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Wie England zur Tudor-Zeit

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Immer enger schließt sich die Zange, die die katholische Kirche in der Tschechoslowakei aus ihrem Zusammenhang mit der übrigen katholischen Welt trennen soll. Hatte noch vor Ostern der Prager Kirchenminister lediglich die Generalvikare und Kapitelvikare' zusammengerufen, so konnte dieser Tage in Preßburg eine „Arbeitskönferenz“ der Ordinarii der Slowakei stattfinden, an der auch drei Bischöfe teilnahmen. Neben Jan Dechet aus Nerusohl, dem ersten „Generalvikar“, der seine geistliche Würde aus den Händen des Staatsamtes für Kirchenfragen entgegennahm und dafür von Rom exkommuniziert wurde, neben A. Scheff er, der sich vom Prager Regime zum „Generalvikar“ der Zipser Diözese ernennen ließ, während der ordnungsmäßige Bischof V o j t a s-sik verhaftet und vor Gericht gestellt wurde, neben Professor Visnovsky, dem Dekan der theologischen Cyrill- und Method-Fakultät in Preßburg, nahmen an dieser Konferenz laut Mitteilung des Tschechoslowakischen Preßbüros auch der Bischof von Kaschau, Josef C a r s k f, der Administrator von Tyrnau, Bischof Ambros Lazik, und der Weihbischof von Neutra, Eduard N e c z e y, teil. Von den Bischöfen Cirsky und Lazik war im März dieses Jahres in Prag amtlich gemeldet worden, daß sie den Treueid in die Hände des stellvertretenden Ministerpräsidenten und Kirchenministers Fi erlin g e r abgelegt hätten, während dies von Bischof Neczey erst vor einigen Tagen bekanntgegeben wurde.

Gegenstand der Preßburger Beratung waren, wie es in dem ausgegebenen Bericht heißt, „dringende Gegenwartsfragen des kirchlichen Lebens und der Anteil der Kirche am Kampf um die Erhaltung und Festigung des Friedens“. Es nahmen daher auch die erprobtesten Fachleute auf diesem Gebiet teil: Minister Plojhar und die beiden slowakischen Beauftragten Horak und Lukacovie — drei ehemalige, seit 1948 exkommunizierte katholische Priester —, ferner der slowakische Beauftragte für Information und Auf-' klärung, und schließlich Kirchenminister Fierlinger selbst, der in seiner Ansprache den Versammelten die Aufgabe stellt e, a 11 d aswieder gutzu-mk'-ch en, was in der Vergangenheit von Würdenträgern der katho1ischen Kirche auf Befehl des Vatikans dem s 1 ow akischen Volk Böses zugefügt worden sei...

Die Konferenz, die von Bischof Cärsk$ geleitet wurde, sandte ein Begrüßungstelegramm an Staatspräsident Gottwald, in dem ihm „die tiefe Dankbarkeit der slowakischen Bischöfe für das außerordentliche Verständnis für die Bedürfnisse des gläubigen Volkes und die glückliche Lösung des Verhältnisses zwischen der römisch-katholischen Kirche und dem St a.a t“ ausgesprochen wird. An die französische Regierung wurde ein Protesttelegramm wegen der Schließung des Büros des „Weltfriedensrates“ gerichtet. Bischof Lazik nahm vor Schluß der Versammlung gegen die Aggression der Imperialisten in Korea und die Aufrüstung Westdeutschlands Stellung...

Soweit der Prager offiziöse Bericht über die letzte slowakische „Bischofskonferenz“. Der amerikanische Journalist Sulzberger hat kürzlich einen Ausspruch Fierlingers über die kirchliche Situation in der Tschechoslowakei veröffentlicht: „Was England im 16. Jahrhundert durchführte, müssen wir jetzt vollbringen. Wir lösen ein mittelalterliches Problem — und wie England zur Tudor-Zeit, so wir jetzt unter äußerst dramatischen Umständen.“ Fierlinger meinte den Kirchenabfall unter Heinrich VIII. Das Schisma als Ziel aller Bemühungen wird also nicht mehr verschwiegen. Verborgen bleibt noch, wie die einzelnen gemeldeten Begebenheiten zustande kamen, inwieweit sie das Produkt schweren Zwanges waren.

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