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Warnsignale aus Rumänien

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Das hier veröffentlichte erschütternde Material über das Bestreben der Regierungsstellen in Rumänien, mit allen Mitteln die Stellung der römisch-katholischen Kirche sturmreif zu machen, lag der angesehenen römischen Halbmonatsschrift „Civiltä Cattolica“ vom 18. März 1950 (S. 695 ff.) vor.

„Die österreichische Furche'

Während die christlichen „Kirchen“, die Juden und Mohammedaner sich mit dem kommunistischen Regime verständigt haben, indem sie am 24. Juni 1949 ihre Zufriedenheit mit der Religionsfreiheit, deren sie sich in der rumänischen Volksrepublik erfreuen, erklärten, will sich allein die katholische Kirche der Bevormundung durch eine gottfeindliche Regierung nicht beugen. Diese versucht darum, sie der stärksten Stütze zu berauben, indem sie sie vom Heiligen Stuhl loszureißen sucht. Als am 28. Oktober 1948 die katholischen Bischöfe das im August dieses Jahres angeforderte Statut vorlegten, versäumte es der Kultusminister nicht, seine Absichten klarzulegen: der Primat des Bischofs von Rom müsse mit allen sich daraus ergebenden Folgerungen gestrichen werden. Man begann, die Beziehungen der katholischen Kirche Rumäniens mit dem Vatikan zu kontrollieren. Am 3. August 1949 wurden die Oberen der verschiedenen religiösen Orden vor den Kultusminister befohlen, der ihnen erklärte, die Regierung könne keinerlei Beziehungen organisatorischen Charakters mit Rom dulden, sondern einzig „dogmatische“ Beziehungen, und auch diese nur über das Kultus- und Außenministerium.

Die seit Jänner 1949 entfesselte Pressekampagne gegen die römisch-katholische Kirche erweckt den Eindruck, es handle sich um eine großangelegte Vorbereitung zum Generalangriff. Was im Oktober 1948 mit der griechisch-katholischen Kirche gelang, soll auch mit der römisch-katholischen versucht werden: ihre Union und Verschmelzung mit der orthodoxen Kirche. Als hauptsächliches Werkzeug dieses Manövers ist ein apostasierter Priester des orientalischen Ritus, ein gewisser H e r i n e a n u, ausersehn, der von den Orthodoxen zum Bischof von Roman-Huschi geweiht wurde. Bei seiner Inthronisation am 28. August 1949 wies ihm der Patriarch Justinian ausdrücklich als besondere Aufgabe zu, die lateinischen Katholiken zur Orthodoxie zu führen. Die Absicht des Patriarchen scheint eine Eingliederung der römisch-katholischen Kirche in die orthodoxe unter Beibehaltung des lateinischen Ritus zu sein. Der Weg dahin ist unterdessen mit aller Konsequenz und Taktik beschritten worden.

Bald nach der Zurückweisung des im Oktober vorgelegten Statuts ' wurden drei der fünf römisch-katholischen Bischöfe Rumäniens — von Bukarest, Timi-soara und Satumare-Oradeamare — von der Regierung für abgesetzt erklärt; sie sind zwar persönlich frei, können jedoch ihre Funktionen nicht ausüben. Bald darauf wurden die anderen beiden Bischöfe, die man zunächst anerkannt hatte, verhaftet: Bischof Marton von Alba Julia ist seit 21. Juni 1949 im Kerker, während Bischof Durkovici von Jassi auf ein Gut des Innenministers zu Afumati, zwanzig Kilometer von Bukarest, verbannt wurde. Das Ansinnen der Regierung, die Generalvikare möchten das von den Bischöfen vorgelegte Statut abändern, wurde von diesen zurückgewiesen. Seither trägt sich die Regierung mit dem Plan, selbst ein Statut auszuarbeiten, das zur gegebenen Zeit durch ein Plebiszit von Priestern und Gläubigen sanktioniert werden soll. Man begann in der Presse von Priestern verfaßte Artikel zugunsten eines „demokratischen“ Statuts zu veröffentlichen; die Verfasser waren wegen ihres tadelnswerten Lebens von den Bischöfen verschiedentlich bestraft worden und wurden darum die besten Freunde der Kommunisten. Andere wurden das Opfer von Hinterlist, wenn nicht geradezu von plumpen Fälschungen oder brutaler Gewalt. Die Methoden, solche Erklärungen herauszulocken, sind verschieden. Gewöhnlich bekommt der Priester den Besuch eines Delegierten des Kultusministers und der Kommunistischen

Volkspartei, der von einem Vertreter der politischen Ortsgruppe begleitet Ist. (Manchmal wird der Priester jedoch kurzerhand zur Polizei gerufen.) Die Unterhaltung beginnt scheinbar freundschaftlich und vertraulich; aber am nächsten Tag kommen die beiden mit dem Verbale der Unterhaltung wieder und verlangen vom Priester die Unterschrift, ob nun der Inhalt wahr ist oder nicht. Wiederholt konnten Priester in der Zeitung unter Erklärungen ihre Unterschrift finden, die sie kategorisch ver weigert hatten.

Weiter versuchte man mit plumpen Erfindungen und Drohungen Priester zu zwingen, neugegründeten schismatischen Vereinigungen beizutreten, so zum Beispiel dem „Anti-Pius“. Ein Polizeichef scheute sich nicht, einen Priester mit der Behauptung zu überreden, 40 Prozent der Diözese Jassi seien bereits beigetreten. Die gescheiterte Vereinigung „Anti-Pius“ mußte unterdessen den Namen wechseln. Einem Priester wurde zugemutet, aus den Händen der Regierung die Würde eines „Volks-Erzbischofs“ von Bukarest anzunehmen; als er dieses Ansinnen zurückwies, sperrte man ihn ein. Viele Priester sind im Kerker, von der Diözese Jassi allein 14; in der Diözese Timisoara wurden in 12 Pfarreien die Pfarrhäuser beschlagnahmt, in 30 Pfarreien wurde dem Pfarrer nur ein winziger Raum belassen.

In die bischöflichen Ordinariate wurden Spione eingeschmuggelt. Zu diesem unsauberen Geschäft suchte zum Beispiel ein Geheimpolizist einen Priester — ohne Erfolg — dadurch zu zwingen, daß er ihn bei seiner Ehre bedrohte: „Wir werden dich verhaften, dich mit einer Injektion in den Zustand der Unzurechnungsfähigkeit versetzen, dich in kompromittierenden Haltungen und Gesellschaften photographieren und es dann veröffentlichen.“

Die Steuern werden nach einem fiktiven Einkommen, das weit über dem wirklichen liegt, angesetzt. Im Juli 1949 kam Polizei in die Gegend von Silindria zur Beschlagnahme der Ernte; da gaben einige Bauern mit den Kirchenglocken Alarm, damit die Bevölkerung die Frucht ihrer Arbeit verteidige; obwohl der Pfarrer Georg Villanyi versucht hatte, sie daran zu hindern, wurde er erschossen. Wenn auch einige Priester schwach geworden sind, so hat der Klerus im Gesamten doch die Treue gehalten.

Noch schärfer ist das Vorgehen der Regierung gegen die Orden. Mit Dekret vom 29. Juli 1949 wurden alle religiösen Genossenschaften, die sich mit Unterricht und Werken der Caritas befaßten, aufgelöst. Den Ordensleuten wurde freigestellt, in ihre Familien zurückzukehren oder in die dafür bereitgestellten Häuser zu gehen (drei für Frauen und zwei für Männer); etwa 100 männliche und 1800 weibliche Ordensleute wurden vom Dekret betroffen. Die Zuweisung der Häuser erwies sich vor allem für die Ordensfrauen illusorisch: selbst wenn sie nicht schon überfüllt gewesen wären, so hätten höchstens zehn Prozent dort Platz finden können; es waren aber praktisch keine Klöster mehr, sondern Konzentrationslager: die Schwestern hätten dort unter einer einzigen Oberin und mit einem einzigen Kaplan, die beide vom Ministerium ernannt wurden, leben sollen und zwar nach einer gemeinsamen Regel (die wahrscheinlich auch vom Kultusminister aufgestellt worden wäre). So kehrten die meisten Schwestern in ihre Familien zurück, andere sind als Pfarrhelferinnen tätig; Gesuche um Ausreiseerlaubnis wurden seit Juli vorigen Jahres für Ordensleute zurückgewiesen.

Auch die anderen Orden, die sich nicht mit Seelsorge befassen, haben schwer unter Drangsalen zu leiden. Eine Reihe von Franziskanerkonventen wurde beschlagnahmt, die Mönche mußten bis auf wenige, die für die Betreuung der Kirche bleiben konnten, den Habit ablegen, jedoch erklären, sie gingen „freiwillig“ weg; nicht wenige sind im Gefängnis, wo ihre Behandlung an Rücksichtslosigkeit und Grausamkeit kaum zu wünschen übrig läßt.

Aber auch nicht wenige Laien büßen im Kerker ihr mutiges Eintreten für die Rechte der Kirche. So wurden im Juni 1949 im Dorf Lazarea 80 Katholiken verhaftet, weil sie die Verhaftung ihres Pfarrers verhindern wollten. Zwei Hausgehilfinnen eines Pfarrers wurden gefoltert, um ihnen Geständnisse, die diesen bloßgestellt hätten, zu erpressen. Allgemein aber sucht man zunächst Abneigung gegen die katholische Hierarchie zu wecken, um so die Laien für das Schisma reif zu machen. Für die Widerspenstigen verfügt die Regierung über ein Dekret vom 1. Dezember 1949 über die „Regelung des Beitrags an Arbeit für die Erhaltung und Wiederinstandsetzung der Straßen“, das dem Staat die Möglidr-keit gibt, Leute, die verdächtig sind, ohne gesetzliches Vorgehen zur Zwangsarbeit zu verurteilen.

Um die Laien der kirchlichen Hierarchie zu entfremden, wird vor allem die Presse zu einer Verleumdungskampagne gegen Papst und Kirche eingesetzt. So ließ man im „Romaniai Magyar Szd“ vom 7. Jänner 1950 von angeblichen „demokratischen“ Arbeitern und Priestern die „antidemokratische“ Haltung der kirchlichen Behörden verurteilen. Im Juni 1949 ging man soweit, von den Professoren und Schülern der höheren Schulen zu Miercurea-Ciuc die Unterzeichnung eines Protests gegen den Bischof Marton zu verlangen; die Schüler, die sich weigerten, wurden nicht zu den Prüfungen zugelassen. In Sumiuleu-Ciuc scheiterte ein paralleler Versuch am geschlossen Widerstand der Schüler, die das gemeine Vorgehen gegen den Bischof öffentlich anprangerten. In Targu Mare wurden zehn Tage vor Weihnachten die katholischen Universitätsprofessoren zusammengerufen, um sie auf die Gelegenheit aufmerksam zu machen, sich Über die in der Frage nach den Beziehungen von Kirche und Staat einzunehmende Haltung einig zu werden; man legte ihnen unter anderem folgende Fragen vor: „Haltet ihr es für wichtig, daß sich die Kirche in die Volksdemokratie einfüge? Haltet ihr eine Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat für möglich?“ Doch der Versuch, aus ihnen eine den Ansprüchen des Staates günstige Erklärung zu erpressen, mißlang.

Alle diese Maßnahmen sollen die katholische Kirche in Rumänien „sturmreif“ machen: ähnlich wie die griechischkatholische Kirche soll auch die römischkatholische Kirche der „orthodoxen Mutterkirche“ einverleibt und damit praktisch vernichtet werden. Die kommenden Monate dürften die Entscheidung bringen.

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