6721171-1965_13_04.jpg
Digital In Arbeit

Vorarlbergs Gemeinden wahlen

Werbung
Werbung
Werbung

Über die Landtagswahlen, die in der Steiermark und in Kärnten mit einem starken Vorausblick auf die Bundespräsidentenwahlen durchgeführt wurden, drohte die Öffentlichkeit die Wahlen, die am 4. April über die 96 Gemeinden Vorarlbergs entscheiden, fast zu übersehen.

Es geht um die Bürgermeisterstühle und nicht um entscheidende Fragen der Landes- oder der Bundespolitik. In beiden Angelegenheiten, welche die Bevölkerung innerlich beschäftigt, spielt die Parteipolitik keine Rolle. Nach den Ereignissen von Fußach hat sich die Vorarlberger SPÖ eindeutig zum Land bekannt und sich in Widerspruch zu ihrer eigenen Parteizentrale gesetzt. Wie weit dies die Vorarlberger Wähler honorieren werden, wird man erst sehen.

Der Protest gegen die Errichtung eines ölkraftwerkes in Rüthi, auf Schweizer Boden, aber unmittelbar an der Vorarlberger Grenze, wobei Rauchschäden für Mensch, Tier und Pflanze befürchtet werden, ist eine Angelegenheit für Techniker und Juristen, wird aber parteipolitisch nicht ausgenützt.

Durch die ÖVP weht ein frischer Zug. Der junge Landeschef sieht den Vorarlberger Föderalismus nicht darin, möglichst die Ostgrenze zu schließen und eigene Wege zu gehen, sondern produktive politische Ideen aus Vorarlberg in das gesamte Bundesgebiet zu tragen. Sein lebhafter persönlicher Einsatz im steirischen Wahlkampf war eine Neuigkeit, vor allem für Vorarlberg. Auch die Wahlbewegung in Kärnten arbeitete stark mit Hinweisen, wieviel besser die Vorarlberger ÖVP-Verwaltung arbeite als das eigene SPÖ-Regime. Wenn auch der Vorarlberger Wahlkampf auf Gemeindeebene geschlagen wird, spielt doch der Blick auf den New Look im Landhaus keine geringe Rolle. Vor allem hat die Verantwortungsfreude, in der sich der neue Landeshauptmann in den Bereich verwickelter Probleme gestürzt hat, lihm viele Freunde erworben;

In Vorarlberg pflegen sich die Ergebnisse der Gemeindewahlen weitgehend von Wahlgängen zum Nationalrat oder zum Landtag zu unterscheiden. Es kommt in erster Linie auf den Listenführer der stärksten Partei und damit auf den kommenden Bürgermeister an, wobei es wiederum bezeichnend ist, daß die jeweiligen Bürgermeisterparteien die besten Aussichten haben. So dürfte Dr. Karl Tizian in Bregenz neuerlich sehr gut abschneiden; sein Einzug in die Landespolitik hat sein Ansehen bei seinen engeren Mitbürgern verstärkt, da nun die Bregen-zer Interessen im Landhaus stärker vertreten werden. Umgekehrt setzen die Freiheitlichen ihre Hoffnungen auf Bürgermeister Robert Bäsch in Lustenau. Die „Lustenauer Koalition“ (FPÖ und SPÖ) ist die einzige Sorge, welche die ÖVP bei den kommenden Gemeindewahlen zu bedrücken braucht. Die SPÖ dürfte außer in der Gemeinde Bürs bei Bludenz nirgends auf eine absolute Mehrheit kommen; es ist aber nicht ausgeschlossen, da in einzelnen Fällen die ÖVP von der absoluten auf die relative Mehrheit fällt und das Lustenauer Beispiel ansteckend wirkt.

Erregend ist der Wahlkampf eigentlich nur in der größten Stad des Landes, in Dornbirn. Rechtsanwalt Dr. Günther Moosbrugger, Bürgermeister seit 1945, kandidiert nicht mehr; für ihn hat die ÖVP den Stadtsekretär Dr. Karl Bohle als Nachfolger aufgestellt. Hier geht es um die absolute oder relative Mehrheit der bisherigen Rathauspartei. Die anderen Städte und größeren Industrieplätze sind unproblematisch. In Hohenems wird ein verhältnismäßig junger, akademisch gebildeter Landwirt mit besten verwandtschaftlichen Beziehungen in die industrielle Spitzengruppe des Landes als Bürgermeister präsentiert: Diplomingenieur Otto Amann, eine Persönlichkeit, von der noch viel zu erwarten ist. Sicher ist die ÖVP auch in Götzis, obwohl dieser Ort am stürmischsten von allen des Landes gewachsen ist und den größten Zuzug von auswärts zählt. In Götzis scheint die in Vorarlberg manchmal recht problematische menschliche Integration am besten gelungen. Rankweil mußte seinen Bürgermeister abtreten, als er zum Landeshauptmann gewählt wurde; es ist für Vorarlberg bezeichnend, daß Dr. Herbert Kessler an seinem Wohnort als einfacher Gemeindevertreter neuerlich kandidiert.

Feldkirch ist nach wie vor die österreichische Stadt, in der die Mehrheit der ÖVP am stärksten ist, so daß Bürgermeister Lorenz Tiefenthaler seiner Sache sicher sein kann. Etwas auf der Schneide liegt die Entscheidung in Bludenz; darum tat dort die ÖVP gut, Bürgermeister Eduard Dietrich zum fünften Male aufzustellen. Im Montafon sind freiheitliche Einbrüche nicht ausgeschlossen.

Im großen und ganzen kann die ÖVP Vorarlbergs dem Wahlgang ruhig entgegensehen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung