Zurück zum Start im Alter von 52

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Elisabeth Wykydal machte sich selbständig - und bereut es nicht.

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Elisabeth Wykydal machte sich selbständig - und bereut es nicht.

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Ich glaube fest daran, dass es nie zu spät ist, sich auf etwas Neues einzulassen. Mir persönlich haben Neugier und Ausdauer, sowie die Bereitschaft, lebenslang zu lernen, geholfen, auch mit 50+ noch einmal beruflich durchzustarten. Der ständige Wechsel ist charakteristisch für mich. Das war schon in meinem früheren Berufsleben so. 28 Jahre lang habe ich in den Bereichen Export, Controlling und kaufmännisches Projektmanagement gearbeitet, zuletzt auch in leitender Funktion. Die Tätigkeit war spannend und abwechslungsreich. Geschäftsreisen in Europa und Lateinamerika gehörten zu meinem Berufsalltag. Dann wurde meine Abteilung aufgelöst und die Perspektiven, die ich hatte, reizten mich nicht. Mit 52 Jahren stand ich vor der Frage: abwarten und das Berufsleben so früh als möglich beenden oder noch einmal als Selbstständige durchstarten in meiner erlernten Profession? Denn eigentlich hatte ich ein Übersetzerstudium absolviert.

Ich hatte schon immer davon geträumt, "mein eigener Chef" zu sein. Wenn nicht jetzt, dann wird das nichts mehr, dachte ich mir. Und so beschloss ich kurzerhand, meine eigene kleine Firma zu gründen. Das EPU 'Sprachzentrum Wykydal' ist eine "one-woman show" wie es einer meiner früheren Geschäftspartner mal genannt hat. Seit 2014 biete ich Übersetzungen, Korrektorat und Unterricht in Deutsch, Englisch und Spanisch an. Für ein zweites Standbein absolvierte ich eine zehnmonatige Ausbildung zur Schriftdolmetscherin am BFI. Diese Kommunikationsdienstleistung ist in Österreich noch relativ unbekannt. Ich schreibe das gesprochene Wort mit, sei es im Unterricht in der Schule, bei Vorlesungen an der Universität, bei Gerichts-oder Arztterminen. Besonders spannend sind Einsätze bei Events, also z.B. Veranstaltungen oder Kongressen. Hier kann die Live-Mitschrift auf einem Bildschirm im Saal mitgelesen werden.

Örtlich und zeitlich flexibel

Das Internet gewinnt in diesem Bereich immer mehr an Bedeutung. Inzwischen übe ich das Schriftdolmetschen auch online aus. Ich sitze mit Kopfhörern vor dem Computer und tippe das Gespräch, den Vortrag oder das Projektmeeting, das irgendwo auf der ganzen Welt stattfindet. Ein typisches Setting: der hörbeeinträchtigte Student verfolgt seine Vorlesung an der Universität München durch das, was meine Co-Dolmetscherin in Peru und ich an meinem Schreibtisch in Niederösterreich mitschreiben. Wir sind durch eine Internet-Plattform verbunden und wechseln uns viertelstündlich mit dem Schreiben ab.

Es gibt für alles einen guten Zeitpunkt. Diesen Job in der Selbstständigkeit hätte ich direkt nach Studienabschluss so nicht machen wollen. Natürlich hätte ich mit 24 Jahren ein Übersetzungsbüro eröffnen können, aber das wäre gar nicht gut gewesen. Mir hat die Erfahrung aus einer Firma gefehlt. Heute weiß ich genau, wie ein Konzern so tickt und auch wie man da spricht, intern. Fachbegriffe und die Unternehmenskommunikation sind mir geläufig. Das macht einen Teil des Erfolgs aus. Außerdem fällt mir die Buchhaltung in meiner eigenen Firma leichter, da ich früher mit kaufmännischen Projekten zu tun hatte. Am Ende eines langen Arbeitstages denke ich trotz aller "Action": Es war gut und richtig, dass ich mich selbstständig gemacht habe.

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