Zuviel ist immer noch viel zuwenig

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Ein Filmmusical voller Referenzen an das gute, alte Hollywood: Bei den Golden Globes räumte "La La Land" gleich siebenmal ab.

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Ein Filmmusical voller Referenzen an das gute, alte Hollywood: Bei den Golden Globes räumte "La La Land" gleich siebenmal ab.

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Man kann bei all dem Getöse, das "La La Land" seit seiner Premiere am Filmfestival von Venedig verursacht hat, miteinstimmen in die Jubelchöre, dass dieses Filmmusical so etwas wie die ultimative Referenz-Show an das große, alte Hollywood sei, dass sich hier aber auch die Schattenseiten der Traumfabrik manifestierten, die man erst beim zweiten Hinsehen entdeckt. Man kann aber auch ein paar Schritte zurück machen, damit einen die im Gange befindliche Award's Season nicht den Blick auf das Wesentliche verstellt, und "La La Land" als das sehen, was es wirklich ist: Ein auf eben genau diese Preis-Saison zugeschnittenes Brimborium aus Versatzstücken, die bei den Jurys eben ziehen müssen, ein clever angelegtes Sammelsurium an Momenten und Emotionen, ein Cocktail, der zu süß und zu stark geraten ist und darob einen schalen Nachgeschmack hat.

"La La Land" feiert gerne den Kitsch und den Glamour, der Hollywood und seine Musicals berühmt gemacht hat: Zuviel ist hier immer noch zuwenig, deshalb hat dieses Genre immer noch dicker auftragen müssen. Es ist dadurch polarisierend geworden: Entweder man lehnt Musicals ab, oder man liebt sie. Dazwischen gibt es nichts.

Damien Chazelle heißt der Regisseur dieser fast melodramatischen Nummernrevue, die von zwei hoffnungsvollen jungen Künstlern erzählt, die es in Los Angeles "schaffen" wollen, ungeachtet der Definition von "Durchbruch"; denn hier zählt zwar der Ruhm viel, ist aber noch lange nicht alles: Chazelle hat seine beiden Protagonisten mit einiger Wehmut ausgestattet, das macht sie sympathisch. Eindimensional sind sie nicht, was "La La Land" von den Musicals, die es abfeiert, angenehm unterscheidet. Ein Punkt für Chazelle.

Emma Stone und Ryan Gosling spielen diese zwei darbenden Künstler im zeitgenössischen Los Angeles: Sie erfolglos als Schauspielerin, die von Vorsprechen zu Vorsprechen nur mehr noch frustrierter wird. Tagsüber jobbt sie im Café auf dem Studiogelände von Warner Bros. Das ist in Hollywood kein Einzelschicksal.

Er ist ein dem Jazz verfallener, begnadeter Pianist, dessen einstige Arbeitsstätte, ein Jazzclub, durch einen Samba-Tapas-Laden ersetzt wurde. Also Samba aus dem Lautsprecher und Tapas für das leibliche Wohl. "Der Jazz stirbt", ist seine schlüssige Diagnose.

Diese beiden traurigen Seelen finden in "La La Land" zusammen, das weiß man spätestens nach der schön choreographierten, aber dramaturgisch völlig unnötigen und viel zu langen Eröffnungssequenz, bei der in einem Stau auf dem Highway in L.A. Hunderte Menschen ihren Autos entsteigen und auf den Motorhauben tanzen. Ist das schon großes Kino, also: Reicht Schauwert allein schon aus? Diese Frage muss man sich ja bei vielen Blockbustern stellen. Hinzu kommt artig und sauber gemachter Stepptanz über den Hügeln von L.A. zur blauen Stunde, auch sonst strotzt der Film vor solchen halbinteressanten Einlagen. Weil die Handlung im Heute spielt, hat man immerhin nie das Gefühl, das "schon einmal gesehen zu haben", sondern wohnt tatsächlich einer Novität bei: Ein stilistisch überhöhtes Musical im prinzipiell bodenständigen Milieu zunächst gescheiterter Künstler ist ein Balanceakt, der auch peinlich sein könnte. Dank der grandiosen Besetzung bleibt Chazelle das aber erspart.

Und so hat dieser Film genau das gehalten, was er versprochen hat: Emotion und Akrobatik, Leidenschaft und Konfetti -alles, was man auch im Zirkus kriegt. Man soll das nicht gering schätzen, auch, wenn man Musicals nicht mag: "La La Land" ist wahrscheinlich ein Meisterwerk, denn die Preisrichter der Award's Season irren nicht.

La La Land

USA 2016. Regie: Damien Chazelle. Mit Ryan Gosling, Emma Stone. Constantin. 128 Min.

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