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Wenn es schon beim Dach hineinregnet

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Schloß Wasserhofen? Weiß ich nicht, wo das ist.” Nur das Schotterwerk kennen die Schulkinder im Kärntner Ort Kühnsdorf. Das alte Gebäude oben auf dem Hügel haben sie nie beachtet.

Auch für den früheren Eigentümer - das Schotterwerk - war das 500 Jahre alte, verfallende Gemäuer mit den nicht mehr vermietbaren Substan-dardwohnüngen uninteressant. Bis es abzurutschen drohte. „Das war der Anlaß, das Schloß unter Denkmalschutz zu stellen”, erzählt der für Kärnten zuständige Landeskonservator des Denkmalamtes. Jetzt, 20 Jahre später, bröckelt noch immer der Verputz von der Fassade, doch abrutschen wird das Schloß nicht mehr. Das Dach ist dicht, und die neuen Besitzer haben Baum für Baum in mühsamer Kleinarbeit restauriert.

Ein bißchen alleingelassen fühle er sich manchmal, sagt Hobby-Bestau-rator und Kunsthändler Günter Fritz. Keinen Groschen an staatlicher Unterstützung habe er bisher bekommen. Das Denkmalamt erklärt, warum: „Wer einen Zuschuß will, muß Bechnungen vorweisen.” Wer alles selber macht, hat keine Belege. Also gibt es für ihn auch kein Geld.

Bund 143.000 Objekte - nicht nur Gebäude, sondern die unterschiedlichsten Gegenstände mit historischer, künstlerischer oder kultureller Bedeutung - sind beim Bundesdenk-malamt registriert. Bund 25.000 der denkmalgeschützten Objekte gehören Privatpersonen. Das bedeutet: Staat und „Privat” müssen bei der Erhaltung dieser Kulturgüter zusammenarbeiten; was nicht immer reibungslos funktioniert.

Der Denkmalschutz greift massiv in die Eigentümer-Rechte ein: Jede Veränderung am geschützten Objekt muß vom Denkmalamt bewilligt werden; erlaubt ist nur, was das Erscheinungsbild nicht stört. „Zeitgemäße” Baumaterialien werden bei der Renovierung historischer Bauten oft zum Streitpunkt zwischen Besitzer und Behörde. Kunststoffenster passen eben nicht zu einem historischen Gebäude, auch wenn sie viel billiger sind als Holzfenster und außerdem besser wärmedämmend.

Gegen das Verfallenlassen privater Bauten ist auch der Denkmalschutz oft machtlos. Der Gebäudebesitzer kann zwar zu den allernötigsten Erhaltungsarbeiten verdonnert werden; das bringt aber nicht viel, wenn er vermögenslos ist.

Das knappe Denkmalschutz-Budget - heuer rund 200 Millionen Schilling- wird „nach Dringlichkeit” verteilt. Vorrang haben unmittelbar vom Verfall bedrohte Objekte: „Wenn es schon beim Dach hineinregnet, müssen wir etwas tun”, so Franz Bunzl, Landesk'onservator für das Burgenland. Verfallende Baudenkmäler im Burgenland, die ihm besondere Sorgen bereiten: das klassizistische „Sulzer Kastell”, direkt gegenüber der Güssinger Mineralquelle gelegen, und das Schloß Botenturm. Ersteres sollte ein Golfhotel werden; wegen wasserrechtlicher Probleme wurde nichts daraus. Seither dämmert das Gebäude dahin und zerbröselt langsam, weil sich niemand findet, der den „kompakten, überschaubaren Bau” sinnvoll nutzt.

Das Schloß Rotenturm an der Pinka, erstmals 1523 urkundlich erwähnt, wurde schon in früheren Jahrhunderten mehrmals geschliffen und neu errichtet; den endgültigen Abbruch verhinderte im Jahr 1955 eine Unterschriftenaktion der Gemeindebürger. Seither kämpfen Land und Bund durch notdürftige Erhaltungsmaßnahmen gegen den völligen Zusammenbruch.

Einen Käufer für solche Schätze zu finden, wird immer schwieriger. Der „Schlösser-Boom” der Siebziger Jahre ist vorbei. „Privatpersonen trauen sich da nicht mehr drüber”, so Franz Bunzl. Die hohen Erhaltungskosten schrecken ab; selbst wenn das Objekt günstig zu haben ist.

Für Schloß Ebenfurt südlich von Wien, bekannt für die Maulbertsch-Fresken in der Kapelle und im Turmzimmer, fand sich beim Versteigerungstermin Anfang November kein einziger Bieter. Der Rufpreis für das 4000 Quadratmeter große Gebäude: 4,3 Millionen Schilling. Soviel kostet es den Staat, den Verfall fürs erste zu stoppen.

Ein Revitalisierungsprojekt in den achtziger Jahren scheiterte, weil die damaligen „Schloßherren” nicht bereit waren, die Kapelle der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der derzeitige Besitzer, eine GesmbH, wurde rechtzeitig insolvent und entging so dem amtlichen Renovierungsauftrag.

Der Hoffnungsschimmer: Ein privater Interessent will sich das Gebäude mit der Gemeinde teilen. „Gemeindeamt und Musikschule, vielleicht auch Künstlerateliers könnten hier untergebracht werden ”, so Anton Philapitsch, Obmann der Dorferneuerung und eifriger Betreiber der Schloßsanierung. Seine Methode, um dieses Kulturgut zu retten - „Allen, Besitzern und Behörden, so lange auf die Nerven gehen, bis etwas geschieht” - könnte doch noch Erfolg haben.

Damit würde nicht „nur” ein Kunstschatz erhalten. Schon vor Jahrzehnten bestätigte eine vom Denkmalamt in Auftrag gegebene Studie: Kulturgut zu erhalten, hat einen wirtschaftlichen Multiplikator-Effekt. Es schafft zunächst Arbeit für Handwerker und Restauratoren; in weiterer Folge für den Tourismus - erfolgreiche „Vermarktung” von Kultur als Fremdenverkehrsattraktion vorausgesetzt. Womit auch noch ein paar wirkliche Werbeprofis eine reizvolle Aufgabe hätten.

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