Zwanzig Jahre Kost-Nix-Wahn

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Aus aktueller Perspektive ist es unverständlich, doch angesichts von ORF-Fernsehreform und Privatradiostart waren 1995 der Durchbruch des Gratisblatts wie das Aufkommen des Internets nur exotische Randthemen. Die Etablierung der U-Bahn-Gazette Metro in Stockholm wirkte noch weiter entfernt als die erste deutschsprachige Zeitung im World Wide Web: Der Standard.

Dieser feiert am 2. Februar das Jubiläum seines Internet-Portals auf oberflächlich guter Grundlage: Mit täglich 254.000 Online-Usern im Vergleich zu 411.000 Papier-Nutzern hat er die beste Digital-Analog-Leserquote aller österreichischen Zeitungen. Dennoch geht es ihm wirtschaftlich schlecht. Wer als professioneller Informationsanbieter federführend im Netz agiert, verschenkt geistige Dienstleistung und fördert den gesellschaftlichen Kost-Nix-Wahn.

Weder Digitalisierung noch Globalisierung gefährden die demokratiepolitische Kontrollfunktion von Medien und Journalismus. Inhaltsentwertung und Boulevardisierung sind die Totengräber von informativen Instanzen in der Ära von Weblogs und Social Media. Im Gratisangebot von - auf Papier kostenpflichtigen -Nachrichten via Internet liegt eine Ursache der Existenzbedrohung. Das unentgeltliche Offert von Print- News-Werbeträgern für die Bahnfahrt ist ein anderer Grund dafür. Wer diese Herausforderung durch Annäherung an seine Verursacher lösen will, wird Teil des Problems statt Kern seiner Lösung. Ein billigeres Profi-Produkt bedeutet Gleiches für seine Schöpfer sowie Zubereitung und Anmutung ihrer Info- Häppchen. Die Amateur-Version auf Basis ideeller Selbstausbeutung befördert ebenfalls bloß den Verfall von Wert und Preis. 20 Jahre nach Beginn des Problems trennt sich endgültig die Kommunikations-Spreu vom Informations-Weizen. Das Schlüsselwort dazu lautet Bezahlqualität. Das Schlüsseljahr dafür ist 2015.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

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