Zum 80. Geburtstag von Wieland Schmied

Werbung
Werbung
Werbung

Wenn ich mein Leben zu überblicken versuche", schreibt der international renommierte Kunsthistoriker und Ausstellungsgestalter Wieland Schmied in seiner Autobiografie "Lust am Widerspruch", "zerfällt mir mein Leben in lauter Bruchstücke." Tatsächlich ähnelt sein Leben einem Patchwork, in dem ein ständiger, persönlicher Gedankenaustausch mit Künstlern wie Giorgio de Chirico, Francis Bacon, Alberto Giacometti und Schriftstellern wie Emile Cioran, Octavio Paz und Samuel Beckett stattfand.

Der Ausgangspunkt für diese außergewöhnliche Laufbahn war Wien, wo er Rechtswissenschaften und Kunstgeschichte studierte. Vorher verbrachte der am 5. Februar 1929 in Frankfurt am Main geborene Schmied eine "glückliche Kindheit" in Mödling. Bereits zu Beginn der 50er Jahre kam er mit Thomas Bernhard und H. C. Artmann in Kontakt; mit beiden verband ihn eine lebenslange Freundschaft. Von 1952 bis 1960 arbeitete Schmied gemeinsam mit Friedrich Heer als Kunstkritiker in der FURCHE. Dem damaligen "Linkskatholizismus" blieb Schmied zeit seines Lebens verbunden. Eindrucksvolle Dokumente dafür sind seine Bücher "Bilder zur Bibel und "Von der Schöpfung zur Apokalypse".

Weitere "Bruchstücke" seiner beruflichen Tätigkeit waren: Lektor beim Insel Verlag, wo er den Roman "Frost" von Thomas Bernhard unterbrachte, Direktor der Kestner-Gesellschaft in Hannover, wo er Einzelausstellungen von Giorgio de Chirico, René Margritte, Max Ernst, Marcel Duchamp, Asger Jorn oder Henri Michaux zeigte, Direktor des Künstlerprogramms des Deutsche Akademischen Austauschdienstes in Berlin und Professor für Kunstgeschichte in der Akademie für Bildende Künste in München. Neben seinen vielfältigen beruflichen Funktionen fand Schmied noch Zeit, zahlreiche Studien über Künstler wie Caspar David Friedrich, Francis Bacon, Giorgio de Chirico und Schriftsteller wie Samuel Beckett, Ezra Pound, H. C. Artmann oder Thomas Bernhard zu verfassen. Zum Standardwerk avancierte die umfangreiche Studie "Zweihundert Jahre phantastische Malerei", die einen Bogen von Giovanni Battista Piranesi über den Surrealismus bis zu den "Phantastischen Realisten" spannte.

Besonders fühlte sich Schmied vom Werk des italienischen Malers Giorgio de Chirico angezogen, dem er auch mehrere Bücher widmete. Schmied lernte den Künstler anlässlich einer großen Ausstellung näher kennen, die er als Direktor der Kestner-Gesellschaft 1969 organisiert hatte. Fasziniert war Schmied von de Chiricos radikaler Infragestellung der Realität. Die Wirklichkeit erscheint in den Bildern, die weiträumige leere Plätze zeigen, die von Statuen, Silhouetten oder Gliederpuppen bevölkert werden, als unlösbares Rätsel.

Leben im Zentrum der internationalen Kunstszene

Mit Marcel Duchamp sprach Schmied über die Bedeutung der "Ready-mades". Er engagierte sich für das Werk des Schriftstellers Ezra Pound, den er in Südtirol besuchte; Joseph Beuys unterstützte ihn bei seiner Tätigkeit während der 6. Documenta in Kassel; als Direktor des Deutschen Akademischen Austauschdienstes betreute er Samuel Beckett, der die Inszenierung seines Theaterstücks "Endspiel" begleitete.

Das Leben in den Zentren der internationalen Kunstszene hinderte Schmied nicht daran, einen Ruhepol zu suchen. Er hat ihn in einem ehemaligen Bauernhof, den ihm Thomas Bernhard vermittelte, im oberösterreichischen Vorchdorf gefunden. Hier findet er Zeit, "eine Sinnstiftung der Bruchstücke seines Lebens" vorzunehmen und neue Projekte über Paul Celan und Elias Canetti vorzubereiten.

Literaturtipps: Wieland Schmied

"Lust am Widerspruch", Radius Verlag 2008, 462 S., geb., E 29,90

"Bilder zur Bibel", Radius Verlag 2006, 248 S., geb., E 29,90

"Der Künstler, dem die Welt ein Rätsel blieb. Neunmal Giorgio de Chirico" Bibliothek der Provinz 2008 133 S., geb., E 29,90

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung