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Westkapital fördert den Kommunismus!

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Auf die hoffnungsvollen ersten Entwicklungen der Verhandlungen mit der Regierung Scelba hat sich leider wieder ein Rückschlag in der Südtiroler Politik der italienischen Regierung ergeben, der seinen Höhepunkt in dem Erlaß des Regierungskommissärs von Trient, Prä-fekten Bisia, findet; ohne Rücksprache mit den Landes- oder Regionalbehörden hat er im Amts-, blatte vom 1. November 1954 47 provisorisch besetzte Gemeindearztstellen, 22 Stellen für Tierärzte und 79 Stellen für Hebammen zur endgültigen Besetzung ausgeschrieben. In der Ausschreibung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Kenntnis der deutschen Sprache nicht als Bedingung für die Zulassung zur Bewerbung gestellt wird. Die einzelnen Kandidaten können sich wohl einer Prüfung in Deutsch unterziehen, und es sollen offiziell auch diejenigen Kandidaten, die die Deutschprüfung bestehen, vorgezogen werden. Diese Prüfung muß aber nicht stattfinden.

Zur Feststellung der für die Ausübung des Berufes erforderlichen Deutschkenntnisse wird der Prüfungskommission auch ein Lehrer der deutschen Sprache zugeteilt, der aber als einzelner bei der Bewertung immer in der Minderheit bleibt und daher praktisch ohne Einfluß bleibt.

Welche Wirkungen dieses Vorgehen des Präfekten von Trient hat, wird am besten durch die Gegenüberstellung von deutscher und italienischer Bevölkerung und durch das Verhältnis der Bevölkerung zum Flächenausmaß erwiesen. Es liegen uns Daten vor, und zwar aus den Kammerwahlen 1953 — den letzten Wahlen in Südtirol —, ferner Daten aus dem Jahre 1942, die der damaligen Verwaltung der Umsiedlergüter zukommen, und schließlich Daten aus der statistischen Zusammenstellung des Regionalamtes Südtirol-Trient vom Jahre 1952.

Im Jahre 1942 wurden zu dieser Zählung 13 Talschaften gebildet, während sich die Statistik des Regionalamtes vom Jahre 1952 auf zehn verschiedene Talschaften beschränkt.

Laut dieser Statistik betrug das Flächenausmaß der 13 Talschaften insgesamt 891.446,02 Hektar, während die Statistik des Regionalamtes ein Flächenausmaß von 777.974 Hektar errechnet; die Differenz ist daraus zu erklären, daß 1942 die Grenzen zwischen den Provinzen Trient und Bozen noch nicht klar waren und einige Gemeinden des Bezirkes Belluno noch dazugezählt worden waren. Die Fläche des Gemeindebesitzes betrug 651.686 Hektar und die Fläche des Besitzes der öffentlichen Hand (Staatsdomänen, öffentliche Verwaltung usw.) 245.760,02 Hektar. Die gesamte ansässige Bevölkerung betrug laut der Statistik vom Jahre 1942 328.452 Personen, wovon 2 3 3.4 6 1 Deutsche und 9 4.9 91 Italiener waren.

Laut Regionalstatistik vom 4. November 1951 betrug die ansässige Bevölkerung in der Provinz Bozen 3 3 3.943 Personen, während die dort wohnhafte Bevölkerung (auch die vorübergehend wohnhafte, wie Militär, Beamte usw.) 341.072 Personen betrug. Interessant ist, festzustellen, daß laut der Statistik vom Jahre 1942 in manchen Talschaften fast keine Italiener vorhanden waren. So in der Talschaft der S'cbentäler des Vintschgau, Martell, Schnals, Ulten, Unsere Frau, Laurein und Proveis. Hier waren nur 86 Italiener anwesend, gegenüber 7984 Deutschen. In der Talschaft Moos, Platt, 5t. Leonhard im Passaier waren 450 Italiener und 5500 Deutsche, im mittleren Vintschgau, in den Gemeinden Kastell Well, Latsch, Naturns, Partschins. Plans und Schlanders lebten 13.213 Deutsche und 439 Italiener. In der Talschaft Hafling, Mölten, Jenesien, Sarnthein, Föran und Am Ritten lebten damals 12.630 Deutsche und 671 Italiener. Interessant ist die Feststellung, daß in der Talschaft Bozen, bestehend aus der Stadt Bozen und den Gemeinden Eppan. Kaltem, Leifers, Terlan, Andrian, Pfatten, Pranzoll (die beiden letzteren italienische Sprachinseln schon unter der österreichischen Zeit), Kurtatsch, Neumarkt, Margreid, Montan, Auer, Salurn und Tramin, 47.651 Deutsche und 57.294 Italiener lebten. Dies ist vor allem aus der bereits damals bestehenden Industriezone zu erklären und den fast italienischen Gemeinden Pranzoll und Pfatten. In Pfatten lebten 106 Deutsche und 518 Italiener, und in Pranzoll lebten 417 Deutsche und 1329 Italiener, während Bozen mit 19.270 Deutschen und 48.254 Italienern gerechnet wurde.

Die Einwanderung in den Jahren 1948 bis 1953 betrug in der Provinz Bozen insgesamt 79.844 Personen, während die Abwanderung 64.661 Personen ergab, so daß ein Zuwanderungsüberschuß von 15.183 vorhanden ist, der ausschließlich den Italienern zukommen dürfte. Wie wir bereits schon früher einmal in einem anderen Artikel erwähnten, ist von den rund 76.000 ausgewanderten Deutschen Südtirols nur ein Bruchteil von höchstens 12.000 bis 15.000 zurückgekehrt. Für die Stadt Bozen selbst beträgt die Auswandererzahl lediglich 16.449, während die Zuwanderung in diesen Jahren 22.500 Personen betrug, also ein Ueberschuß an Zuwanderern von 6061, die ebenfalls ausschließlich Italiener sind.

Interessant ist die Schichtung dieser Zu-wanderer nach den politischen Parteien:

Bei den Parlamentswahlen 1948 erhielten die beiden Linksparteien insgesamt 13.000 Stimmen, bei den Kammerwahlen 195 3 insgesamt 20.000 von den rund 79.000 italienischen Stimmen. Der Gewinn der Linksparteien betrug somit immerhin 7000 Stimmen. Bei den Kammerwahlen 1953 wurden insgesamt abgegeben 196.792 Stimmen, hiervon 118.076 deutsche und 78.716 italienische Stimmen, so daß das Verhältnis zwischen deutschen und italienischen 60 Prozent deutsche und 40 Prozent italienische Stimmen war. Während die deutschen Stimmen nicht aufgesplittert werden, weil lediglich die Südtiroler Volkspartei als einzige deutsche Partei auftritt, so ist unter den italienischen Stimmen eine immer größer werdende Aufsplitterung zu bemerken, deren Nutznießer jedoch ausschließlich die Linksparteien sind.

Es ergibt sich auch die bedauerliche Feststellung, daß die christlich-demokratische Partei im Zeitraum von April 1948 bis Juni 1953 2817 Stimmen verloren hat, obwohl gegenüber 1948 um 6800 Stimmen mehr als 1948 abgegeben wurden. Der Zuwachs ist ausschließlich den Linksparteien zugefallen. So gaben in der Stadt Bozen selbst 28,08 Prozent der italienischen Wähler den Linksparteien ihre Stimme, in den Arbeitervierteln Bozens stiegen die Linksparteien sogar auf 47 Prozent. Diese statistischen Daten, die nicht zu widerlegen sind, sprechen Bände.

Um so befremdender wirkt daher, daß auch die italienischen Rechtsparteien um jeden Preis die Südtiroler Volkspartei als einzige deutsche Partei unterdrücken wollen. Dies ging sogar so weit, daß die christlich-demokratische Partei ien italienischen Kommunisten, den Vorschlag machte, einen gemeinsamen Spitzenkandidaten für die Senatswahlen aufzustellen, nur deswegen, damit die Deutschen einen Senatssitz verlieren und die Italiener einen mehr bekommen. Es hätte also der italienischen christlich-demokratischen Partei nichts ausgemacht, einen italienischen Kommunisten mehr und nicht den deutschen Senator Dr. Karl von Breitenberg im 5enat zu haben.

Diese Linksbewegung ist nur dadurch möglich, daß die italienische Industriezone in Bozen mit allen Mitteln gestützt wird, nebenbei bemerkt mit ausländischem Gelde, vor allem mit amerikanischem Kapital.

Die Industriezone wurde mit königlichem Gesetz vom 28. September 1934 begründet und hatte ursprünglich keinerlei Voraussetzungen, denn alles fehlte eigentlich. Sowohl die Rohstoffe als auch die Arbeitskräfte, der Wohnraum wie der nötige Boden. Die italienische Industrie wehrte sich auch dagegen, in Bozen

Filialunternehmungen zu errichten. Erst als mit Ministerialdekret vom 4. Juni 1935 Staatssubventionen und Steuerbefreiungen für jene Firmen zugesagt wurden, die bis 30. Juni 1944 in Bozen einen Betrieb errichteten, wurde die Industriezone aktiv. Den italienischen Firmen wurden verbilligte Frachttarife zugestanden, und nun kam die Zuwanderung der italienischen Industrie nach Bozen erst so richtig in Schwung. Die italienische Automobilfabrik Lancia von Turin, die Stahlwerke Falck wurden zum großen Teile gegen den Widerstand der Betriebsleitung nach Bozen verlegt. Weiter rückten das Aluminiumwerk Monte Catini von Mailand an, das Magnesiumwerk Seim von Rom, das Karosseriewerk Viberti von Turin, nur um die größten zu nennen.

Nach dem Kriege wurde die italienische Produktion zwar wiederaufgenommen, aber es kam so weit, daß im Jahre 1948 eine neue Krise die Lage fast unhaltbar machte. Es gelang erst dem Ministerpräsidenten De Gasperi bei seinem Aufenthalt in den USA im September 1951, den Anschluß der Industriezone an das wirtschaftliche Zusatzabkommen vom 10. Februar 1948 zu erreichen. Heute arbeiten in den 34 Betrieben der italienischen Industriezone in Bozen rund 16.000 Arbeiter. Diese Arbeiter sind zu 90 Prozent Kommunisten. Es stellt sich also heraus, daß das amerikanische Kapital die Italianisierung Südtirols und die Ausbreitung des Kommunismus in Südtirol durch die Wirtschaftshilfe, die Amerika der Industrie leistet, unterstützt, obwohl in Amerika selbst der Kommunismus aus das allerschärfste bekämpft wird.

Die Ausbreitung der Italiener in Südtirol ist nicht nur vom ethnischen Standpunkte aus für die deutsche Urbevölkerung von Jahr zu Jahr gefährlicher, sondern sie ist auch vom politischen Standpunkte aus äußerst gefährlich. Die kommunistische Partei Italiens mit ihren rund 4,000.000 Mitgliedern schiebt sich durch die Festsetzung in Südtirol immer mehr nach Norden und hat es bereits verstanden, nicht nur in Bozen selbst, sondern auch im Vintschgau (Marmorwerk Laas) politische Enklaven zu schaffen, die nicht nur den Deutschen in Südtirol, sondern auch der europäischen Politik im allgemeinen gefährlich werden können.

Die Einstellung der italienischen Parteien in Südtirol gegen das Deutschtum und der neu erwachende Kampf gegen das Deutschtum, der sogar schon zur Forderung der Auflösung der Südtiroler Volkspartei geführt hat und der gerade von den Extremisten beider Seiten, sowohl von rechts (Neofaschisten) als auch von links (Linkssozialisten und Kommunisten), mit Unterstützung der mittleren Parteien geführt wird, läßt zwei Deutungen offen:

Entweder fürchten die italienischen Parteien Südtirols, daß die Regierung Scelba die gerechten Forderungen der Südtiroler Volkspartei anerkennt, wogegen die italienische Propaganda die Regierung vor der Entscheidung vor bestehende Tatsachen stellen möchte — oder dieser neu aufflammende Nationalismus setzt sich über alle bestehenden Schranken hinweg und möchte die deutsche Bevölkerung von Südtirol nach dem Vorbild der faschistischen Regierung weiterhin mit allen Mitteln, auch wenn diese nicht im Gesetze vorgesehen sind, unterdrücken.

Nicht umsonst haben in der letzten Debatte des österreichischen Nationalrates sämtliche Parteien, mit Ausnahme des Linksblockes, die Stimme für Südtirol erhoben. Es muß noch einmal daran erinnert werden, daß das Abkommen Gruber-De Gasperi ein Teil des italienischen Friedensvertrages und daher internationales Recht ist und daß ein Schiedsgericht zur Schlichtung aller aus den Friedensverträgen entstehenden Differenzen vorgesehen ist.

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