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Was kommt nach dem Tod?

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An den Himmel glauben viel mehr Menschen als an die Existenz einer Hölle. Je nach Kulturkreis sind die Vorstellungen verschieden.

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An den Himmel glauben viel mehr Menschen als an die Existenz einer Hölle. Je nach Kulturkreis sind die Vorstellungen verschieden.

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Die Frage, was nach dem Tod kommt, hat die Menschen zu allen Zeiten bewegt, wie schon urzeitliche Grabbeigaben beweisen. Alte Kulturen, aber auch die heute am meisten verbreiteten Religionen, haben diese Frage unterschiedlich beantwortet.

Himmel - Hölle - Fegefeuer, das sind Begriffe aus dem Katechismus der Katholischen Kirche. Ob der Glaube an ein Weiterleben des Menschen nach dem irdischen Tod in früheren Epochen weiter verbreitet war als heute, läßt sich vermuten, aber nicht beweisen, denn die Sozialforschung ist noch eine sehr junge Wissenschaft.

Zum Begriff der Hölle erhoben Sozialforscher 1990 in den Industrieländern höchst unterschiedliche Meinungen. In den USA glauben 65 Prozent der Menschen an die Existenz einer Hölle, in Irland 50 Prozent und in Nordirland sogar 78 Prozent. In Kanada teilen diese Ansicht nur 38 Prozent, in Italien 36 Prozent, in Spanien 27 Prozent und in Großbritannien 25 Prozent. Noch weiter unten auf der Skala rangieren Norwegen (18 Prozent), Frankreich (16 Prozent), Belgien (15 Prozent), Niederlande (14 Prozent) und Westdeutschland (13 Prozent). In Dänemark bejahen die Lehre von der Hölle sogar nur 8 Prozent und in Schweden, dem Schlußlicht, nur 7 Prozent der Befragten. Erheblich mehr Menschen (selbst in Schweden viermal so viel) glauben an den Himmel.

Unter den alten Hochreligionen kennt der Hinduismus, der in sich eine gewisse Vielfalt aufweist und eine lange Entwicklung durchgemacht hat, drei besondere Heilswege: den der Werke beziehungsweise der Befolgung von Ritualgesetzen, den der Erkenntnis und den der Hingabe oder Liebe.

In den synkretistischen Jenseits-Vorstellungen Ostasiens ist ausgedrückt, was vor der Erlösung aus dem Kreislauf von Geburt und Wiedergeburt passiert: Die Seele gelangt in die Unterwelt, einen großen Gerichtshof mit 138 verschiedenen Strafplätzen, um der Vielfalt menschlicher Vergehen gerecht zu werden. Nach Ablauf der Strafe wird die Seele wiedergeboren und kann ihren Weg neu beginnen.

Aber ”wie alle großen Religionen verheißen auch die asiatischen einen Endzustand ohne Leiden, wie der Tübinger Theologe und Religionswissenschaftler Hans Küng in seinem Buch „Credo” ausgeführt hat.

Die Chinesen glauben an eine obere Welt, zu der die zu Geist gewordene Geistseele aufsteigt. Und für die Hindus ist das höchste Ziel die endgültige Befreiung und Erlösung des Menschen von seiner gegenwärtig leidvollen Situation und die Erkenntnis oder Vereinigung mit der Gottheit. Auch das Nirwana de? Buddhismus meint einen Endzustand ohne Gier, Haß und Verblendung, kurz ohne Leiden.

Kaum eine Religion besitzt so konkrete Vorstellungen vom Paradies wie der Islam, der auch das vorhergehende Endgericht am stärksten betont. Der katholische Wiener Alt-Erzbischof Kardinal Franz König schreibt in seinem Standardwerk „Der Glaube der Menschen” über die Endzeit und das dann anbrechende Endgericht im Islam:

„Bei der nun beginnenden Verhandlung stellt Allah selbst die Fragen; die Bücher der guten und bösen Taten werden verlesen. In zweifelhaften Fällen werden die Taten gewogen. Feindschaften zwischen Menschen und zwischen Menschen und Tieren werden geschlichtet. Die Propheten und Frommen legen Fürsprache ein. Dann haben die Menschen über eine Brücke zu gehen, die die Hölle überspannt und so schmal und scharf wie eine Messerschneide ist. Die Gläubigen kommen heil hinüber, die Ungläubigen stürzen in die Hölle. - Paradies und Hölle aber sind von unbegrenzter Dauer.”

Betrachtet man nun die jüdisch-christliche Tradition, so stößt man sehr bald auf das Endzeit-Bild des Propheten Jesaja von der befriedeten Natur und befriedeten Menschheit:

„Dann wohnt der Wolf beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Knabe kann sie hüten. Kuh und Bärin freunden sich an, ihre Jungen liegen beieinander. Der Löwe frißt Stroh wie das Rind. Der Säugling spielt vor dem Schlupfloch der Natter, das Kind streckt seine Hand in die Höhle der Schlange. Man tut nichts Böses und begeht kein Verbrechen auf meinem ganzen heiligen Berg; denn das Land ist erfüllt von der Erkenntnis des Herrn, so wie das Meer mit Wasser gefüllt ist.”

Ebenfalls bei Jesaja steht, woran später auch die Apokalypse des Johannes anknüpft, folgende Verheißung: „Denn schon erschaffe ich einen neuen Himmel und eine neue Erde. Man wird nicht mehr an das Frühere denken, es kommt niemand mehr in den Sinn. Nein, ihr sollt euch ohne Ende freuen und jubeln, über das, was ich erschaffe.”

Die christliche Theologie ist heute geneigt, Jesusworte zu dieser Thematik als das zu werten, was sie sind: Gleichnisse und Bilder. So verwundert nicht, daß sowohl der Weltkatechismus als auch Hans Küng ihre Ausführungen über den Himmel in dieselbe Bibelstelle aus dem ersten Korintherbrief (siehe Ende des Artikels auf Seite 11) münden lassen.

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