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Ab 2010 wird Franz Welser-Möst Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper sein, im Dezember 2007 beginnt dort der von ihm geleitete und mit Spannung erwartete "Ring des Nibelungen"-Zyklus. Im furche-Gespräch gibt er Auskunft über sein Verständnis von Musik und erläutert, wie er und Regisseur Sven-Eric Bechtolf den "Ring" interpretieren.

Die Furche: Herr Welser-Möst, Sie sprechen immer wieder von Kultur als der höchsten Ausformung der europäischen Geistigkeit und messen hierbei der klassischen Musik noch einmal einen ganzen besonderen Stellenwert zu. Das ist von Ihrer Profession her natürlich nahe liegend - aber wie lässt sich das argumentieren?

Franz Welser-Möst: Ich bin ja aufgrund dieser Aussage schon einmal von Frau Streeruwitz ins faschistische Eck gestellt worden. Was ich einfach lustig finde, denn ich habe mit diesem Gedankengut überhaupt nichts am Hut. Man muss nur Kulturphilosophen wie Kant, Schopenhauer oder Hegel nachlesen - was ich sage, haben wesentlich gescheitere Leute als ich schon vor 200 Jahren gesagt. Es ist einfach so, dass der Mensch im tiefsten Inneren von klassischer Musik angesprochen wird - in einer Weise, wie es in keiner anderen Kunstform stattfindet.

Die Furche: Ist das ein spezifisch europäisches Phänomen?

Welser-Möst: Ich bin gerade aus Japan zurückgekommen - 15 Jahre lang war ich nicht in Japan gewesen -, und ich war wirklich verblüfft. Dieses Land hat sich vor 60 Jahren dem Westen geöffnet oder auch öffnen müssen und hat die klassische Musik entdeckt. Und es ist ganz erstaunlich, wie sehr auch eine Kultur, die uralt und unglaublich ausgebildet ist, die europäische Musik schätzt und annimmt und auch verarbeitet.

Die Furche: Sie haben auch einmal gesagt, die Musik fängt dort an, wo das Wort aufhört. Ist es nicht eher so, dass beide verschränkt sind miteinander? Nikolaus Harnoncourt hat etwa den Begriff der Klangrede in die Diskussion gebracht. Das Wort kann Musik ausdeuten und Musik kann das Wort versinnlichen, stützen. Es ist also nicht so, dass das Wort bis zu einer gewissen fiktiv gedachten Grenze reicht und dann der Bereich der Musik anfängt.

Welser-Möst: Natürlich ist das eng verschränkt, das ist ganz klar. Es gibt in der Oper den uralten Streit, ob das Wort oder der Ton mehr zählt. Aber ich glaube, es geht auch um andere Ebenen, die angesprochen werden. Es geht darum, inwieweit sich Kunst an metaphysische Ebenen annähert und wie wir auch durch Kunst an diese metaphysischen Ebenen herankommen. Darum geht es.

Die Furche: Bei Ihnen kommt oft eine religiöse Dimension zur Sprache. Inwiefern haben Kunst und Musik für Sie mit Religion zu tun?

Welser-Möst: Ich bin in meinem Leben öfters an Punkte gestoßen, an denen mein Wissen und meine Erfahrungen nicht mehr ausgereicht haben, aber wo man trotzdem weiß, da ist etwas. Ich kann mich ganz genau erinnern an den Tag - ich war vier Jahre alt -, an dem meine kleine Schwester gestorben ist, die nur acht Monate alt geworden ist; und ich habe genau das gleiche, nämlich diese unglaubliche Stille, erlebt in dem Moment, als mein schwerer Autounfall passiert ist, wo wir von der Straße abgekommen sind, bevor ich bewusstlos geworden bin. Da erlebt man Dinge, wo man an Grenzen stößt; und dann findet man Analoges in der Kunst wieder durch das, was man selber macht. So wird man im Lauf der Zeit immer wieder auf diese metaphysische Ebene hingestoßen. Ich spreche in diesem Zusammenhang nicht gerne von Religion, weil hier sehr schnell kategorisiert wird: Welche Religion, welche Musik? Es geht um die Erfahrung in der Kunst, die uns aus dem Alltag heraushebt. Kunstphilosophen sprechen immer wieder von dem "Erhabenen". Das muss nicht unbedingt ein "geistliches" Werk sein, sondern es kann einem überall passieren, dass man plötzlich diesen erhabenen Moment wieder findet. Da, glaube ich, ist die Verbindung zur Metaphysik, wo es um diese erhabenen Momente geht.

Die Furche: Aus Ihrem Buch (s. Text links unten; Anm.) kann man herauslesen, dass diese Einstellung für Sie auch eine andere Herangehensweise an Musik bedeutet: nicht sich selber in den Mittelpunkt zu stellen, sondern zuerst einem Werk zu dienen.

Welser-Möst: Das war nicht immer so bei mir. Es klingt vielleicht komisch für einen 47-Jährigen, aber je älter ich werde, desto weniger versuche ich, mich selber und auch das Drumherum wichtig zu nehmen. Das hat mit diesem altmodischen Begriff Demut zu tun; und mit der prinzipiellen Einstellung, dass man die Aufgaben, die einem im Leben gestellt werden, möglichst gut zu erfüllen versucht. Das gibt dem Leben ja auch einen Sinn.

Die Furche: Aber muss nicht ein Musiker, ein Dirigent in dem Moment, in dem er das Werk spielt oder dirigiert, davon überzeugt sein, dass das die bestmögliche, vielleicht sogar die einzig mögliche Art ist, dieses Werk wiederzugeben? Muss man da nicht automatisch zu einem Imperator werden, der ganz von sich überzeugt ist?

Welser-Möst: In dem Moment ja, im nächsten schon wieder nicht. Sie müssen eigentlich unzufrieden sein mit dem, was Sie machen. Das schließt aber nicht aus, dass man in dem Moment, wo man es gerade macht, es mit vollster Überzeugung, mit all dem, was man sich an Wissen erarbeitet hat, und auch mit ganzem Herzen macht.

Die Furche: Wie bereiten Sie sich vor, wenn Sie ein Konzert oder eine Oper vor sich haben? Man kennt aus dem Fernsehen diese Sequenzen, wo der Dirigent in der Partitur blättert und mit einem Bleistift ein paar Notizen macht …

Welser-Möst: Wir haben zuerst das musiktheoretische Handwerkszeug: Man analysiert ein Stück nach formalen, harmonischen Gesichtspunkten und versucht, einfach nur die Materie als solche sich anzueignen; damit man das Erscheinungsbild wirklich kennt. Dann geht es darum, in das Kunstwerk tiefer hineinzusteigen. Da nimmt man dann natürlich auch andere Mittel her, beispielsweise historische oder philosophische Informationen, und dann kommt noch die Erfahrung hinzu, die man hat. Das ist ja alles ein großer Kosmos, in dem vieles miteinander verbunden ist, und wenn ich etwas über eine Haydn-Symphonie lerne, lerne ich auch etwas über Webern und umgekehrt.

Die Furche: Also entsteht dann im Kopf so eine Art Klangbild, dem Sie versuchen, in der Arbeit mit dem Orchester zu entsprechen …

Welser-Möst: Genau. Aber das braucht einfach Zeit. Ich kann mich erinnern, wie ich meinen ersten Tristan studiert habe, das hat mich zwei Jahre gekostet. Die Noten allein, dieses Durchblättern, das geht ganz schnell, wenn Sie ein bisschen Erfahrung haben. Aber wirklich in das Kunstwerk hineinzusteigen und die Verästelungen zu finden, die da drinnen sind, das braucht Zeit.

Die Furche: Hören Sie dann auch in alte Aufnahmen hinein?

Welser-Möst: Nein. Ich sag' dann immer ein bisschen salopp, ich mache lieber meine eigenen Fehler als die der anderen (lacht).

Die Furche: Es ginge ja nicht ums Nachmachen, sondern einfach zu schauen: Was hat Furtwängler gemacht, was Toscanini, was macht vielleicht Herr Thielemann daraus?

Welser-Möst: Nein, das mache ich nicht, und zwar einfach deshalb, weil ich finde, man muss auch da versuchen, seinen eigenen Moment zu kreieren; versuchen, möglichst unbeeinflusst zu bleiben. Und man wird beeinflusst, wenn man sich was anderes anhört, das ist einfach so.

Die Furche: Sie sagen in Ihrem Buch: Der Dirigent hat ja kein Instrument, mit dem er üben kann. Wie übt eigentlich ein Dirigent? Bestimmte polyrhythmische Passagen von Strawinsky wird man ja auch üben müssen. Haben Sie, bevor Sie mit einem ganz neuen Werk vor ein Orchester treten, das für sich schon einmal durchdirigiert oder dirigieren Sie jeden Tag irgendwas zuhause?

Welser-Möst: Nein. Da ist jeder anders, aber ich habe, Gott sei Dank, eine sehr gute Begabung, die vom Kopf in die Hand führt, und ich habe da nie Probleme. Das heißt nicht, dass ich nicht auch einmal Fehler mache, aber ich habe mit dem, was wir Schlagtechnik nennen, nie Probleme gehabt.

Die Furche: Also das Pendant zum Klavierüben gibt es für den Dirigenten nicht?

Welser-Möst: Nein, das gibt es nicht, außer er leistet sich ein eigenes Orchester zuhause (lacht). Das macht den Beruf ja auch so spannend: Die Fehler, die ein Pianist zuhause machen kann, wenn er übt, die macht ein Dirigent in der Öffentlichkeit, nämlich in der Probe vor den Orchestermusikern.

Die Furche: Spielen Sie sich am Klavier einen Klavierauszug vor?

Welser-Möst: Ich nicht, nein. Ich habe, Gott sei Dank, was man ein Erfahrungsgehör nennt, das heißt, dass man etwas aufschlägt und weiß, wie das klingt.

Die Furche: Die Oper erlebt jetzt einen neuen Boom, aber sehr oft außerhalb des Opernhauses. Sie selber haben viel auf DVD aufgenommen. Die Wiener Staatsoper hat ganz gute Erfolge mit Outdoor-Übertragungen, es gibt Oper im Internet - wie stehen Sie dazu?

Welser-Möst: Ich stehe sehr positiv zu diesen Dingen, denn wenn die Leute Freude daran haben, dann ist das wunderbar. Was man nicht machen darf, ist, in das Kunstwerk einzugreifen, da wird es kritisch. Außerdem: All diese Dinge ersetzen ja nicht das Live-Erlebnis, dass ich in einem Raum sitze mit 2000 anderen Menschen - das ergibt eine ganz eigene Energie. Das ist ein ganz wesentlicher Teil einer Aufführung, da es auch ein soziales Ereignis ist. Ich habe nie Angst, dass solche über Medien verbreiteten Aufführungen eine Konkurrenz zur eigentlichen Aufführung sind. Und es ist auch genügend bewiesen worden, dass es nicht so ist. Aber wenn wir anfangen, nur mehr The Best of zu spielen, dann können wir diesen Kulturladen zumachen.

Die Furche: Ihr Orchester-Repertoire reicht bis in die Gegenwart - Sie haben zum Beispiel HK Gruber eingespielt -, während in Ihrem Opernrepertoire die zeitgenössische Musik deutlich weniger vertreten ist …

Welser-Möst: Einerseits liegt der Grund in Zürich, wo dieses Repertoire - leider - nicht genügend gepflegt wird. Das ist aber die Verantwortung des Intendanten. Ich hätte gerne auch in Zürich das eine oder andere moderne Stück dirigiert, aber ich entscheide das dort nicht. Es gibt aber noch einen anderen Grund: Wenn Sie sich das Opernrepertoire der letzten 60 Jahre anschauen, dann sehen Sie, dass das relativ dünn ist. Es sind zwar viele Opern geschrieben worden, aber es gibt heute ganz wenige Komponisten, die wirklich für die menschliche Stimme ordentlich schreiben können. Das ist einfach ein Fakt. Sie können Ihre Stimme in einer Ausnahmesituation bis zu einem gewissen Grad vergewaltigen, das können Sie aber nicht jeden Tag.

Die Furche: Vieles - die Opern von Gottfried von Einem oder Bernd Alois Zimmermann etwa - wurde doch mit großem Erfolg aufgeführt. Warum haben sich diese Werke nicht gehalten?

Welser-Möst: Gottfried von Einem hat ein paar Stücke geschrieben, die eigentlich ins Repertoire zumindest der Wiener Oper gehören. Ich habe selber als Student den Besuch der alten Dame mit Christa Ludwig gesehen, was mich wirklich damals begeistert hat. Die Soldaten von Zimmermann, das ist schon wesentlich schwieriger, das schaffen Sie nicht als Repertoirestück. Sie müssen an der Wiener Oper gewisse Inszenierungen zehn, fünfzehn, vielleicht sogar dreißig Jahre spielen. Bei einem Festival spielt man es einen Sommer, vielleicht einen zweiten, und dann ist es weg. Das ist ein ganz anderer Anspruch und eine ganz andere Dynamik. Aber ich weiß, dass Dominique Meyer Pläne für Uraufführungen hat.

Die Furche: Freuen Sie sich, nach 25 Jahren wieder in die Heimat zurückzukehren? Und wie weit ist die konkrete Planung für Wien?

Welser-Möst: Das Ganze ist trotz allem immer noch ein bisschen neu. Dominique Meyer und ich haben schon konkrete Pläne, wir müssen jetzt auch ziemlich auf's Gas steigen, weil die Zeit läuft und läuft. Wobei Meyer natürlich die Hauptverantwortung trägt. Mein Verantwortungsbereich ist ja ein wesentlich kleinerer. Ich freue mich schon, dass ich jetzt nach 25 Jahren wieder hauptsächlich hier leben werde. Als junger Mensch kann man es ja gar nicht erwarten wegzukommen, und dann entdeckt man, dass das gar nicht alles so schlecht war, wie man geglaubt hat, und dann kommt man eigentlich auch wieder mit großer Freude und großer Sehnsucht zurück.

Die Furche: Wie weit sind die Vorbereitungen für den neuen "Ring", der im Dezember startet?

Welser-Möst: Sehr weit. Es sind jetzt auch die Bühnenpläne für die Götterdämmerung schon fertig, und ich glaube, wir sind da auf einem sehr guten Weg. Sven-Eric Bechtolf ist ja einer der ganz wenigen Regisseure, die tipptopp vorbereitet kommen. Der also nicht viele Dinge dem Zufall überlässt, sondern das Stück in- und auswendig kennt, wenn er zur ersten Probe kommt.

Die Furche: In den "Ring" ist ja - wie in kaum ein anderes Werk des Musiktheaters - schon fast alles hineininterpretiert worden. Was ist für Sie das Wesentliche, was macht die Faszination dieser Tetralogie aus?

Welser-Möst: Das ist wie Goethes Faust ein Weltentheater. Es gibt ja nur ganz wenige Stücke, die versuchen, unsere Welt mit all ihren Fragen und Problemen darzustellen. Der Ring ist eben so etwas: wobei für mich das Interessante ist, dass Wagner da einerseits ganz stark in dieser europäischen Tradition der Aufklärung drinnen ist, gerade auch mit der politischen Seite im Ring und auch in vielen philosophischen Fragen; auf der anderen Seite versucht er aber, ein Gegengewicht zu schaffen, indem er in alte Mythen hineingeht. Und dieses Gleichgewicht zu finden, ist für jeden Regisseur eine unglaubliche Herausforderung. Der berühmte Ring von Patrice Chéreau in Bayreuth hat die politische Seite des Stücks so ausgereizt, dass auch nachher nichts mehr gekommen ist, was wirklich in dieser Hinsicht überzeugt hätte. Aber Gott sei Dank ist der Ring ein solches Riesending, dass man sich ja auch auf andere Facetten stürzen kann. Und ich glaube, dass Kunst heute - da sind Bechtolf und ich uns absolut einig -, auch wenn sie nur "reproduziert" ist, die Aufgabe hat, sich kritisch zur Zeit zu stellen. Denn ich finde, wenn alles mit Lärm, mit Schrillem optisch wie akustisch zugemüllt wird - dann müssen wir unbedingt einen Kontrapunkt setzen.

Die Furche: Wer sind im "Ring" die Götter für Sie? Sind das die bösen Konzernchefs oder die Fondsmanager oder die Lenker der Großmächte?

Welser-Möst: Nein! Das ist ja genau die politische Seite, die schon ausgereizt ist. Bechtolf hat ganz richtig gesagt: Wenn er noch einen schwarzen Aktenkoffer auf der Bühne sieht, dann kriegt er einen Anfall. Die Götter symbolisieren für mich ganz eindeutig das, was in uns Menschen wirklich drinnen ist: nämlich dass wir so oft versuchen, selbst Götter zu sein und Gott zu spielen. Wo immer ein System erfunden wird, das plötzlich die Lösung für alles bringen soll, wie der Maoismus oder das Regime der Roten Khmer: Am Schluss wird immer alles abgefackelt. Am Ende bleibt in diesen selbsterfundenen Systemen nichts anderes übrig, als sie zu zerstören. Und das steckt alles drinnen im Ring. Natürlich kann man das politisch interpretieren, aber für Bechtolf und mich ist die Frage wichtiger: Was machen wir aus uns? Wie versuchen wir Götter zu sein und uns über alles zu stellen?

Die Furche: Die letzten Worte des Werks lauten "Zurück vom Ring!". Wie könnte man das in die heutige Zeit übersetzen?

Welser-Möst: Das heißt, dass es Tabus geben muss. "Tabu" ist ja eigentlich nur ein anderes Wort für "heilig". Wir brauchen diese Mythen, wir brauchen auch Dinge, die wir nicht rational erklären können. Da tun wir uns in der westlichen Kultur so schwer damit, weil wir so sehr vom Verstand geprägt sind durch die Aufklärung. "Zurück vom Ring!" - das bedeutet für mich nichts anderes, als dass wir nicht nur den Verstand brauchen, sondern auch diese mystische Seite, wir brauchen auch etwas, was noch ein Geheimnis ist. Wenn wir alle Geheimnisse geklärt und entdeckt haben, dann sind wir der liebe Gott - aber es funktioniert eben nicht, das hat ja die Geschichte immer wieder bewiesen. Ich glaube, das will Wagner wirklich mit diesem "Zurück vom Ring!" sagen: Lasst das Tabu, wo es ist, und anerkennt es als solches!

Das Gespräch führten Cornelius Hell und Rudolf Mitlöhner.

Beethoven, Kant, Ratzinger

"Oper dirigiere ich nur noch in Wien" titelte die "Presse" Anfang Juni auf Seite 1: "Ich" war in diesem Fall Franz Welser-Möst, der soeben zum Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper ab 2010 bestellt worden war - an der Seite des derzeit in Paris tätigen Intendanten Dominique Meyer als zukünftiger Direktor des Hauses am Ring. Das war eine gute Nachricht, denn daraus konnte man folgern, dass das in den letzten Jahren nicht eben mit erstklassigen Dirigenten verwöhnte Wiener Staatsopernorchester wieder durch einen Orchestererzieher von Weltrang entsprechend gefordert und geprägt werden soll. Mit einer inzwischen legendären "Tristan"-Aufführung, bei der Welser-Möst im September 2003 kurzfristig für den nicht minder berühmten Kollegen Christian Thielemann eingesprungen war, und einer wunderbaren, fein ziselierten "Arabella"-Premiere Ende 2006 hatte sich Welser-Möst zuletzt für diesen Posten mehr als empfohlen. - Profunde Einblicke in die Gedankenwelt des 1960 in Linz geborenen Musikers gibt ein kürzlich erschienenes Buch, das Welser-Möst in Zusammenarbeit mit "Presse"-Musikkritiker Wilhelm Sinkovicz verfasst hat: "Kadenzen. Notizen und Gespräche". Grundsätzliche, zeit- und kulturkritische Gedanken finden sich darin ebenso, wie Überlegungen zu einzelnen Komponisten: etwa das Kapitel über Beethoven, in dem Welser-Möst unter dem Titel "Revolution als Gottesbeweis" Parallelen zwischen der Neunten Symphonie und der "Missa solemnis" zieht und dabei den Bogen von Kant bis Ratzinger spannt … (Informationen zum Buch: siehe den Bestellschein auf der nächsten Seite!) RM

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