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VON NEUEN BÜCHERN

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Zum fünftenmal wurde am 22. November in Wien und gleichzeitig in fünf anderen österreichischen Städten die „österreichische Buchwoche“ eröffnet. Ein kleines Jubiläum: denn ein halbes Jahrzehnt ist vergangen, seitdem diese Einrichtung geschaffen wurde, die sich die Verbreitung des österreichischen Buches unter der Bevölkerung zur besonderen Aufgabe gesetzt hat. Als die „österreichische Buchwoche“ vor fünf Jahren zum erstenmal ins i Leben trat, spukte in manchen Köpfen noch der Traum von „Wien als Buchstadt an Stelle von Leipzig“, während Skeptiker das aufstrebende österreichische Verlagswesen nur als eine vorübergehende Erscheinung bezeichneten. Beide haben unrecht gehabt: Österreich konnte sich innerhalb des deutschen Sprachraumes nicht die geträumte überragende Stellung erobern, von den vielen Verlagen, die Österreich nach dem Krieg besaß — es waren im ganzen 440 —, konnte nur ein kleiner Teil das „Rennen" durchsieben. Aber dieser relativ kleine Teil erwies sich als ein sehr zäher Partner gegenüber dem deutschen und schweizerischen Verlagswesen: 3440 Buchtitel erscheinen jährlich in Österreich. Das ist im Durchschnitt mehr als in Deutschland und der Schweiz, und 70 Millionen Schilling fließen jährlich Österreich aus dem Buchexport zu, Zahlen, die auch den größten Skeptiker überzeugen müssen. Wer die diesjährige Ausstellung durchwandert, wird eine weitere Verfeinerung auf dem Gebiet der Herstellung beobachten können: die Umschläge, das Papier, die Bindeart sind noch besser geworden. Inhaltlich steht die schöne Literatur an der Spitze, allerdings überwiegen die ausländischen Autoren. Die Anzahl der Kunstbücher ist relativ kleiner geworden, wohl infolge der hohen Herstellungskosten.

Ein Jubiläum anderer Art feierte der „österreichische Buchklub der Jugend": vor kurzem erreichte sein Mitgliederstand die Zahl von 100.000. Diesel „Buchklub" ist kein Verlag, sondern ein gemeinnütziger Verein, der sich die Verbreitung guter Bücher unter der Jugend zum Ziel gesetzt hat. Für einen Jahresbeitrag von zehn Schilling erhält der jugendliche Leser ein schönes Jahrbuch und das Recht, sich eine Anzahl von Büchern gegen eine große Ermäßigung zu kaufen. Bücher, die vom „Buchklub' geprüft und als geeignete Lektüre bezeichnet wurden. Millionen und aber Millionen von Schundromanen hatten in den letzten Jahren den österreichischen Markt überschwemmt und die Jugend verdorben. Neben dem „Gesetz gegen den Schmutz und Schund“ ist dieser „Buchklub" einer der aktivsten Stützen für die Verdrängung des schlechten Buches aus der Eland der Jugend.

Zu Beginn der „österreichischen Buchwoche" feierte auch ein österreichischer Verlag eiti kleines Jübiläum: die „Herold“ Druck- und Verlags G. m. b. H. in Wien beging die vor fünf Jahren erfolgte Reaktivierung ihres Buchverlages und das Erscheinen ihres hundertsten Verlagswerkes. Eine Feier in den Räumen der Katholischen Akademie, in Anwesenheit des Wiener Kardinals, des Bischof-Koadjutors von St. Pölten, DDr. König, des Unterrichtsministers, vereinte die Autoren des Verlages, unter denen besonders die große Anzahl von Wissenschaftern äüffiel, sowie Buchhändler und Journalisten. Generaldirektor Schmitz sprach in einer kurzen, aber inhaltsvollen Rede über den Weg des Verlages inherhalb dieser letzten fünf Jahre, über Erfolcje, Mißerfolge, Ziele, die erreicht wurden und noch angeStrebt werden, über Bemühungen, Anstrengungen, Wünsche. Eine kleine Ausstellung aller bisher erschienenen Werke unterstrich die Worte des Sprechers. Besonders auffallend ist die große Zahl wissenschaftlicher Publikationen: da ist die Buchreihe „Wissenschaft und Weltbild", unter der die klangvollen Namen Köppers, Marcel, Gabriel, Mühlher, Ferrari vertreten sind. Da sind die Ausgaben des weltberühmten j Instituts für Völkerkunde an der Universität Wien mit dem Sammelband „Kultur und Sprache", dem Werk von Fuchs über „The children of Hari“ und Hermanns übet die Nomaden von Tibet. Da ist die Buchreihe „Beiträge zur Geschichte der christlichen Bewegung in Österreich" mit den bereits erschienenen Werken von Till über Hofbauer und Allmayer-Beck über Vogelsang. Da ist die Reihe „Wiener Studien", herausgegeben von den Ordinarien der drei öster reichischen Universitäten, mitbegründet von Srbik, die sich die Pflege der österreichischen Geschichtswissenschaft zur Aufgabe gemacht hat. Da ist das umfangreiche Werk von Dr. Friedrich Funder, das soeben erscheint uhd eine Fundgrube persönlicher Erinnerungen über die Geschichte der Christlichsozialen Partei darstellt. Da ist auf dem historischen Gebiet das Werk von Maaß über den Josephinismus, die erste quellenmäßige Auseinandersetzung über diese wichtige historische Epoche.

Unmöglich, alle Bücher des Verlages aufzuzählen. Hingewiesěn sėi auf die zahlreiche religiöse Literatur, teils auf dem Gebiet der spekulativen Theologie, wie die Werke voh Mitterer und HÖrrtiann, teils auf dem Gebiet det Katechese, wie die Bücher von Blieweis und Kfonerwöther, teils auf dem Gebiet der erbauenden, der praktischen Theologie. Hier finden wir unter Anderem die Werke eines

Daniel-Rops, eines Diego Hanns Goetz, einer Adrienne von Speyr, eines Professors Mitzkä S. J., vor allem auch des Generaldirektors des Verlages, von dessen Betrach- tungsbüchern bereits das fünfte Bändchen erscheinen konnte. Ein kleiner Teil der Ver- lagspublikatiönen ist dem Gebiet der Kunst zugewandt, besonders der Kunst des Ste- phänsdomes, so die Werke von Kießlinger, von Oettinger, voh Stix-Chmel. Vielfach sind die Veröffentlichungen auf dem Gebiet der schönen Literatur. Die besten österreichischen und ausländischen Namen sind hier anzu- treffėn. Voh den Österreichern besonders Bodmershof, Hertz, Handel-Mazzetti, Wied, Lernet-Holenia, Sacher, von den Ausländern Papini, Péguy, Green, Waugh, Stuart, Edwards, Durych, Quefféléc.

Fünf Jahre und hundert Buchtitel: ein kurzer, aber ein erfolgreicher, ein inhaltsreicher, ein oft gewagter Weg. Denn das besondere Kennzeichen dieses Verlages ist ja,

daß er nicht nur durch Seine Werke Freude, Wissen verbreiten will, sondern vor allem gesinnungsbildend zu wirken wünscht. Fünf Jahre Verlag und hundert Buchtitel. Mit Recht ein Moment, um kurz innezuhalten, die Vergangenheit zu überschauen und den Blick in die Zukunft zu richten. Und vor allem sich zu freuen.

Art und Brauch Im Land ob der Enns. Von Franz Lipp. Tafeln des Bilderatlasses von Rotraut Hinderks-Kutscher. Otto Müller, Salzburg. 10 Bildtafeln in vierfarbigem Offsetdruck. 24 Seiten Text.

Der erste Eindruck, ein ebenso reizendes wie gehaltvolles Bilderwerk vor sich zu haben, vertieft sich zunehmend beim Durchblättern und aufmerksamem Lesen. Aufschlußreich klar gezeichnet stehen in einer ersten Vogelschau Haus und Hof in der Landschaft. Flachland, Hügelland und Gebirge wie Wald haben sie nach ihren jeweiligen Lebensnotwendigkeiten geformt und abgewandelt. Eine Trachtenauswahl aus Gegenwart und Vergangenheit stellt uns auf einem zweiten Blatt die Landesbewohner in ihrer Erscheinung vor, während auf einem dritten das bunte Getriebe des Fleißes der kleinen Leute und Handwerker im Lande ersichtlich ist: der Weber im Mühlviertel, Zillenbauer am Strom, Schmiede in den Eiíenwurzen, der Fischer, Jäger, Beinsimperlmacher (Bienenkorbflechter) und der unverzagt neu ans Werk gegangenen Glasbläser. Nicht vergessen sind dazwischen die rüstigen Frauen, die den Flachs rollen und brechen, die Himmelbrandbrockerinnen, die Bergheuer und Holzschuhmacher und andere mehr. Zierlichen Bilderbogen gleich unterrichtet die Kleinbilderschau von der Volkskunst, der barocken Fülle der Bräuche und Spiele — festliche Speisen und Getränke nicht zu vergessen — und der mehr romantischen des Märchens und der Sage, mit ihren wundersamen und geheimnisvollen Gestalten in der Szenerie des Landes. Wie der Künstlerin in der Gestaltung ist Dr. Lipp in der Auswahl der Themen zur anschaulichen Charakterisierung von Art und Brauch der Oberösterreicher ein trefflicher Würf geglückt. Sein Text bietet außer aufschlußreichen Erläuterungen zu den Bildtafeln au’ch eihen knappen Abriß zum Werdegang des Landes und seiner geschichtlichen Landschaftsgliederung Vielbewandert und warm- fühlend für Volk und Heimat hat er damit ein zeitgemäßes und volkstümliches Lehr- und Lernbuch geschaffen, das groß und klein für besinnliche Stunden sehr angelegentlich empfohlen sei. Es wird auch den des Faches schon Kundigen zu neuen kulturgeographischen Einsichten führen.

Prof. Dr. Arthur Haberlandt

Periodische Enthaltung in der Ehe. Von J. N. J. Smul der s. Vierte, völlig neubearbeitete Auflage. Manz-Verlag, München 1952. 104 Seiten.

Smulders gehört zwar nicht, wie der Unišchlagstreifen des Buches erklärt, zu den Begründern" der Lehre von děr periodischen Fruchtbarkeit der Frau, aber zu ihren ersten Vorkämpfern und erfolgreichsten Populari- satören. Man kann daher nicht von einem „System Ogino-Smulders“ sprechen, sondern nur voh einer Methode Knaus- Ogino; abgesehen davon, hat Smulders in seiner populären propagandistischen Darstellung eine optimistische Sicherheit betont, die in keiner Weise durch die Kompliziertheit der wissenschaftlichen Probleme und die Schwierigkeit der praktischen Anwendung gerechtfertigt ist. In seihen Literaturhinweisen sind alle Autoren fortgelassen, die sich dieser allzu optimistischen Deutung nicht anschließen. Die moraltheologische Beurteilung ist in der vorliegenden Auflage von Prof. Dr. Heinz Fleckenstein verfaßt. Auch hiebei sind die Stimmen der Autoren nicht berücksichtigt, die größere Schwierigkeiten sehen als der Verfasser.

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