Es bestimmt, daß Kinder unter 18 Jahren mit der in Gegenwart eines Beamten schriftlich abgegebenen Einwilligung der Eltern getauft oder christlich erzogen werden (bei 80 bis 90 Prozent Analphabeten). Missionare dürfen nur in begrenzten Gebieten tätig sein, keine Beschwerden an die Botschaften ihrer Länder richten. Sie können ausgewiesen werden, wenn „der Zweck, zu dem sie ins Land gekommen waren, nicht mehr besteht“. Dies gilt namentlich im Zusammenhang mit dem Nachrücken einheimischer, muslimischer Lehrkräfte an den Schulen. So wurden am 25. Oktober 1962 zehn Missiöns-angehörige aus dem Vikariat Wau ausgewiesen, obgleich nur zwei von ihnen mit einem Lehrauftrag ins Land gekommen waren. Die Entwicklungshilfe, die die Regierung in Khartum dem Südsudan zugedacht hat, ist vorwiegend schulischer Art, Bisher ein-malig . dürfte sein„ daß ,eias Kjjscbej-verfolgung so indirekt aus den Steuergeldern christlicher Länder finanziert werden kann.

Offizielle Stellen, wie die sudani-sche Botschaft in Washington, haben die Verfolgung zu dementieren versucht. Die Missionarsausweisungen seien ein Folge der Vereinheitlichung des Bildungswesens. Auch hätten sich einzelne Missionare „in die interne Politik des Landes eingemischt“. Der Innenminister General Irwa erklärte, die Maßnahmen seien nur „die Verwirklichung einer Schulpolitik im Rahmen des Programmes der nationalen Vereinheitlichung.“ Dagegen hat der aus dem Sudan ausgewiesene amerikanische Missionar P. Enderizzi die Einstellung der amerikanischen Kredite und der UNESCO-Subvention an den Sudan gefordert, da die sudanesische Militärdiktatur diese Finanzhilfen zur Ausbreitung des Islam und zur Verfolgung christlicher Missionare benütze. Am 19. Februar erklärte auch Radio Vatikan, es stünde fest, daß die Regierung in Khartum der Bevölkerung den Islam und das Arabische aufzuzwingen entschlossen ist.

Dank an die Sowjetunion

Der Deutsche Afrika-Verein (Hamburg) veröffentlichte in seiner Presseschau vom 31. Jänner Auszüge einer Rede des sudanesischen Ministers of Works, Sayed Ziada Arbab im Rotary-Klub von Khartum, in dem dieser die im sudanischen Zehnjahresplan vorgesehenen Investitionen mit 687 Millionen Pfund Sterling bezifferte. Namentlich dankte der Minister bei dieser Gelegenheit ausschließlich der Sowjetunion. Der sudanischen Diktaturregierung wird ein viel geringerer Betrag genügen, um das angestrebte Ziel der Vernichtung der christlichen Gemeinden im Südsudan zu erreichen, wenn ihr niemand dabei in den Arm fällt.

Wird das christliche Abendland wenigstens, neben den Investitionen, auch die noch viel geringeren Mittel aufbringen, um südsudanesischen Flüchtlingen den Besuch eines Priiestersemi-nars in einem der benachbarten, afrikanischen Staaten zu ermöglichen, in denen ihnen verwandte, afrikanische Völker wohnen?

Der Erzbischof von Wien, Kardinal Dr. Franz König, zelebrierte am Montagvormittag im Stephansdom eine Gedenkmesse für die Opfer des Nationalsozia-Iismus. An dieser Gedenkmesse nahmen Bundespräsident Dr. Adolf Schärf, Bundeskanzler Dr. Alfons Gorbach, der Präsident des Nationalrates Dr. Alfred Maleta, Altbundeskanzler Präsident Ingenieur Julius Raab, die Bundesminister Dr. Bock, Dr. Drimmel, Ing. Hartmann, Dr. Klaus und Dr. Schleimer sowie die Staatssekretäre Dr. Kranzlmayr und Doktor Steiner teil. Ferner waren Abgeordnete zum Nationalrat, Vertreter der hohen Beamtenschaft und eine Abordnung des Bundesheeres erschienen. Am Schluß der Messe sprach Kardinal König das Gebet für das Vaterland.

In nächster Zeit wird mit den Bauarbeiten für das neue Institutsgebäude des Afro-asiatischen Instituts (AAI), Wien, begonnen werden. Mit einem Kostenaufwand von rund zehn Millionen Schilling wird in unmittelbarer Nähe des Universitätsviertels ein Zentrum für die Betreuung von Studenten aus Entwicklungsländern entstehen. Eine sehr beachtenswerte Einrichtung stellt der Andachtsraum für nichtkatholische Religionsgemeinschaften dar, der ebenfalls in dem neuen Gebäude errichtet werden wird.

Der Papst hat den Domkapitular und Generaldekan Dr. Eduard Macheiner zum Titularbischof von Selja und Weihbischof von Salzburg ernannt. Der neue Weihbischof wurde am 18. August 1907 in Seethal im Dekanat Tamsweg, Lungau, geboren. Seine humanistischen Studien machte er am Gymnasium des Kollegiums Borromäum in Salzburg und die der Philosophie und Theologie vollendete er als Alumne des Erzbischöflichen Priesterseminars an der theologischen Fakultät der Universität Salzburg. In der Folge erwarb er sich auch den Doktorgrad in Theologie an der theologischen Fakultät der Universität Wien. Während der Kriegsjahre midtmeU er sich -der Seelsorge. Am 23. September 1951 wurde er zum Domkapitular des Metropolitan-kapitels von Salzburg ernannt.

Seit der Trennung von Kirche und Staat im Jahre 190! hat die Kirche in Frankreich schwere finanzielle Sorgen. Während einerseits nur noch 14 Prozent der Katholiken ihren Glauben praktizieren, gibt es anderseits nicht weniger als 15.000 Kirchen ohne Priester. In weiten Gebieten ist selbst die Instandhaltung der Kirchengebäude ein unlösbares Problem. Die 40.000 Weltgeistlichen Frankreichs lebten schon bisher mehr recht als schlecht, denn sie erhielten auf dem Land pro Monat 100 Francs, in der Stadt 500 Francs, wozu noch Einnahmen hauptsächlich bei Hochzeiten und Begräbnissen kamen. Kardinal Feitin hatte den Mut, seine Priester zum Verzicht auf diese Einnahmen aufzufordern, indem künftig für diese Zeremonien keine Gebühr mehr genommen wird. Das bedeutet für einen großen Teil des Klerus einen weiteren Schritt tiefer in die biblische Armut.

Im Rahmen der Feierlichkeiten zu Ehren des heiligen Thomas von Aquin fand am 7. März in der Wiener Dominikanerkirche ein festlich gestaltetes Ponti-(ikalamt statt, das Erzbischof-Koadjutor Dr. Franz Jachym zelebrierte. In einer Predigt erklärte Dr. Josef Kondrine-witsch, die Auffassung des heiligen Thomas von der Einheit von Wissenschaft und Glaube sei durch die moderne Forschung bestätigt worden. Für die heutige Zeit, in der die Wissenschaft in eine Unzahl von Spezialdisziplinen aufgesplittert ist, sei es besonders wichtig, auf die Lehre des heiligen Thomas von Aquin von der einen, ganzheitlichen Wissenschaft hinzuweisen. Was für die Wissenschaft zutreffe, gelte ebenso für das Gebiet der Religion: Nicht nur die einzelnen Zweige der Wissenschaft, auch die verschiedenen Konfessionen müßten jede Abkapselung vermeiden.

In Hamburg wird schon seit langem zwischen evangelischen und katholischen Christen in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens eine gute Zusammenarbeit praktiziert, die sich in den nächsten Jahren noch enger gestalten wird. Dies wurde in einer Podiumsdiskussion des Evangelischen Männerwerks Hamburg bestätigt. Pater Philippi betonte nachdrücklich, daß die Zeit reif sei, um „eine gemeinsame Übersetzung der Bibel für evangelische und katholische Christen anzustreben“.

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