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Vier Wahlen für sechs Jahre

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Wenn auch gewisse Entgleisungen und Mißtöne in den letzten Tagen vor dem 22. Oktober kaum zu vermeiden sein werden, so sieht es doch so aius, als könnte man in Oberösterreich lernen, wie „Wahlschlach-ten“ zu vermeiden sind: Startschuß für die Erneuerung des maßvollen oberösterreichischen Klimas auch in der VoFwaMLzeiit gab für die Volkspartei Landeshauptmann Dr. GJeiß-ner, der erklärte, die ÖVP wolle keinen WahL^kampf“ führen, sondern eine Wahl„werbunig“ durchführen, ein Wort, das dann sehr bald in der sozialistischen Pressekonferenz wiederholt wurde.

In dieser „Werbung“ haben nun SPÖ, FPÖ und die Olah-Fairtei bisherige ÖVP-Methoden übernommen und die Plakatsäulen mit verschiedenen Köpfen tapeziert, dabei den immer ein wenig skeptischen Wähler nicht übermäßig beeindrucken können. Eine Fersönlikhkeitswahl kann man eben nur inszenieren, wenn man „Persönlichkeiten“ hat. Und wenn etwa auf sozialistischen Plakaten neben Bernaschek im Stadtbereich von Wels den eher blassen Bürgermeister Spitzer konterfeit; wenn die Freiheitlichen auf natürlich blauem Untergrund ihren Landes- und Bunidesparteiobmann Peter abbilden, der weder bei Landtags- noch Gemetaderaitswahlen in Erscheinung tritt und sein Bild später durch das des Abgeordneten Doktor Bauer ersetzten, und wenn schließlich das schon fast vergessene Gesicht von Exmöinister Olah zu sehen ist, so erkennt man bald, daß Plakate allein — mögen sie noch so sehr übergroße Paßphotos bringen — noch keine Persöhlichlkeitswaihl ausmachen.

Weniger Parteien als erwartet

Hinter dieser anrollenden Propagandawelle wurde fast kommentarlos zur Kenntnis genommen„ daß in Oberösterreich wertiger Parteien, als ursprünglich erwartet, kandidieren: neben ÖVP, SPÖ und FPÖ ist es die KP und Ohlas DFP. Alle anderen Rechtsgruppierungen konnten' trotz mancher propagandistischer Versuche zur Zeit des Linzer Südtirol-Prozesses kerne parteipolitischen Kristallisationspunkte erzielen. Das zeigt die engen Grenzen aller Rechtsgruppierungen in Oberösterreich auf, ebensosehr allerdings auch die Empfindlichkeit der FPÖ und ihr Unvermögen, einer liberalen Partei zuzusteuern.

Die nicht erfolgten Parteigründungen — man\ (rechnete mit zwei rechten Splitterparteien rechts von der FPÖ — schienen Exminister Olah zu veranlassen, eine sichtbare Rechtswertdunig zu unternehmen und nicht nur unzufriedene Sozialisten, sondern unzufriedene Freiheitliche anzusprechen. Das Uberlaufen eines bisher im sozialistischen Lager beheimateten höhen Linzer Magistratsbeamten und eines bisher freiheitlichen Linzer Gemeiimderats unterstrich nur diese Olahsche Tendenz. Sozialistische Mandatere, denen Olahs Agilität verständlicherweise auf die Nerven geht, versuchten abzulenken, indem sie ebenso bezeichnend erklärten, Olah würde der FPÖ mehr Stimmen wegnehmen als der SPÖ.

Die starke Wahlpropaganda überdeckte allerdings 'auch ein wenig die Tatsache, daß sich auf personellem Sektor in Oberösterreich kaum allzuviel Neues tat. Während bei den Sozialisten vor allem die alte Füh-rungsgarnitur in der Landeshauptstadt Linz überraschte, konnten die Freiheitlichen eigentlich nur in Ried einen neuen Mann präsentieren. Bei der ÖVP gibt es für den neuen Landtag einige erfreuliche Neuerungen: für das Innviertel den Bauunternehmer Dr. Wiesner; im Mühlvientel vermutlich trotz ungünstiger Placierung Hofirat Dr. Spa-nocchi, den früheren Bezirkshauptmann 'von Rohrbach, sowie den Bürgermeister von Ferg» Weidhofer; im Hausruckviertel den AAB-Landes-sekretär Gföller, schließlich vermutlich noch den ÖJB-Landes-führer Bundesrat Winnetzhammer. Kaum Überraschungen gibt es bei den Gemeinderatswahlens vor allem in den Städten; eine stärkere, auf den Generationswandel zurückzuführende Wachablösung wird bei der Landwirtschaftskammerwahl spürbar werden. Dia sechsjährig« LegislaAuiqperiDde

im Landtag — und analog bei den Gemeinden, in der Landwirtschafts-und Landairbeiterbamimer, hat sich bisher ganz außerordentlich bewährt. Innerhalb von sechs Jahren kann wirklich ein weitgestirecktes Programm realisiert werden, und eine ähnlich lange Legislaturperiode wäre dem Bund, alber auch den anderen Ländern (die immer mehr von einer vierj ähnigen Periode abgingen, aber meist eine fünfjährige wählten) ernsthaft zu empfehlen.

Verschiebung der Mandate

Die alte Wählregel und die Mahnung in der Demokratie und für den Staatsbürger, daß jede Stimme entscheidend sein kann, gilt selbstverständlich auch für die obarösterrei-chischen Wahlen, hier mehr denn je. Die Bevölkerungsentwicklung, nicht

zuletzt die Konzentration im Linzer Wahlkreis hat dazu geführt, daß diesmal das Mühlviertel ein Mandat verloren hat, das der Linzer Wahlkreis gewann. Hätte es in letzter Zeit eine Volkszählung gegeben, deren Ergebnis die Mandatsverteilung beeinflußte, so hätte das Innviertel ein Mandat verloren und auch dieses Mandat würde dem Linzer Wahlkreis zugutekommen.

Schon diese Entwicklung, also die Induistrialisierung und die Konzentration zeigt, welche Anstrengungen die Volkspartei bisher machen mußte und laufend machen muß, um ihre absolute Mehrheit im Lande ob der Erms erhalten und zu sichern. Die SPÖ ist die einzige Partei, die nicht viel zu verlieren und nicht viel zu gewinnen hat, auch wenn vermutlich jeder Zug nach oben oder unten als

gesamtösterreichisch bewertet wird.

Kritisch ist diesmal die Situation der FPÖ, die, wären die Wahlen vom März 1966 Landtagswahlen gewesen, kein Grundmandat mehr erhalten hätten und im Landtag nicht mehr vertreten wäre. Hier ist sie augenblicklich mit vier Sitzen vertreten, zuwenig, um an der Landesregierung teilhaben zu können. Bleibt schließlich die Chancen der KP und der Olah-Partei, die beide noch nie im Landtag vertreten waren und auch diesmal gewisse Chancen eigentlich nur auf kommunalem Gebiet haben.

Aber nicht nur diese — nach allen Seiten hin knappe — Situation, auch die Länge der Legislaturperiode ist Anlaß, daß die Wähler gründllicher als sonst entscheiden müssen, wem sie für die nächsten sechs Jahre ihr Land anvertrauen.

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