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Wo einst Kepler lehrte, tummeln sich die Massen

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Der mühsame Kampf hat sich gelohnt”, freut sich Johannes Hengstschläger, bis vor kurzem Rektor der Johannes-Kepler-Universität Linz. Außerhalb Oberösterreichs habe sich ursprünglich niemand für die Universität, die Ijeuer ihren dreißigsten Geburtstag feiert, begeistern können - „insbesondere die zuständigen Ministerien und Zentralstellen nicht”. Für das Bundesland jedoch gehöre die Universitätsgründung zu den wichtigsten politischen Entscheidungen der Nachkriegszeit, meint Hengstschläger und ortet „maßgebliche wirtschaftliche, kulturelle und soziale Impulse”.

Bisher hat die Johannes-Kepler-Universität 2.447 Doktoren, 6.733 Magister und 1.554 Diplomingenieure hervorgebracht. Sie habe eine zentrale Rolle bei der Einführung der Sozial-und Wirtschaftswissenschaften gespielt, lobte Wissenschaftsminister Rudolf Schölten die Linzer Uni. Studien aus diesem Bereich zählen auch heute noch zu den Rennern: Mit knapp 4.500 Studenten liegt das Retriebswirtschaftsstudium unangefochten auf Platz eins. Das Studium der Rechtswissenschaften zieht immerhin rund 2.500 Studenten an.

Auch auf derTechnisch-naturwissenschaftli-, chen Fakultät werden Akzente gesetzt: Besonders stolz ist man auf das Studium „Mechatro-nik”, das auf Maschinenbau und Elektrotechnik basiert und diese klassischen Gebiete mit Informatik verbindet. Zahlreiche Studienlehrgänge aller Art und ein Zentrum für Fernstudien runden das Angebot ab.

Im Gründungsjahr 1966 gingen ganze 600 Studenten das Wagnis ein, sich an der gerade aus dem Ei geschlüpften Uni einzuschreiben. Sie fanden-Bedingungen vor, wie man sie eher aus dem angelsächsischen Bereich kennt: In sich geschlossen und eingebettet in eine Parklandschaft, verstand und versteht sich die Linzer Universität als Campus-Universität. Fünf Studentenheime, in denen mittlerweile 2.000 Studiosi leben, befinden sich in unmittelbarer Nähe des Universitätsgeländes; ein Badesee, wo im Sommer die vom Lernen rauchenden Köpfe gekühlt werden können, liegt nur einige Gehminuten entfernt.

Heute führt die Universität 17.000 Hörer in ihrer Kartei. „In Wirklichkeit sind wir auch schon zu einer Massenuniversität geworden”, bemerkt Tobias Höglinger von der Hochschülerschaft. Trotzdem ist Linz weniger als etwa Graz oder Wien vom studentischen Leben geprägt. „Linz ist keine echte Studentenstadt”, bedauert er. Das studentische Leben spielt sich zu einem großen Teil auf dem Campus ab, der am Rande von Linz um das Schloß Auhof herum angelegt wurde.

Die damalige Hochschule von Linz feierte ihren Einstand am 8. Oktober 1966, doch die Geschichte der Alma Mater reicht viel länger zurück: Seit dem 16. Jahrhundert bestand in Linz eine „Landschaftsschule”. (Nicht Gärtner, sondern die Angehörigen der im Landtag vertretenen Politiker wurden dort unterrichtet.) Von 1612 an lehrte der Astronom und Mathematiker Johannes Kepler in Linz, wo er auch sein Hauptwerk harmonices mundi schrieb. 1626 mußte Kepler vor der in Linz Einzug haltenden Gegenreformation fliehen, die Universität entkam der drohenden Auflösung nur durch den Zusammenschluß mit einer Lateinschule der Jesuiten.

Aufgrund massiven Drucks der Studien- und Hofkommission in Wien fand die Schule mit dem Studienjahr 1811/12 ein abruptes Ende. Bemühungen zur Wiedererrichtung seien stets „durch Widerstand aus Wien” gescheitert, betont Othmar Köckinger, Direktor der Universität: „Erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts trat aufgrund neuer politischer und verkehrswirtschaftlicher Konstellationen eine Entwicklung ein, die den Westen Österreichs ökonomisch und kulturell wieder prosperieren ließ”.

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