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Von der Administratur zur Diözese

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Nach dem ersten Weltkrieg wurden die westlichen Teile der ungarischen Komi täte Moson (Wieselburg), Sopron (ödenburg) und Vasvär (Eisenstadt) zum neuen Bundesland Burgenland zusammengefaßt und der Republik Österreich angeschlossen. Es ergab sich nun die Frage nach der kirchenrechtlichen Stellung des Burgenlandes.

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Nach dem ersten Weltkrieg wurden die westlichen Teile der ungarischen Komi täte Moson (Wieselburg), Sopron (ödenburg) und Vasvär (Eisenstadt) zum neuen Bundesland Burgenland zusammengefaßt und der Republik Österreich angeschlossen. Es ergab sich nun die Frage nach der kirchenrechtlichen Stellung des Burgenlandes.

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Die ungarischen Bischöfe Mikes von Szombät-hely (Stednamanger) und Fetsar von Györ (Raab) wollten von einer Abtrennung der burgenländischen Pfarren von ihren Diözesen nichts wissen. Sie dachten daran, für die an Österreich angeschlossenen Dekanate Generalvikare zu ernennen, die ihren Sitz im Burgenland haben könnten. Die „Verwaltungsstelle für den Anschluß Deutsch-Westungarns an Österreich“ schlug der österreichischen Regierung vor, in Rom um die Entsendung eines Apostolischen Delegaten nach Ödenburg anzusuchen, der eine Regelung aller kirchlichen Fragen nach dem Anschluß des Burgenlandes an Österreich herbeizuführen hätte. Dieser Delegat könnte auf die Errichtung einer eigenen Diözese ödenburg hinarbeiten. Dadurch käme man zu einer klaren Trennung des Burgenlandes von den ungarischen Diözesen. Rom entschied anders. Das Burgenland wurde kirchlich vorübergehend direkt dem Heiligen Stuhl in Rom unterstellt und der Wiener Erzbischof Dr. Friedrich Kardinal Piffl zum Apostolischen Administrator des Burgenlandes ernannt. Das Dekret war mit dem 18. Mai 1922 datiert. Der Apostolische Administrator ernannte seinerseits den Wiener Domherrn Dr. Franz Hlawati zu seinem

Provikar, der die ordentliche Jurisdiktion im Burgenland ausübte.

Im Konkordat von 1933/34 wurde im Art. III, § 2 bestimmt, daß die Apostolische Administratur Burgenland zu einer Pralatura nullius mit dem Sitz in Eisenstadt erhoben werden sollte. Damit hätte der künftige „Freie Prälat“ das Burgenland wie ein Diözesanbischof regieren können. Die bisherige Verbindung mit der Erzdiözese Wien wäre damit gelöst worden.

Die Vereinbarungen zwischen Staat und Kirche, die zur Durchführung der im Konkordat festgelegten Erhebung zur freien Prä-latur notwendig waren, kamen allerdings nicht zustande. Die Machtergreifung des Nationalsozialismus in Österreich und der Ausbruch des zweiten Weltkrieges verhinderten weitere Verhandlungen.

Nach den Schrecken des Krieges und dem Ende der russischen Besatzungszeit versuchten die Katholiken des Burgenlandes einer Lösung der Frage nach dem kirchlichen Status ihrer engeren Heimat näherzukommen. Es war befremdend, daß im päpstlichen Jahrbuch der Oberhirte des Burgenlandes unter einer ungarischen Diözese geführt wurde. Auf dem 1. Delegierter-Hag der Katholischen Aktion des Burgenlandes, am 28. August 1955, sprach ihr damaliger Präsident, Img. Mad, offen den Wunsch der burgenländischen Katholiken aus, es möge die Apostolische Administrator Burgenland zu einer eigenen Diözese erhoben werden.

Als am 12. Februar 1956 der Apostolische Nuntius in Österreich, Erzbischof Dr. Delle-piane, ein Freund des Burgenlandes und seines Oberhirten, in Mattersburg und Eisenstadt weilte, wurde das Thema erneut angeschnitten.

Inzwischen hatte sich auch das Klima innerhalb der österreichischen Bundesregierung bezüglich der Gültigkeit des Konkordats von 1933/34 etwas gebessert. Bundeskanzler Ing. Raab gab anläßlich seiner Regierungserklärung am 4. Juli 1956 der Hoffnung Ausdruck, daß nun endlich das Verhältnis des Staates zur katholischen Kirche auf dauerhafte Grundlagen gestellt werden könne. Am 14. Jänner 1957 suchte der Apostolische Administrator des Burgenlandes, DDr. Stephan Läszlö, offiziell um die Erhebung der Apostolischen Administratur Burgenland zur Diözese in einer Eingabe nach Rom an. Da aber die Diözesanerrichtung eine Konkordatsmaterie ist, hing die Erfüllung dieses Wunsches davon ab, ob Österreich und der Heilige Stuhl in der Frage der Gültigkeit des Konkordats einander näherkamen.

Dies war im Jahre 1957 anscheinend der Fall. Der neugewählte Bundespräsident Dr. Schärf erklärte am 22. Mai 1957: „Ich bin froh darüber, daß in unserem Lande in Kulturfragen ein anderes Klima hergestellt ist, als es früher herrschte. Ich will alles daransetzen, daß in diesem Klima eine Regelung des Verhältnisses zwischen dem Staat und der römisch-katholischen Kirche erfolgt, ohne daß dabei Sentimentalitäten von einst geweckt werden.“ Am 21. Dezember 1957 konnte die österreichische Bundesregierung dem Heiligen Stuhl in einer Note mitteilen, sie habe den einstimmigen Beschluß gefaßt, zu erklären, daß das Konkordat vom 5. Juni 1933 gültig sei. Wohl reagierte darauf das Staatssekretariat des Papstes ziemlich prompt und nahm mit Vergnügen diese Stellungsnahme zur Kenntnis. Die Konsequenzen, die der Heilige Stuhl zog, daß nämlich in einem solchen Fall alle vereinbarten Verpflichtungen selbstverständlich erfüllt werden müßten und nicht einseitig gelöst werden könnten, überraschten aber und enttäuschten viele österreichische Politiker. Die eingeleiteten Gespräche und Verhandlungen gerieten wieder ins Stocken. Aber es kamen auch ernste Querschüsse von ungarischer Seite. Auslandsamgarn, die im Jahre 1956 ihre Heimat hatten verlassen müssen, protestierten heftig dagegen, daß im gegenwärtigen Zeitpunkt eine endgültige Loslösung des Burgenlandes von den ungarischen Diözesen Raab und Steinamanger, und aus dem Metropolitanverband Gran erfolgen sollte, dem das Gebiet des Burgenlandes de iure noch immer einverleibt war. Die Exilungarn sprachen sogar von „Leichenfledderei“, die auf Kosten des vom Kommunismus unterdrückten ungarischen Volkes betrieben werde. Sie spielten dabei auf den Metropoliten von Gran, Kardinal Mindszenty an, der von den Russen gefangen gehalten wurde und sich daher nicht zur Wehr setzen könne, wenn ihm Teile seiner Kirchenprovinz entrissen und der Metropole Wien einverleibt würden. Von einem Unrecht, das der schwer geprüften ungarischen Kirche durch die Errichtung einer Diözese Eisenstadt angetan werden sollte, kann selbstverständlich nicht gesprochen werden, denn es war ja bloß daran gedacht, endlich de iure anzuerkennen, was de facto schon seit 1922 galt. Die ins Stocken geratenen Verhandlungen zwischen der österreichischen Bundesregierung und dem Heiligen Stuhl kamen erst nach dem Tode des Papstes Pius XII. wieder in Gang. Am 17. März 1959 schlug Österreich bei Anerkennung des Konkordats eine kleine Änderung in dem Sinne vor, daß im Burgenland anstelle der vorgesehenen Prälatura nullius eine eigene Diözese errichtet werden sollte. Rom stimmte dem zu, wünschte aber, daß bei den notwendigen Verhandlungen gleichzeitig auch vermögensrechtliche Fragen zur Sprache kämen. Tatsächlich wurden nach der Regierungsbildung im November 1959 die Vorverhandlungen in der Nuntiatur aufgenommen und um die Jahreswende positiv abgeschlossen. Im Februar 1970 waren die Vertragstexte fertig. Zur Unterzeichnung kam es am 23. Juni 1960.

Neben der Regelung von vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen dem 'Heiligen Stuhl und Österreich wurde die Erhebung der Apostolischen Administratur Burgenland zu einer Diözese vereinbart. Zur Dotierung der bischöflichen Mensa übergab die Regierung ein Waldstück im Ausmaß von rund 300 Hektar, das in der Nähe von Maria-Lankowitz in der Weststeiermark liegt. Ferner stellte Österreich der neuen Diözese einen Betrag von 5 Millionen Schilling zur Verfügung. Die päpstliche Bulle über die Diözesanerrichtung erfolgte am Großen Frauentag (15. August) des Jahres 1960. Sie beginnt mit den Worten: „Magna quae“ und wird daher auch so zitiert. Einige Wochen später wurde durch eine weitere Bulle der bisherige Apostolische Administrator DDr. Stephan Läszlö zum ersten Diözesanbischof von Eisenstadt ernannt, der die beiden Bullen dem Administraturrat und den in der Domkirche zum Heiligen Martin in Eisenstadt versammelten Priestern und Gläubigen vorlegte, und damit rechtlich von seiner Diözese Besitz ergriff. Die feierliche Amtseinführung des neuen Diözesanbischofs erfolgte am 11. November 1960. Die höchsten Vertreter von Staat und Kirche nahmen an dieser erhebenden Feier teil. Mit der Errichtung eines Domkapitels, die am 1. Mai 1963 erfolgte, ist der Prozeß der Errichtung und Einrichtung der Diözese Eisenstadt zum Abschluß gekommen.

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