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Völker im Volke Österreichs

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Wie es dazu kommen konnte, daß die einst fast ausnahmslos betont katholischen Slowenen heute doch zu einem nicht unbeträchtlichen Teil der SPÖ zuneigen und bei allen Wahlen empfehlen, SPÖ zu wählen (beziehungsweise den sozialistischen Präsidentschaftskandidaten) und die als Zünglein an der Waage damit im Kärntner Landhaus die SPÖ an die Spitze brachten und dort erhalten, ist nur scheinbar ein Rätsel. Die Bitternis der Jahre 1941 bis 1945 hat sich tief eingegraben. ÖVP wie FPÖ vertreten grundsätzlich (mit so ziemlich einziger Ausnahme des Nationalratsabgeordneten und Katholikenführers Präsident Hofrat Dr. Ludwig Weiß) den Standpunkt der sogenannten „Windischen“, weil damit Wählerstimmen gewonnen werden. (Schon die einstige Christlichsoziale Partei vertrug sich, ausgenommen ein Wahlabkommen bei den Nationalratswahlen 1930, mit der slowenischen Volkspartei recht wenig). Je ein Repräsentant des „Bundes der Windischen“ sind auf der Liste der ÖVP (nämlich der Obmann dieses Bundes, Prof. Dr. Valentin Einspieler)10 und jener der FPÖ (Erich Silla) in den Landtag gewählt worden. Hingegen hat die ÖVP bei den letzten Landtagswahlen es abgelehnt, einen (katholischen) Slowenen auf ihrer Liste in irgendwie aussichtsreicher Placierung aufzustellen. Ihr Landtagsabgeordneter Dr. Wolfgang Mayrhofer-Grünbühel (Völkermarkt-Kollhof) tritt immer wieder in Wort und Schrift gegen die „nationalen“ Slowenen auf71. Die Zunahme von Industriebetrieben im gemischtsprachigen Gebiet, des Fremdenverkehrs, lockerer Lebensgewohnheiten und Lebenssitten, die Jauntalbahn, all dies führte dazu, daß volksbewußte Slowenen sich der SPÖ näherten, die zudem bisher seit 1945 die deutschkärntnerische Partei war, die für die Slowenen am meisten Verständnis bekundete. Mit bloß abstempelnden Nomenklaturen ist da wenig getan.

Die slowenische Presse

Das wöchentlich einmal erscheinende Organ des Zvezo ist der „Slovenski Vestnik“, Klagenfurt, heute mit eigener Druckerei in Ferlach (Borovlje) und einer Buchhandlung in Klagenfurt, wo slowenische Beletristik aus Laibach vertrieben wird. Die Zeitung ist minderheitenpolitisch von hoher Qualität und bringt regelmäßig auch Beiträge wissenschaftlichen Ranges, dies allerdings vorwiegend aus der Feder jugoslawischer Autoren.

Nahezu gleichzeitig mit dem „Verband“ (Zvezo) beziehungsweise der OF (Befreiungsfront) wurde auch eine katholische nationalslowenische Dachorganisation erneut ins Leben gerufen, der Rat der Kärntner Slowenen („Narodni svet korolkih Slovencev“)7*. Er repräsentiert immer noch, wie erwähnt, rund zwei Drittel der volksbewußten Slowenen, und ist, so wie der „Verband“ (Zvezo) eine Dachorganisation. Als wöchentliches Presseorgan gibt er „Na$ ted-nik — kronika“ („Unser Tagblatt — Die Kronik“) heraus, ein Organ, das aus zwei nach dem Kriege zuerst getrennt erschienenen Zeitschriften zusammengelegt wurde. Die Zeitschrift ist sehr gemütvoll im Inhalt und bringt besonders viele kirchliche Nachrichten und katholisches Geistesgut, ist aber in Bezug auf Fragen des Minderheitenrechtes weit weniger durchgebildet als der „Slovenski Vestnik“. Letzterer erscheint zur Zeit im 20., „NaS tednik-kronika“ fan 17. Jahr. Erscheinungsort ist ebenfalls Klagenfurt, Druck der St.-Hermagoras-Bruderschaft in Klagenfurt7a.

Neben diesen beiden Presseorganen erscheinen verschiedene, meist Sonderaufgaben dienende periodische Druckschriften, wie das katholische Wochenblatt „Nedelja“, „Vera in dorn“, Jugendblätter wie „Trig-lavski Klic“, Studentenblätter usw.

Politische Spaltung

Seit dem zweiten Weltkrieg sind die Kärntner Slowenen politisch aufgespalten und in zwei Hauptgruppen zerrissen. Wenn dies auch nicht so arg ist wie in Triest und Görz, wo es eine ganze Reihe slowenischer Parteien gibt, wirkt sich die parteipolitische Aufspaltung in Kärnten für die slowenische Minderheit nicht günstig aus, obwohl es bekannt ist, daß auch der „Volksrat“ recht gute Beziehungen nach Laibach unterhält und obwohl in allen wichtigen Angelegenheiten (Memoranden) beide Verbände gemeinsam vorgehen. Die Tatsache, daß der „Volksrat“ in allem, was Bundesrepublik ist, die ÖVP unterstützt, bedeutet doch eine Quelle von Reibungen zum sozialistischen Zvezo.

Die sonstigen Organisationen der Kärntner Slowenen sind parteipolitisch nicht aufgespalten. So gibt es einen einheitlichen „Slowenischen Kulturverband“ mit einer Vielzahl angeschlossener örtlicher Kulturvereinigungen in nahezu jeder Gemeinde mit nennenswerter Slowenenanzahl. Besonders stark ist der ziemlich stark an den Zvezo angelehnte „Verband slowenischer Genossenschaften“, dem derzeit 31 Spar-und Darlehenskassen (mit einer Slowenischen Genossenschaftsbank), 11 landwirtschaftliche Wirtschaftsgenossenschaften, 4 Viehzuchtgenossenschaften, eine Saatgutgenossenschaft und ein Brandschadenunterstützungsverein angehören. Die slowenischen Genossenschaften wurden nach dem Krieg selbstredend wieder errichtet, ihr Vermögen wurde rückgestellt. Ein slowenischer Alpenverein (Slovensko planinsko drustvo) befaßt sich mit Wandern und Bergsteigen in den Karawanken und den Steiner Alpen sowie im Mittelge-birgsland.

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