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Wie ein Gentleman
Mit einem (halbneuen) Parteiobmann Withalm und einem neuen Generalsekretär Schleimer vollzieht sich der Machtwechsel in der ÖVP bisher nur schleichend. Denn die Installierung der Aus* schüsse, denen die „Schattenminister“ der Volkspartei vorstehen, hat schon eine Bundesparteileitung vorgenommen, die unter dem Vorsitz von Exkanzler Dr. Josef Klaus stand. Freilich: ein Mann hat seinen Hut genommen.
Dr. Hans Kronhuber ist als Leiter des politischen Büros zurückgetreten und geht als Ministerialrat in den Bundespressedienst zurück, aus dem ihn 1964 Kanzler Klaus und Generalsekretär Withalm in die Kärntnerstraße geholt hatten. Kronhübers Abgang freilich ist mehr als ein Rollentausch ohne merkliche Zäsur.
Kronhuber war einer der bedeutendsten Schatten der Alleinregierung, ein Mann des Hintergrunds, dessen Einfluß spürbar und wirksam war, wo immer er auftauchte. Der Pressebeamte war schon vorher in der Zeit der Koalition bescheidener Berater von ÖVP-Kanzlern gewesen. In den USA holte er sich internationale Kontakte, den angelsächsischen Habitus und einen politischen Stil, der für Österreich ungewöhnlich war.
Kronhuber war es vor allem, der der ÖVP den Zuschnitt einer Partei geben wollte, die bereits 10 Jahre Zukunft vorweggenommen hätte. Er war es, der keinen Zweifel darüber ließ, daß die Volkspartei nur dann die Vergangenheit ihrer Vorgängerpartei bewältigen könne, wenn sie auf die demokratische Haltung in der Zeit ihrer Alleinregierung geradezu penibel achte; und wenn Klaus und seine Mannschaft den Übergang von einer geübten Koalition auf eine ungeübte Alleinregierung den Österreichern behutsam darbieten würde. Kronhuber war es, der als Lehrbeauftragter für Zeitungswissenschaften an der Universität Wien für das Fach ,J?ublic Relations“ auch ein neues Selbstverständnis der Volkspartei für die Massenmedien zu gestalten suchte. Er war einer der Väter der Rundfunkreform, die er nicht allein als verbalen Gesetzesauftrag empfand, sondern als echte und ernsthafte Verpflichtung einer demokratischen Regierung und Regierungspartei. Kronhuber war es, der in den Jahren, da Pisa im ORF oder im Staatsekretariat des Bundeskanzleramtes saß, die Kärntnerstraße führte und auch über weite Distanzen den Generalsekretär vertreten mußte; er war es, dem die Alleinregierung unzählige Ideen zu Gesetzen verdankte, der aber auch — ohne professioneller Legist zu sein — bis zur Endformulierung an Gesetzen feilte. Er war es, der über weite Durststrecken des Mißerfolges Zielscheibe innerparteilicher Anfeindungen war — und niemals an seiner Loyalität zu Withalm und Klaus einen Zweifel ließ.
Nun hat er selbst den Hut genommen. Wie ein Gentleman eines angelsächsischen Oberhauses, der einige Jahre seines Lebens der Politik verschrieben hat. Er ist nichts geworden — toeil er nichts anstrebte. Und während neben und unter ihm Männer zu Amt und Würden kamen, Staatssekretäre, Minister, zumindest aber Abgeordneter wurden, hat er stets abgelehnt und sich nicht in den Vordergrund gespielt. Sein Name tauchte bei jeder Regierungsumbildung in den Zeitungsspekulationen auf — doch er selbst hat immer mit einer souveränen Handbewegung alle Spekulationen zunichte gemacht. Er hat nichts — welche Seltenheit in der Volkspartei — werden wollen. Was er war, ist er geblieben; an den gleichen Schreibtisch kehrt er zurück.
Es war bisher eine Beruhigung, Kronhuber in der Kärntnerstraße zu wissen. Diese Beruhigung wird in Zukunft fehlen.
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