Thema: Bekehrungen
Für den Wechsel der eigenen Religion bzw. der eigenen Weltanschauung gibt es unterschiedliche Gründe; diese können theologisch sein, aber auch opportunistisch. Manche konvertieren auch aus Liebe und Solidarität zum Partner.
Dabei müssen wir zwischen zwei Formen der Konversion unterscheiden, der Konversion hin zu einer Religion bzw. zu einer Weltanschauung und der Konversion weg von bestehenden gesellschaftlichen bzw. politischen Strukturen. Diese zweite ist eine Form von Protestkonversion, die deshalb ein Potenzial für Unfrieden trägt, weil sie nicht nach dem spirituellen und ethischen Gehalt einer Religion fragt, sondern in der neuen Religion nach Elementen der Abgrenzung von herrschenden Strukturen sucht, diese dann nicht nur überbetont und überbewertet, sondern zum Teil auch konstruiert. Dieses Phänomen ist stark bei der Konversion zum Islam im Westen zu beobachten, was jedoch keineswegs heißen soll, dass jede Konversion zum Islam zu verdächtigen wäre.
In der postmodernen Gesellschaft suchen viele nach klaren Strukturen, die ihnen Identität und Halt geben sollen. Eine aus dieser Suche resultierende Konversion birgt jedoch die Gefahr, dass Religionen - und ich spreche hier vor allem für den Islam - auf starre Gesetze reduziert werden. Frömmigkeit wird über das Befolgen vieler kleiner Instruktionen definiert.
Viele zum Islam Konvertierte finden in der Lebenspraxis der Menschen der Zeit des Propheten Mohammed eine attraktive Alternative zu heutigen Lebensformen, Männer legen Wert darauf, sich wie der Prophet und die Menschen im 7. Jahrhundert zu kleiden, ziehen das Essen auf dem Boden und ohne Besteck bevor usw. Religionen werden dadurch instrumentalisiert, um zu sagen: "Wir sind anders.“ Dies alles jedoch auf Kosten spiritueller Gotteserfahrung.
* Der Autor ist Prof. f. Islam. Religionspädagogik an der Uni Münster
