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Werdende Gemeinschaft — und ihre Gegner

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Der Cartellverband der katholischen österreichischen Studentenverbindungen (CV) hat dieser Tage der Öffentlichkeit sein Weißbuch übergeben. Er bezeichnet dieses Weißbuch zunächst als die Dokumentation jener großen Lüge, die Gegner des CV und seiner Prinzipien in Umlauf gesetzt haben, um den gegen den CV gerichteten Vernichtungsabsichten und Machtansprüchen einen Schein der Berechtigung zu verleihen.

Die politische Publizistik hat verständlicherweise ihr Interesse auf diesen ersten, charakteristischen Teil des Weiß-

buches konzentriert; auf die erstmalige zusammenfassende Schilderung eines heimtückischen Systems der Gegner, das die „verderbte Cevauermoral“ an Hand „typischer Cevauerfälle“ aufzeigen wollte; auf den dokumentarischen Nachweis, daß alle diese „typischen Cevauerfälle“ nur einen Mangel aufweisen: nämlich, daß die Betroffenen, denen man die schandbarsten Dinge zuschreibt, überhaupt keine Angehörigen von CV-Verbindun-g e n sind!

Erst auf dem Höhepunkt dieser Auselnandersetzungen hat ein unversehens erfolgter Haßausbruch der Gegner gezeigt, worum es diesen eigentlich geht. Damals haben sich die Feinde des CV demaskiert, als sie offen erklärten, es sei ihnen einfach gleichgültig, ob sie mit ihren Anwürfen ein wirkliches CV-Mit-glied träfen; die Hauptsache sei, man habe es mit einem „betont katholischen Intellektuellen“ zu tun und könne diesem eins auswischen. Für einen kurzen Augenblick brach da das helle Licht der Tatsachen durch den Nebelschleier, hinter dem, aus verdeckter Feuerstellung, auf den CV gefeuert wird. Da wurde es klar, daß es hier nicht mehr um den österreichischen CV allein geht, sondern u m die katholische Geistigkeit überhaupt.

So macht denn auch im „Weißbuch des österreichischen CV“ die Auseinandersetzung mit den Gegnern des Verbandes nur einen Teil der Darstellung aus. Bedeutsamer scheint dem österreichischen CV in dieser Stunde, was er zur Gesamtsituation der katholischen Geistigkeit des Landes zu sagen hat. Auf der kürzlich veranstalteten Jahresversammlung der Altherrenschaft des Wiener CV sprach Universitätsprofessor K n o 11 vom Verhältnis des CV zur res publica. Er hat die aktuelle Forderung des CV nach der Wende zum Geist formuliert. Der CV will damit in dem gegenwärtigen Ringen um die Gesinnungsgemeinschaft, die sich über die Interessen- oder Interessentengenossenschaften erhebt, aus dem engeren Verbandsbereich heraustreten.

Heute steht die katholische Akademikerschaft unseres Landes, unabhängig von jeder verbandsmäßigen Herkunft, unter dem Gesetz des Satzes „in necessariis unitas“. Die necessaria, um die es eigentlich geht, sind in den beteiligten Kreisen erkannt. Darüber hinaus braucht es eine Bewußtseinserhöhung im Sinne einer weiteren Erkenntnis der Notwendigkeit, daß an die Stelle des bisherigen unbestimmten Nebeneinander ein Miteinander und Füreinander, und zwar in einer lebendigen, umfassenden Gemeinschaft, treten muß.

Was der österreichische CV für eine solche werdende Gemeinschaft aller katholischen Akademiker Österreichs an geistigen und materiellen Kräften mitbringt, das ist im zweiten und wesentlichen Teil des Weißbuches aufgezeigt. Als farbentragender Verband weist der österreichische CV den Gedanken eines Wirkens im Schutze der Anonymität zurück. Als wesentlich katholischer Verband stellt er seine Funktion immer wieder unter die Kontrolle der katholischen Öffentlichkeit. Im CV herrscht heute keine Ghettogesinnung, sondern es geht durch alle Verbindungen' der Ruf: „Heraus aus dem Turm!“ — und der Ruf wird von den Jungen und von den Alten aufgenommen.

Die Herausgabe des Weißbuches hat schließlich auch die Erkenntnis, daß es notwendig ist, eine Geschichte des österreichischen CV herauszubringen, gestärkt. Zu diesem Zweck wird der österreichische CV die bis 1938 bestandene Historische Kommission des Verbandes reaktivieren und mit konkreten Arbeitsaufträgen versehen.

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